
Am Dienstagvormittag gibt es endlich gute Nachrichten aus dem Katastrophengebiet. "Die Lage ist komplett entspannt", sagt ein hörbar gelöst wirkender Stadtbrandrat Frank Limbach am Telefon. Das Hilfskontingent der Feuerwehren aus Stadt und Landkreis Schweinfurt, das in dem vom Hochwasser schwer getroffenen Landkreis Aichach-Friedberg reihenweise vollgelaufene Keller auspumpte, befand sich zu diesem Zeitpunkt schon auf der Rückfahrt in die Heimat. Zwei Tage zuvor sah das noch ganz anders aus.
Am Samstagabend waren zunächst 120 Feuerwehrleute und Hilfskräfte mit 26 Fahrzeugen nach Schwaben aufgebrochen, um die dortigen Einsatzkräfte beim Kampf gegen die Wassermassen zu unterstützen. Zuvor hatte der dortige Landkreis den Katastrophenfall ausgerufen und daraufhin die Regierung von Unterfranken das Kontingent aus Schweinfurt entsandt.
Pumpen waren im Dauereinsatz in zwei Gemeinden
Nach einer kurzen Nacht in der Schulturnhalle waren die Feuerwehrleute ab den frühen Morgenstunden am Sonntag im Dauereinsatz. Und zwar vor allem in der Gemeinde Kissing und im Markt Mering, die nur wenige Kilometer südlich von Augsburg liegen.

Schon bei der Anfahrt wurde schnell klar, dass die Lage brisant ist. Der einzige Weg zum Feuerwehrhaus war überflutet. Kurz zuvor, berichtet Kreisbrandinspektor Alexander Bönig, hatte es danach ausgesehen, dass das Gebäude aufgegeben werden muss. Bönig hatte von Samstag bis Montag die Einsatzleitung inne, bevor am Montag ein routinemäßiger Wechsel auf Stadtbrandrat Frank Limbach anstand.
Besonders in dem 11.000 Einwohner zählenden Kissing waren die Hilfskräfte extrem gefordert. Die Paar, ein kleiner Bach, der normalerweise um die 30 Zentimeter Wasser mit sich führt, war am Pegel Mering auf zwei Meter angeschwollen.
Braune Brühe mancherorts bis an die Kellerdecke
In mehreren Straßenzügen waren zahllose Hauskeller vollgelaufen; mancherorts stand die braune Brühe bis kurz unter die Kellerdecke. Weil zudem viel Grundwasser in die Kanalisation gelangte, waren viele Straßen überflutet.

Mit den mitgebrachten Pumpen versuchten die Feuerwehrleute der dramatischen Situation Herr zu werden. Das sollte aber neue Probleme erzeugen: "Wenn wir aus einem Straßenzug das Wasser weggepumpt haben, ist es in der nächsten Straße angestiegen", berichtete Alexander Bönig unserer Redaktion. Teilweise habe man aufhören müssen. Die betroffenen Anwohner seien mit Tränen dagestanden, weil es nicht weiterging.
Verzweifelte Anwohner nach Stromunterbrechung
Eine weitere Schwierigkeit stellte zeitweise die unterbrochene Stromversorgung dar. Laut Bönig musste der Energieversorger ganze Straßenzüge vom Netz nehmen. Das bedeutete aber auch: Eigentümer, die eigene Tauchpumpen hatten, konnten diese nicht mehr weiterbetreiben. Die Verzweiflung war groß, denn schlagartig sei das Wasser wieder angestiegen.

