
Bsal klingt harmlos. Dabei steht die Abkürzung für Batrachochytrium salamandrivorans, was sich für die allermeisten ebenso nichtssagend anhört. Erst in der Umgangssprache wird deutlich, welche Gefahr sich dahinter verbirgt: Salamanderfresserpilz. Seit vor drei Jahren bei Ebrach ein erster Feuersalamander gefunden wurde, der sich mit dem tödlichen Hautpilz infiziert hatte, gelten die Feuersalamander-Bestände im Steigerwald als akut bedroht. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse zur heimtückischen Seuche.
Der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) vermeldet, dass in Bayern über die bekannten Ausbruchsstellen im Landkreis Unterallgäu und im Steigerwald hinaus kein neuer Ausbruchsort von Bsal bekannt geworden ist. Im Rahmen eines Artenhilfsprogramms für den Feuersalamander wurden bisher rund 900 Tiere aus acht Projektgebieten beprobt. In repräsentativen Bachabschnitten hat man Feuersalamander-Larven gezählt. Zudem wurden Hautabstriche an erwachsenen Salamandern vorgenommen, erklärt die Projektmanagerin Malvina Hoppe vom LBV.
Feuersalamander sind vom Pilz besonders gefährdet
Zusätzlich sollen bis zum Ende der Projektlaufzeit im August 2024 rund 1300 weitere Tiere untersucht werden – neben Feuersalamandern vor allem Bergmolche. Die meisten heimischen Molcharten kommen mit dem Hautpilz zwar gut zurecht – anders als die Feuersalamander, für die der Pilz eine tödliche Gefahr darstellt. Doch Molche können die eingeschleppte Erkrankung verbreiten und übertragen.

Erkennbar ist der Pilz an Schädigungen, Verletzungen oder anderen untypischen Veränderungen der Haut. Die Pilzinfektion beginnt damit, dass sich die Tiere häufig häuten und die abgestoßene Haut teils noch am Tier anhängt. Mit steigendem Infektionsgrad bilden sich Löcher oder auch Geschwüre in der Haut, weshalb der Pilz auch als "Salamanderfresser" bezeichnet wird. Innerhalb weniger Tage nach Beginn der Infektion stirbt der Feuersalamander.
Die Nachricht des LBV vom Ausbleiben neuer Fundorte hört der Biologe Jürgen Thein aus Haßfurt gerne. Doch für die Bereiche, wo Bsal längst angekommen ist, bedeute dies keine Entwarnung, macht Thein klar. "Wir werden den Salamanderfresserpilz nicht mehr losbekommen im Steigerwald." Thein ist der Seuche seit Bekanntwerden des ersten Bsal-Falls im Steigerwald auf der Spur; es war damals zugleich der erste Fund in Bayern. Seitdem erforscht Thein im Auftrag des Bayerischen Landesamts für Umwelt den Gesundheitszustand der Feuersalamander im Steigerwald.
Eines der größten Vorkommen von Feuersalamandern in Deutschland
Auch in diesem Frühjahr war Thein dort unterwegs. Es gibt hier eines der größten Vorkommen an Feuersalamander in ganz Deutschland. Allein in über 40 Bächen im Bereich zwischen dem Tal der Rauhen Ebrach und dem Nordrand des Steigerwalds hat eine wissenschaftliche Studienarbeit die schwarz-gelben Lurche nachgewiesen. Die meisten Vorkommen liegen im Bereich der Staatswälder, für die der Forstbetrieb Erbach verantwortlich ist.
In diesem Frühjahr hat Thein entlang der dortigen Bäche nur wenige Tiere gefunden, berichtet er gegenüber dieser Redaktion. "Wir waren spät dran und es war zu trocken", nennt er Gründe für den ausbleibenden Funderfolg.
Erfreulich sei auf jeden Fall, dass es trotz Bsal kein Anzeichen für ein Massensterben unter den Feuersalamandern im Steigerwald gibt. "Wir haben keinen Bach gefunden, in dem es keine Salamander mehr gäbe", sagt Thein, der neben erwachsenen Tieren auch Larven im Wasser gefunden hat. Obgleich exakte Ergebnisse aus dem Frühjahr 2023 noch fehlen, geht der Biologe davon aus, dass wie bisher rund zehn Prozent der beprobten Salamander infiziert sind. Dies deckt sich mit Ergebnissen aus anderen Gebieten Westdeutschlands, wo Bsal schon längerem nachgewiesen ist.
Lässt sich eine Verschleppung der Pilzsporen verhindern?
Barbara Ernwein, die Leiterin des staatlichen Forstbetriebs Ebrach, freut sich, von der augenscheinlichen Stagnation der Bsal-Ausbreitung im Steigerwald zu hören. Sie und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bemühen sich, möglichst keine Pilzsporen zu verbreiten (siehe Infobox). Doch es gäbe Grenzen im laufenden Betrieb. Schuhe ließen sich zwischen zwei Waldorten beispielsweise noch wechseln, um die Verschleppung des Pilzes über Erdanhaftungen zu verhindern. Doch Holzerntemaschinen ließen sich nicht desinfizieren, bevor sie weiterfahren. "Wir können die Verschleppung verlangsamen, aber nicht aufhalten", meint Ernwein.

Die Forstamtsleiterin berichtet von Beobachtungen aus dem heißen und trockenen Sommer 2022, die eine Erklärung liefern können, weshalb die Feuersalamander-Bestände zum Glück nicht weiter zurückgingen als vermutet: Die Tiere legten sich vermehrt in die Sonne. Dies deckt sich mit Forschungsergebnissen, wonach der Pilz bei Tieren, die über längere Zeit mit Wärme (über 25 Grad) behandelt wurden, abstirbt. Offenbar wissen die Feuersalamander, sich selbst zu helfen.
Viele Fragen zur Erkrankung sind noch offen
Insgesamt sei aber noch viel zu wenig über eine effektive Abwehr des Hautpilzes bekannt, gesteht Biologe Thein. Grundsätzlich müsse man weiter davon ausgehen, dass befallene Feuersalamander sterben. Auf lange Sicht, so hofft er, könne es natürliche Mutationen geben, die es Tieren erleichtern, mit Bsal zurechtzukommen.
Ein positiver Umstand sei es auf jeden Fall, wenn die Tiere in einem möglichst idealen natürlichen Umfeld leben könnten. Dies stärke deren Überlebensfähigkeit. Hierfür sei der nördliche Steigerwald ein gutes Beispiel, stimmt Thein zu.