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Ebrach
Erstmals in Bayern: Salamander-Pest im Steigerwald nachgewiesen
Der für Feuersalamander tödliche Hautpilz Bsal hat den Steigerwald erreicht. Jetzt droht ein Massensterben unter den Lurchen. Experten versuchen dies zu verhindern.
Der Feuersalamander-Bestand im nördlichen Steigerwald ist gefährdet: Den Tieren droht der Tod durch einen aggressiven Hautpilz. 
Foto: Boris Roessler | Der Feuersalamander-Bestand im nördlichen Steigerwald ist gefährdet: Den Tieren droht der Tod durch einen aggressiven Hautpilz. 
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 12.02.2024 21:44 Uhr

Die Befürchtungen von Experten haben sich bestätigt: Der für Feuersalamander tödliche Hautpilz Batrachochytrium salamandrivorans (kurz: Bsal), der auch als Salamanderpest bezeichnet wird, hat den Steigerwald erreicht. Im Raum Ebrach wurde vor kurzem ein toter Feuersalamander gefunden. Laboruntersuchungen des Kadavers in den Universitäten Braunschweig und Trier bestätigten jetzt die Infektion mit dem gefährlichen Hautpilz. Das bayerische Landesamt für Umwelt ergreift nun Gegenmaßnahmen.

Im Steigerwald gibt es eines der größten Vorkommen des Feuersalamanders in ganz Deutschland. Allein in über 40 Bächen im Bereich zwischen dem Tal der Rauhen Ebrach und dem Nordrand des Steigerwalds wurden im Zuge einer wissenschaftlichen Masterarbeit die schwarz-gelben Lurche nachgewiesen. Die meisten Vorkommen liegen im Bereich der Staatswälder, für die der Forstbetrieb Ebrach die Verantwortung trägt.

Erstmals in Bayern

Doch was ist Batrachochytrium salamandrivorans? Vor über zehn Jahren wurde der Hautpilz in den Niederlanden erstmals in Europa entdeckt und 2013 zum ersten Mal wissenschaftlich beschrieben. Infektionen von Feuersalamandern traten nach den Niederlanden dann in Belgien auf, später dann auch in Deutschland. In der Bundesrepublik gibt es einen regelrechten Bsal-Hotspot mit über 50 Standorten in der Eifel und im Ruhrgebiet. Für Bayern ist der Fund bei Ebrach der erste Nachweis der Krankheit.

Vielfach sind dort, wo Bsal vorkommt, die Populationen des Feuersalamanders stark zurückgegangen. Es seien regelrechte Massensterben beobachtet worden, hat die Universität Trier ermittelt, wo der Herpetologe (Experte für Amphibien und Reptilien) Prof. Dr. Stefan Lötters die nationale "Bsal-Hotline" unterhält. Der Hautpilz hat den Feuersalamander (Salamandra salamandra) in den Niederlanden inzwischen fast gänzlich ausgerottet, in Belgien ist die Population ebenfalls völlig eingebrochen. Keine guten Nachrichten also für den Salamander im Steigerwald.

Alle Lurche und Molche erkranken

Alle heimischen Salamander- und Molcharten können durch den Pilz erkranken, wobei die meisten Arten eine Infektion aber glücklicherweise überleben. Nur bei den Feuersalamandern führt eine Ansteckung dagegen fast immer zum Tod. Der Kammmolch ist vermutlich ebenfalls in einem stärkeren Ausmaß betroffen, teilt Stefan Lötters mit. Für den Menschen und für andere Tiere ist der Bsal-Pilz hingegen ungefährlich.

Erkennbar ist der Pilz an Schädigungen, Verletzungen oder anderen untypischen Veränderungen der Haut. Die Pilzinfektion beginnt damit, dass sich die Tiere zunächst häufig häuten und die abgestoßene Haut teils noch am Tier anhängt. Mit einem steigenden Infektionsgrad bilden sich Löcher oder auch Geschwüre in der Haut, weshalb der Pilz auch Salamanderfresser genannt wird. Die Infektion mit dem Erreger führt binnen weniger Tage zum Tod des Tieres.

Wohl aus Asien eingeschleppt

Die Pest wurde einst vermutlich mit infizierten Salamandern oder Molchen über den internationalen Tierhandel aus Asien nach Europa eingeschleppt. Der Pilz ist auf eine feuchte, kühle Umgebung angewiesen und kann in und an Gewässern sowie in feuchten Böden überdauern. Was besonders tückisch ist: Spezielle Dauersporen des Pilzes können sogar längere Zeit ohne Wirt überleben. Über Erde, die an Schuhen, forstlichen Arbeitsgeräten, Fahrradreifen oder Tierpfoten haftet, kann der Erreger so auch weitergetragen werden, wo er an neuen Orten wieder auskeimt.

