Es sind heimtückische Anschläge, die leicht Menschenleben kosten können: Unbekannte platzieren Metallteile so zwischen Maispflanzen, dass die Fremdkörper beim Häckseln in die Maschine geraten und diese beschädigen. Mitunter fliegen Splitter oder ganze Schrauben und Nägel als potenziell tödliche Geschosse unkontrolliert umher.
In den zurückliegenden Jahren gab es eine Vielzahl solcher Vorfälle in der Region. Vor kurzem mussten sich zwei Angeklagte vor dem Amtsgericht Neustadt/Aisch verantworten, weil sie Maispflanzen auf solch perfide Weise sabotiert haben sollen. Sind die Männer auch für Taten im angrenzenden Unterfranken verantwortlich zu machen?
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth legt dem angeklagten Brüderpaar aus Wilhelmsdorf (Lkr. Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) zur Last, insgesamt zehn Sabotageakte im Raum Neustadt/Aisch zwischen Mai und September 2019 begangen zu haben. Die beiden 62 und 67 Jahre alten Männer, die selbst Mais anbauen, sollen beispielsweise Nägel, Eichenholzstämme und Alu-Blöcke in Feldern deponiert haben, damit diese in Erntemaschinen geraten. Gegenüber der Bild-Zeitung hatten die Angeklagten selbst von einem "Krieg unter Bauern" gesprochen und ihre Taten unter anderem mit ihrer Wut über den von Häckslern aufgewirbelten Staub zu rechtfertigen versucht, der bei einem der beiden Nasenbluten ausgelöst habe.
DNA-Spuren gehören zu den Angeklagten
Wie Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke gegenüber dieser Redaktion erklärte, stützt sich die Anklage vor allem auf DNA-Spuren, die die Polizei im Zusammenhang mit den Sabotageakten, die einen Gesamtschaden von über 120 000 Euro verursacht haben, sichergestellt hat. Diese seien den Angeklagten zum Teil eindeutig zuzuordnen.
Die Hauptverhandlung gegen die Männer musste allerdings bereits am ersten Verhandlungstag vertagt werden. Einer der beiden Angeklagten war nicht vor Gericht erschienen. Die Richterin glaubte einem vorgelegten Attest nicht und erließ Haftbefehl gegen den fehlenden Angeklagten, der zunächst nicht auffindbar war. Der Prozess wird wohl im Herbst fortgeführt, vermutet die Oberstaatsanwältin.
Stellt sich die Frage, ob die Männer aus Mittelfranken auch für weitere Taten in Nachbarregionen verantwortlich sein könnten. Diese Vermutung war bereits im Frühjahr 2020 geäußert worden, als der Tatverdacht gegen zunächst drei Männer bekannt wurde. Seinerzeit hatte die Polizei die Ermittlungsgruppe "AG Mais" gegründet. Diese sollte dieser Frage gezielt nachgehen und mögliche Querverbindungen zu ähnlich gelagerten Sabotageakten, etwa in Maisfeldern in der Region Gerolzhofen, im Landkreis Haßberge und im Landkreis Kitzingen, aufspüren. Bereits seit September 2019 waren Polizei-Profiler in die Ermittlungen eingeschaltet, um Täterprofile zu erstellen.
Hinweise reichen nicht zur Anklage
Nach Angaben von Oberstaatsanwältin Gabriels-Gorsolke gab es zu Beginn der Ermittlungen tatsächlich "vage Hinweise", wonach den Verdächtigen weitere Taten zugeordnet werden könnten. Doch diese Indizien ließen sich letztendlich nicht verifizieren. Deshalb kam für diese möglichen Taten auch nicht zur Anklage.
