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GEROLZHOFEN
Schrauben im Maisacker: Die Angst fährt mit
Dominik Keller (rechts) und sein Vater Josef gehen durch die Reihen auf ihrem Maisfeld bei Gerolzhofen. Sie sind auf der Suche nach möglichen weiteren Schrauben, die ein unbekannter Täter an Maispflanzen gebunden hat.
Foto: Klaus Vogt | Dominik Keller (rechts) und sein Vater Josef gehen durch die Reihen auf ihrem Maisfeld bei Gerolzhofen. Sie sind auf der Suche nach möglichen weiteren Schrauben, die ein unbekannter Täter an Maispflanzen gebunden hat.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 02.04.2019 11:36 Uhr

Freitagmorgen kurz vor 7 Uhr: Während über den Höhenzügen des Steigerwalds langsam die Sonne aufsteigt, ist der Landwirt Dominik Keller bereits auf seinem Acker unterwegs. Gemeinsam mit seinem Vater Josef geht der junge Mann aus Frankenwinheim Reihe für Reihe mit aufmerksamem Blick durch die mannshohen Maispflanzen. Sie suchen auf dem rund einen Hektar großen Feld in der südlichen Gemarkung von Gerolzhofen nach Metallstücken, die an die Pflanzen gebunden wurden. An diesem Freitagmorgen werden sie nicht mehr fündig. Der am Feldweg schon wartende selbstfahrende Maishäcksler kann mit seiner Arbeit beginnen.

Am vergangenen Dienstagfrüh hatte dies noch ganz anders ausgesehen. Der Mitarbeiter des von Dominik Keller beauftragten Lohnunternehmens aus Maibach war mit dem großen Häcksler, der acht Reihen Mais gleichzeitig aberntet, erst wenige Minuten unterwegs, als es in der Maschine einen großen Knall gab. Der Häcksler hatte ein Metallteil aufgenommen und ins Innere zu der Messerwalze transportiert, die mit mehreren Tausend Umdrehungen in der Minute rotiert. Der Schaden an der Maschine war mit 7000 Euro erheblich. Die Ernte musste abgebrochen werden.

 

 

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Weitere Schrauben entdeckt

Bei der Suche nach der Ursache für den Maschinenschaden wurden die Kellers schnell fündig. Sie entdeckten im Maisacker, einige Schritte vom vorbeiführenden Feldweg entfernt, mehrere große Edelstahlschrauben mit aufgedrehten Muttern, die mit Schnüren etwa auf halber Höhe der Pflanzen an den Maiskolben festgebunden waren. Ein unbekannter Saboteur hatte sich für seinen Anschlag offenbar viel Mühe gegeben. Alarmierte Beamte der Polizeiinspektion Gerolzhofen fotografierten den Tatort und sicherten die Schrauben.

„Es ist unfassbar, dass Leute so etwas tun“, sagt Dominik Keller. Metallteile im Maisfeld aufzuhängen, das sei beileibe kein Kavaliersdelikt, sondern eine lebensgefährliche Angelegenheit für die Erntearbeiter. Denn die schnell rotierende Messerwalze des Selbstfahrhäckslers befinde sich direkt unter der Fahrerkabine. „Brechen dort Messer ab, dann können sie den Boden der Kabine durchschlagen und den Fahrer schwer verletzen – oder sogar umbringen.“

„Ein vorsätzlicher Mordversuch“

Kellers Bruder Florian hat am Dienstagmorgen während seines Urlaubs auch bei der Maisernte mithelfen wollen. Er saß auf dem Traktor, der parallel zum Häcksler den großvolumigen Anhänger zieht, in den das Häckselgut geblasen wird. „Wenn Metallteile in den Häcksler geraten, dann fliegen die Splitter wie Geschosse durch die Gegend“, sagt er. Dann sei auch er als Fahrer des nebenan fahrenden Traktors im höchsten Grad gefährdet. „Für mich ist das ein vorsätzlicher Mordversuch“, macht Florian Keller klar, was er von der Aktion des noch unbekannten Saboteurs hält. Und: „Ich habe jetzt schon ein mulmiges Gefühl, wenn ich im Traktor sitze.“

Sein Vater Josef Keller weist noch auf einen anderen Aspekt hin: Geraten die Metallteile in die Silage, dann geraten sie über kurz oder lang auch in das Viehfutter im Milchviehstall der Kellers. „Die Kühe können daran sterben.“

Drei weitere Anschläge

Am Freitagvormittag wurde dann bekannt, dass es noch drei weitere Anschläge auf Maisäcker im Raum Gerolzhofen gegeben hat, von denen die Polizei bislang noch keine Kenntnis hatte. Jedes Mal betroffen waren Maschinen des Lohnunternehmens Klein aus Atzhausen (Lkr. Kitzingen). Am Donnerstagnachmittag kam es auf zwei Äckern diesmal in der nördlichen Gemarkung von Gerolzhofen zu Zwischenfällen, wo die Firma Klein im Auftrag eines Rindermastbetriebs und für die Biogasanlage Oberspiesheim die Maisernte übernahm.