Was kann man jetzt gegen die Salamanderpest unternehmen? Ähnlich wie beim Coronavirus gilt es nun, möglichst die Infektionskette zu unterbrechen, also ein Ausbreiten dieser tückischen Dauersporen zu verhindern. Das Bayerische Landesamt für Umwelt aus Augsburg hat sich inzwischen eingeschaltet. Wanderer, Radfahrer, Angler, Forstleute oder auch Jäger sollten ihre Schuhe und ihre Ausrüstung desinfizieren, wenn diese mit Waldboden in Berührung gekommen sind. Die Sporen werden aber auch von Hunden oder von Mountainbikern verbreitet, die nahe an Quellbächen, dem Lebensraum der Feuersalamander, unterwegs seien.

Regeln im Ebracher Forst

Um eine weitere Verbreitung von Bsal einzuschränken, bitten das Landesamt und das Landratsamt Bamberg im Ebracher Forst ab sofort folgende Verhaltenshinweise zu beachten:

- Amphibien, insbesondere Feuersalamander und Molche, dürfen nicht berührt werden.

- Auf vorgegebenen Wegen bleiben und keine Land- und Wasserlebensräume von Amphibien betreten.

- Hunde an der Leine führen und von Bächen, Uferbereichen, Teichen, Tümpeln und wassergefüllten Wagenspuren fernhalten.

- Schuhe vor Ort gründlich von Erde säubern  und dies mit ausreichendem Abstand zu Gewässern und Feuchtstellen.

Tiere werden untersucht

Für weitere Maßnahmen, wie zum Beispiel die Errichtung von Hinweisschildern in der Region, wurde vom Landratsamt Bamberg zusammen mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt und der Regierung von Oberfranken eine Arbeitsgruppe eingerichtet, der Vertreter unter anderem von Verbänden, Forst und Naturpark angehören. Das Bayerische Landesamt für Umwelt untersucht aktuell Feuersalamander und Molche aus dem nördlichen Steigerwald. Gleichzeitig wird die derzeitige Bestandssituation mithilfe von Larven des Feuersalamanders, die in den Bächen leben, dokumentiert.

Aktuell läuft auch ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt des Bundesamt für Naturschutz in Zusammenarbeit mit den Universitäten Trier und Braunschweig und Leipzig. Ziel des Projekts ist es, zu bestimmen wie, wo und wie schnell sich Bsal bei Amphibien im Freiland ausbreitet, um seine Auswirkungen abzuschätzen. Zudem sollen Maßnahmen erarbeitet werden, um eine weitere Verbreitung des Erregers in wildlebenden Beständen von Amphibien zu verhindern.

Die Biologin Carolin Dittrich vom Leibnitz-Institut in Berlin ist eine der besten Salamander-Expertinnen. Hier sucht sie mit dem Leiter des Forstbetriebs Ebrach, Ulrich Mergner, am Wotansborn bei Fabrikschleichach nach Larven des Lurchs.
Foto: Norbert Vollmann | Die Biologin Carolin Dittrich vom Leibnitz-Institut in Berlin ist eine der besten Salamander-Expertinnen. Hier sucht sie mit dem Leiter des Forstbetriebs Ebrach, Ulrich Mergner, am Wotansborn bei Fabrikschleichach ...

Die Ahnung der Forscherin

Weil der nördliche Steigerwald ein Schwerpunkt der Salamander-Verbreitung ist, läuft hier auch seit 2015 gemeinsam mit den Staatsforsten ein Bürgerwissenschaftsprojekt, das von Carolin Dittrich vom Museum für Naturkunde Berlin/Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung wissenschaftlich begleitet wird. Die so genannte „Amphibien Task Force“ sammelt Sichtungen und Fotoaufnahmen von Salamandern, um zu erforschen, wie groß das Streifgebiet der Tiere ist, wie alt die Tiere werden, wie weit sie wandern und wo die Schwerpunkte der Populationen liegen. Wie der Mensch an seinem Fingerabdruck, so ist jeder Feuersalamander an seinem individuellen schwarz-gelben Fleckenmuster auf dem Rücken zweifelsfrei zu identifizieren.

Im vergangenen Jahr waren der Wissenschaftlerin 228 verschiedene Tiere gemeldet worden. Schon damals zeigte sich die Biologin stark beunruhigt, dass der Hautpilz auch in den Steigerwald vordringen könnte. Nun ist es tatsächlich passiert.

 
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