Sabotageakte, die sich gezielt gegen den Maisanbau richten, hat es in den vergangenen Jahren bundesweit gegeben. Es liegt also der Verdacht nahe, dass dahinter überregional agierende Netzwerke oder Gruppierungen stecken könnten, beispielsweise radikale Gegner von Biogasanlagen, für die ein guter Teil des geernteten Mais bestimmt ist, oder Gegner der Landwirtschaft als Ganzes. Wie Christiane Trabold, die Direktorin des Amtsgerichts Neustadt/Aisch, auf Nachfrage berichtete, liegen dem Gericht im Zusammenhang mit dem aktuellen Verfahren keine Hinweise vor, dass die Angeklagten Teil einer solchen größeren Tätergruppe, die gezielt Sabotageakte auf Maisfeldern begehen, sein könnten.
Ein Schwerpunkt der in den zurückliegenden Jahren bekannt gewordenen Sabotagen auf Maisfeldern liegt im Raum Gerolzhofen. Dort waren dieser Redaktion allein im August 2018 innerhalb weniger Tage sieben Vorfälle bekannt geworden. Nicht immer waren die zwischen den Maispflanzen hängenden Edelstahlschrauben mit aufgedrehten Muttern rechtzeitig entdeckt worden, so dass das Metall in Häcksler geriet und diese beschädigte. Wie Landwirte damals schilderten, können Metallteile, wenn sie in die Messerwalzen der Häcksler geraten, leicht Menschenleben gefährden. Denn die herumgewirbelten Metallteile könnten problemlos den Boden der direkt über der Walze liegenden Fahrerkabine durchschlagen. Zudem sind die Fahrer der Begleitfahrzeuge in unmittelbarer Gefahr.
Landwirt entdeckt Nägel im Maiskolben
Im vergangenen Jahr gab es Vorfälle bei Gerolzhofen und Mönchstockheim, wo unbekannte Täter Eisenstangen in noch nicht abgeerntete Getreidefelder gesteckt hatten. Bei Stadelschwarzach (Lkr. Kitzingen) fand ein Landwirt Nägel, die in Maiskolben steckten, gerade noch rechtzeitig vor der Ernte. Aber auch im Landkreis Haßberge wurde eine Sabotage auf einem Maisfeld festgestellt: Im Bereich von Untermerzbach hatte jemand Metallstangen an Maisstengel gebunden.
Der für die Vorfälle im Raum Gerolzhofen zuständiger Ermittler der Polizeiinspektion Gerolzhofen berichtete von rund 15 Sabotagen auf Äckern in den zurückliegenden Jahren, die allesamt als ungeklärt gelten. Obwohl die Polizei an Tatorten DNA-Spuren sichergestellt hat, hätten die Ermittlungen über manchen Anfangsverdacht hinaus keine belastbaren Hinweise auf Täter ergeben.
Der Polizist bestätigte, dass sich Polizeidienststellen bundesweit zu solchen Verfällen austauschen und Erkenntnisse über mögliche Täter prüfen würden. Auch Soziale Medien würden beobachtet, ob sich dort etwa jemand verdächtig zu solchen Taten äußere oder landwirtschaftsfeindliche Parolen verbreite. Doch auch dies habe keine eindeutigen Erkenntnisse gebracht.
Ermittlern läuft die Zeit davon
Ganz ähnlich die Aussagen der Polizeidienststellen in Haßfurt und Kitzingen: Auch dort gibt es keine aktuellen Ermittlungsergebnisse zu den Fällen aus den vergangenen Jahren, auch nicht vor dem Hintergrund des aktuellen Gerichtsprozesses in Neustadt/Aisch. Für manche der Taten läuft den Ermittlern die Zeit davon, denn für Sachbeschädigung liegt die Verjährungsfrist laut Paragraph 303 Strafgesetzbuch bei fünf Jahren.
Die Landwirte in der Region begleitet damit, wenn sie ihre Anbauflächen bearbeiten, weiter das beunruhigende Gefühl der ständigen Bedrohung durch mögliche Sabotageakte. Solange die Verantwortlichen nicht überführt sind, können sie sich nicht sicher fühlen. Und der Beginn der diesjährigen Maisernte steht unmittelbar bevor.