Bereits am Mittwoch vergangener Woche wurde ein Häcksler der Firma Klein auf der direkt an Gerolzhofen angrenzenden Gemarkung von Alitzheim offenbar durch Metallteile in einem Maisfeld beschädigt. Die Maschinen sind derzeit noch in der Werkstatt. Tizian Klein schätzt den entstandenen Schaden auf rund 30 000 Euro. Auch Klein macht klar: „Es handelt sich hier nicht um bloße Sachbeschädigung, sondern es geht um Körperverletzung oder sogar Totschlag.“

Der Täter hat wohl Fachkenntnisse

Der Täter weiß offenbar genau, was er macht. Und er dürfte sich mit Landtechnik auskennen. Dafür spricht, dass er für seine hinterhältigen Anschläge Edelschrauben verwendet hat. Die modernen Selbstfahrhäcksler sind nämlich mit Metalldetektoren ausgerüstet, die sofort einen Nothalt auslösen, sobald mit dem Mais magnetisches Metall eingezogen wird. Dies kann ab und zu mal passieren, berichtet ein Landwirt aus Gerolzhofen. Erst kürzlich schaltete eine Maschine ab, als ein auf dem Acker verlorener Arbeitsschuh mit Stahlkappe aufgenommen wurde. Bei Edelstahlschrauben, die nicht magnetisch sind, sieht es allerdings anders aus. Da versagt der Metalldetektor. Und dies weiß der Saboteur.

Polizei: „Nehmen es sehr ernst“

„Wir nehmen die Angelegenheit sehr ernst“, sagt Michael Zimmer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken in Würzburg. Aufgrund der hohen Kräfte, die sich in den Erntemaschinen entwickeln, könnte mutwillig eingeführte Metallteile ohne jeden Zweifel auch für die daneben arbeitenden Menschen erhebliche Auswirkungen haben. Zimmer spricht in diesem Zusammenhang von „Lebensgefahr“. Bei den laufenden Ermittlungen der Polizei stünden neben den Sachbeschädigungen deshalb jetzt auch mögliche Körperverletzungsdelikte im Raum.

Rätsel über die Motivation

Doch was könnte die Motivation des Täters sein? Anschläge im Maisacker, das kommt seit Jahren immer wieder mal vor. Früher, als viele Landwirte den Mais mit einem Anbaugerät am eigenen Traktor zeitaufwendig Zeile für Zeile noch selbst ernteten, wurden manchmal Eisenstangen schräg in die Erde gesteckt, um den Häcksler zu beschädigen. So ein Fall ereignete sich beispielsweise im September 2017 bei Hafenpreppach (Kreis Haßberge). „Das waren meist Berufskollegen, die jemandem eins auswischen wollten“, mutmaßt ein Landwirt, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Denn der Konkurrenzdruck ist hoch, der Neid nimmt zu. „Und wenn dann bei der Neuverpachtung ein anderer die Fläche bekommt, können schon mal die Sicherungen durchbrennen.“

Anschläge in ganz Deutschland

Doch die aktuellen Anschläge hätten damit nichts zu tun, sind sich die betroffenen Landwirte sicher. Dies sei eine neue Dimension. Googelt man im Internet, dann stellt man fest, dass Anschläge mit Edelstahlschrauben im Maisacker in jüngster Zeit bundesweit zugenommen haben. Aber warum? Ob der Täter ein Gegner von Biogas-Anlagen ist? Oder ein Gegner der modernen Landwirtschaft? Für Landwirtssohn Florian Keller jedenfalls steht eines schon fest: „Dieser Typ ist nicht ganz dicht.“

Auf dem Maisacker von Dominik Keller lief die Ernte am Freitagmorgen dann reibungslos ab, nachdem bei dere Nachschau keine weiteren Schrauben auf dem Feld gefunden worden waren.
Foto: Klaus Vogt | Auf dem Maisacker von Dominik Keller lief die Ernte am Freitagmorgen dann reibungslos ab, nachdem bei dere Nachschau keine weiteren Schrauben auf dem Feld gefunden worden waren.
Sabotage bei der Maisernte bei Gerolzhofen: an die Pflanzen wurden große Edelstahlschrauben gebunden.
Foto: Florian Keller | Sabotage bei der Maisernte bei Gerolzhofen: an die Pflanzen wurden große Edelstahlschrauben gebunden.
 