Zum Glück hatte die Feuerwehr Gerolzhofen eines ihrer mobilen Notstromaggregate mit nach Schwaben genommen. Zwei hatte die Stadt für den Fall eines "Blackouts" für 100.000 Euro angeschafft. Daran konnten dann die privaten Tauchpumpen angeschlossen und wieder in Gang gesetzt werden.
Ein Moment bleibt dem Kreisbrandinspektor besonders in Erinnerung. Als die Hilfskräfte am Abend zum Abendessen und Ausruhen in die Turnhalle zurückkehren wollten, flehten einige betroffene Anwohner die Hilfskräfte an: "Pumpt weiter, ihr Schweinfurter, sonst saufen wir ab!"
Im Schichtbetrieb durch die Nacht
Andererseits mussten Bönig und sein Kollege Florian Zippel die Hilfskräfte schützen, auch wenn diese unbedingt weitermachen wollten. Man entschied sich für eine salomonische Lösung: Im Schichtbetrieb und mit kleinerer Mannschaft ging es weiter, sodass die Pumpen der Feuerwehren die ganze Nacht weiterliefen. Im Laufe des Montags ging das Wasser allmählich zurück, die Lage entspannte sich erstmals seit Tagen.

Nicht aber in Mering, wo eine Bahnunterführung vollgelaufen war. Nur mithilfe eines Hochleistungspumpensystems konnte dort bis Montagabend der Großteil abgepumpt werden. 36 Stunden lief diese ununterbrochen.
Eine von neun Hochleistungspumpen im gesamten Freistaat
Nach Auskunft von Frank Limbach gibt es derzeit nur neun solcher HFS-Pumpen im Freistaat, eine davon bei der Feuerwehr der Stadt Schweinfurt. Sie schafft 30.000 Liter pro Minute, während andere Pumpen meist eine Leistung von nicht einmal einem Zehntel davon erbringen.

Einen Schockmoment erlebten die Hilfskräfte während ihres Einsatzes am Sonntag: Bei einer Verpuffung an einer Tragkraftspritze wurde ein Feuerwehrmann leicht verletzt. Dem Helfer gehe es gut, teilt Alexander Bönig dazu mit.

Überwältigt waren die Hilfskräfte von der Dankbarkeit der Bevölkerung. Allerorten gab es Lob zu hören, aber auch Essen, Kaffee oder sogar Kuchen wurden zwischendurch gereicht. An einer Tankstelle erhielten Helfer kostenlos Leberkäsebrötchen in die Hand gedrückt. Und bei einem Paar, das tags zuvor geheiratet hatte, wurden die Reste des italienischen Hochzeitbuffets verteilt.
Reichlich Lob von der Bevölkerung erhalten
Nicht nur Bönig und Limbach waren begeistert von der freundlichen Aufnahme in Schwaben. Timo Breitenbach von der Feuerwehr Egenhausen, der zum ersten Mal bei einem Hilfskontingent-Einsatz mit von der Partie war, sagte gegenüber der Redaktion: "Jeder Anwohner ist froh, dass wir da sind."

Feuerwehrmann Winfried Seißinger aus Stammheim, der schon bei der Elbe-Hochwasser 2002 mithalf, berichtete, dass man von allen Seiten großes Lob bekommen habe. Und einen Satz eines Betroffenen hat der 61-Jährige nicht vergessen. "Ich werde nie mehr darüber schimpfen, dass die Feuerwehr große Fahrzeuge bekommt", hörte er.

Besonders gedankt hatte der Landrat von Aichach-Friedberg den Einsatzkräften am Dienstagmorgen, bevor diese sich wieder in Richtung Unterfranken verabschiedeten. Nach der Rückkehr empfing Landrat Florian Töpper in Werneck einen Teil des Hilfskontingents, wo er zusammen mit Peter Hoffmann von der Stadt Schweinfurt die Zusammenarbeit der Rettungskräfte lobte.

Die Feuerwehrleute hätten in beispielloser Teamarbeit den Menschen geholfen und dafür selbstlos ihre Gesundheit riskiert. Das habe höchsten Respekt verdient. "Ich bin sehr glücklich darüber, dass ihr alle wohlauf wieder zurückgekehrt seid. Bis auf die leichte Verletzung eines Kameraden, der sich bereits auf dem Weg der Besserung befindet, kam unser Kontingent ohne gesundheitliche Schäden davon", so Töpper.