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Schweinfurt
Prozess um Toten in Schweinfurter Innenstadt: Wie die Polizeibeamten auf den mutmaßlichen Täter gestoßen sind
Eine Feierei unter Bekannten endet mit einem Toten. Seine Leiche wird erst Monate später in einem Schweinfurter Keller gefunden. Der Angeklagte machte sich früh verdächtig.
Ein 40-Jähriger muss sich seit Ende März vor dem Landgericht Schweinfurt verantworten. Er soll im April 2024 einen 45-Jährigen mit einem Messer erstochen haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord aus Heimtücke vor.
Foto: Josef Lamber (Archivbild) | Ein 40-Jähriger muss sich seit Ende März vor dem Landgericht Schweinfurt verantworten. Er soll im April 2024 einen 45-Jährigen mit einem Messer erstochen haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord aus Heimtücke vor.
Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 19.04.2025 02:35 Uhr

Zeuginnen und Zeugen beschreiben den Mann, der im April 2024 laut Staatsanwaltschaft einen 45-Jährigen heimtückisch ermordet haben soll, als ruhig, nie aggressiv, nie streitsüchtig. Auch, wenn er betrunken gewesen sei. "Ich traue ihm das nicht zu", sagt einer an diesem Montag. Ein anderer erzählt: Man habe ab und an zusammen "Bier getrunken, gelacht, dies, das". Er sei schockiert gewesen, als der Angeklagte vor einem Jahr zu ihm gekommen sei und ihm gesagt habe: "Ich habe Scheiße gebaut, ich habe einen abgestochen."

Der 40-Jährige, der seit Ende März 2025 auf der Anklagebank im Landgericht Schweinfurt sitzt, hatte gleich zu Prozessbeginn zugegeben, den Mann in einem Keller in der Schweinfurter Innenstadt getötet zu haben. Anders als die Staatsanwaltschaft sagt er allerdings: Der 45-Jährige habe ihn darum gebeten. Der Mann habe von "Valhalla" gesprochen, von nordischer Mythologie, ein anderer müsse ihm den Tod bringen. Er habe erst nicht zustimmen wollen – aber dann Angst vor der Reaktion seines Bekannten gehabt. 

Knapp drei Monate später war die Leiche des Mannes in dem Gebäude in der Lange Zehntstraße gefunden worden. 

Angeklagter: "Pussy" als Ansporn, nicht als Beleidigung

Die Staatsanwaltschaft Schweinfurt geht davon aus, der Angeklagte habe den 45-Jährigen im Streit getötet, nachdem dieser ihn mit dem Wort "Pussy" beleidigt haben soll. Für ihn selbst sei dies keine Beleidigung gewesen, eher ein Ansporn und die Bestätigung, dass der 45-Jährige es ernst meine, hatte der Angeklagte zu Prozessbeginn gesagt. 

Von einem "Valhalla-Vertrag" weiß der Kumpel, dem der Angeklagte von der Tat erzählt haben soll, an diesem Montag vor Gericht nichts. Davon habe er erst im Gespräch mit einem anderen gehört, dem der 40-Jährige ebenfalls von der Tötung berichtet haben soll. Der andere Zeuge wiederum sagt: Der Angeklagte habe ihm berichtet, der Getötete habe nicht mehr leben wollen und mit ihm per Handschlag diesen "Vertrag" ausgemacht. Der 40-Jährige habe einmal gesagt, dass er es bereue, aber er habe die Bezeichnung "Pussy" nicht auf sich sitzen lassen können. 

An jenem Abend war noch ein dritter Mann beim Feiern dabei

An jenem April-Abend soll noch ein dritter Mann mit dem Angeklagten und dem 45-jährigen Bekannten in einer Wohnung gefeiert haben. Seine Aussage im Zeugenstand ist eher wirr, er wirft Namen und Zeiten durcheinander, kann sich an das letzte Treffen mit dem Getöteten kaum erinnern. Er sagt, der 45-Jährige habe die Wohnung in jener Nacht alleine verlassen, der Angeklagte sei bei ihm geblieben. Der Angeklagte selbst dagegen hatte angegeben, man habe die Wohnung zu zweit verlassen. Der dritte Mann sei eingeschlafen. 

"Wenn ich die Aussage lese, habe ich den Eindruck, dass Sie heute mauern oder mehr wissen, als Sie uns sagen wollen", sagt der Verteidiger zu dem Zeugen. Eine Beobachtung, die auch ein Polizeibeamter gemacht haben will. "Ich hatte das Gefühl, der will uns nicht die ganze Wahrheit sagen, der verschweigt irgendwas", sagt der Polizist über die Vernehmung des dritten Mannes. 

Mehrere Schweinfurter Polizeibeamte berichten am Montag von dem Ermittlungsverfahren. Einer gibt an: Eine Vertrauensperson habe ihm damals erzählt, am Georg-Wichtermann-Platz spreche man davon, dass der 45-Jährige "erstochen worden" sein soll. "Was man als Unbeteiligter nicht hätte wissen können", sagt der Polizist vor Gericht. Ein Hinweis, dass die verantwortliche Person aus dem dortigen "Trinker-Milieu" stammen könnte.

Polizisten im Zeugenstand: Angeklagter hat sich verdächtig verhalten

Über weitere Zeugen aus dem Milieu, dem auch der Getötete angehört haben soll, sei man irgendwann auf den Angeklagten gekommen. Man habe ihn zuerst als Zeuge vernommen und ihm erzählt, dass der 45-Jährige tot aufgefunden worden sei, berichtet ein Beamter. Der Angeklagte habe zwar einen überraschten Eindruck gemacht. Allerdings habe er weder nachgefragt, wo und wie der Tote gefunden wurde, noch woran er gestorben sei.

Auch bei der Vermisstenmeldung, die der 40-Jährige am Morgen nach dem Vorfall aufgegeben habe, habe es Widersprüche gegeben, sagen die Ermittler. Auf die Frage, warum er nach dem vermissten Bekannten nicht in dessen Wohnung geschaut habe, zu der er doch den Schlüssel hatte, habe der Angeklagte "unlogische" Angaben gemacht. Zudem habe er sich auf seiner Arbeit verdächtig verhalten.

Bei seiner Festnahme sei der Angeklagte sehr ruhig gewesen, habe "teilnahmslos dagesessen", berichtet ein Beamter. "Er machte den Eindruck, als würde er genau wissen, worum es geht."

Das Verfahren wird am 29. April fortgesetzt.

 
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Kommentare
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  • Alexandra Köth
    Gehört das Foto nicht zu dem Verfahren von Cornelia Hümpfer? Ich kenne den Dolmetscher, der dort übersetzt!
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  • Lisa Marie Waschbusch
    Hallo Frau Köth,

    es ist richtig, dass es sich bei dem Herrn auf dem Foto um den Dolmetscher im Falle Cornelia Hümpfer handelt. Er ist aber auch in dem hier genannten Verfahren im Einsatz.

    Freundliche Grüße
    Lisa Marie Waschbusch
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