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Kommentare
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  • H. G.
    Wenn das in ganz Deutschland passiert, ist das wohl organisierter Terrorismus. Die tauschen sich eh aus. Nachahmer finden die Infos dann auch schnell. Ich fand es eher interessant zu hören wie viel Wissen die Tat voraussetzt. Damit ist klar, dass die Folgen auch bekannt sind. Also haben wir es hier mit kaltblütigen Mördern zu tun!
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  • H. M.
    Wenn man den oder die Täter erwischt, dann hoffe ich mal, dass eine entsprechende Anklage wegen versuchten Totschlags erfolgt. Eine Bewährungs- oder Geldstrafe darf auf jeden Fall nicht raus kommen. Ab in den Knast mit solchen Zeitgenossen. Nicht nur, dass die Landwirte unter der extremen Trockenheit leiden, jetzt müssen sie sich auch noch mit gefährlichen Idioten beschäftigen (Netiquette hin oder her. Anders kann man die Täter nicht nennen).
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Lieber User, mit Ihrem Kommentar implizieren Sie, dass Sie es gut heißen, dass solche Sabotage-Akte geleistet werden. Dadurch besteht für Landwirte Lebensgefahr. Kommentare, die solche Gewaltakte gut heißen, können wir nicht veröffentlichen.
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  • I. E.
    Lieber User, der Kommentar, auf den Sie sich beziehen, wurde entfernt.
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  • W. S.
    Wahrscheinlich wird sich der darauf hinausreden, dass er von einer Gefährdung von Menschen nichts gewusst hat. Das reicht dann dann wohl nur für ein paar Sozialstunden. Und wenn es ein Hartz-IV-Empfänger ist, zahlt der auch keinen Schadenersatz für den Schaden an der Maschine.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    wir wollen doch die kirche im Dorf lassen
    und nicht gleich von Mordversuch und
    versuchten totschlag reden
    wollen unsere armen Bauern
    nur noch Beachtung
    egal wie jammern bringt
    diesem Berufszweig seit
    Jahrzehnten gewinn
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  • S. K.
    Eine Riesenschweinerei, was sind das nur für Menschen die sowas machen... traurig
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  • W. S.
    @MainPost
    Hätte es nicht gereicht, von Schrauben zu schreiben? Nicht jeder weiß von den Metalldetektoren, die bei Edelstahl eben nicht reagieren. Mit der Erläuterung der Zusammenhänge bringen Sie mögliche Trittbrettfahrer doch erst auf die Idee, wie man den größten Schaden verursachen kann.
    Bei einem Suizid oder Morden hält sich die Presse in der Regel doch auch mit Details zurück, um Nachahmungstaten zu vermeiden.
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  • K. V.
    Ein gutes Argument, weil es in der Tat ein zweischneidiges Schwert ist. Ich habe darüber auch mit der Polizei gesprochen. Unser Argument, dass wir die Edelstahlschrauben beim Namen nennen: Im Internet gibt es bereits zahlreiche Berichte - insbesondere aus Norddeutschland - über vergleichbare Attentate, wo jeweils bereits auf Edelstahl hingewiesen wird. Es handelt sich also nicht mehr nur um exklusives "Täterwissen". MfG Klaus Vogt, MP-Redaktionsleiter.
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  • W. S.
    "Exklusives Täterwissen" im Sinne eines Indizes, das für die Überführung eines Verdächtigen genutzt werden könnte, ist diese Information sicherlich nicht. Ich vermute dass zumindest jeder, der im Rahmen einer landwirtschaftlichen Ausbildung nach 1980 einen Landtechnikkurs absolviert hat, davon weiß. Solange schätze ich, gibt es die Technik wohl. Aber je mehr man das Wissen außerhalb der Fachkreise verbreitet, um so größer ist die Gefahr, dass es irgendwer nachmacht. Also eben nicht nur die Neider, die einen Konkurrenten ausschalten wollen.

    Nach einem Terrorattentat werden ja auch nicht die Rezepte für selbstgebauten Sprengstoff in der Zeitung veröffentlicht, obwohl diese in Terroristenkreisen bekannt sind.
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