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Schweinfurt
Prozess um Tod von Cornelia Hümpfer in Schweinfurt: Warum das Gericht die Einstellung des Verfahrens ablehnt
Die Verteidiger hatten beantragt, das Verfahren gegen den früheren US-Soldaten einzustellen -  wegen öffentlicher Vorverurteilung. Auch die Richterin zeigte sich "irritiert".
Seit Ende Januar steht der ehemalige US-Soldat Tommy M. in Schweinfurt vor Gericht. Laut Staatsanwaltschaft soll er 1978 die damals 18-jährige Cornelia Hümpfer getötet haben.
Foto: Anand Anders | Seit Ende Januar steht der ehemalige US-Soldat Tommy M. in Schweinfurt vor Gericht. Laut Staatsanwaltschaft soll er 1978 die damals 18-jährige Cornelia Hümpfer getötet haben.
Désirée Schneider
 und  Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 05.03.2025 02:48 Uhr

Die Debatte um eine mögliche Einstellung des Verfahrens um den gewaltsamen Tod der damals 18-jährigen Cornelia Hümpfer ist vom Tisch. Am Freitagvormittag hat die 1. große Strafkammer am Landgericht Schweinfurt den betreffenden Antrag der Verteidigung abgelehnt.

Mehrere Medien, darunter auch diese Redaktion, hatten im Vorfeld des Prozesses identifizierend über den Angeklagten berichtet, Polizeibeamte hatten sich öffentlich zu Details aus den Ermittlungen geäußert. Deshalb hatten die Anwälte von Tommy M. beantragt, das Verfahren gegen ihren Mandanten einzustellen. Der frühere US-Soldat muss sich seit Ende Januar wegen mutmaßlichen Mordes an Cornelia Hümpfer vor Gericht verantworten.

"Dass bereits 2023 derart detailliert über die Ermittlungserkenntnisse – noch vor Abschluss der Ermittlungen und Anklageerhebung [...] – und derart einseitig und vorverurteilend berichtet" worden sei, konterkariere das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren und verstoße gegen die Unschuldsvermutung, argumentierten die Verteidiger in ihrem Antrag.

Richterin bewertet Verhalten und Äußerungen der Ermittler kritisch

Die Vorsitzende Richterin, Claudia Guba, betonte, sie persönlich sehe das Vorgehen des damaligen Polizeisprechers und des Kripobeamten, im Vorfeld des Prozesses Details der Ermittlung zu erläutern, ebenfalls als "irritierend" an. Den Medien indes mache sie keinen Vorwurf, "die haben nur ihren Job gemacht". Dass sich aber Polizeibeamte in einem laufenden Verfahren öffentlich positionierten, sehe sie kritisch. Für ihre Bemerkung bekam die Richterin Zustimmung von Seiten der Staatsanwaltschaft wie auch der Verteidigung.

Anlass für eine Einstellung des Verfahrens sehe die Kammer dennoch nicht, sagte Guba. Gründe, "die derart schwer wiegen oder das Verfahren derart behindern", dass eine Einstellung gerechtfertigt sei, habe das Gericht nicht erkennen können.

Auch einem weiteren Antrag der Verteidigung, die Rechtsmedizin in Würzburg noch einmal nach der verloren gegangenen Unterhose der Getöteten sowie nach einem Abstrich durchsuchen zu lassen, erteilte die Kammer eine Absage. Beide Asservate sind laut Aktenlage seit 1996 verschwunden und waren auch bei nachfolgenden Durchsuchungen nicht wieder aufgetaucht.

Die Hoffnung, sie bei einer erneuten Suche zu finden, teilt die Kammer nicht. Auch "Ansatzpunkte, dass die Gegenstände bewusst versteckt worden sein könnten, sind nicht im Ansatz ersichtlich", sagte die Vorsitzende Richterin.

Auch in der Videovernehmung belastet der frühere beste Freund Tommy M.

Gut eineinhalb Stunden umfasst die Videoaufnahme der Zeugenaussage des früheren besten Freundes von Tommy M., die im Justizgebäude in Reno im US-Bundesstaat Nevada gemacht worden war. Der 65-Jährige hatte bereits am 6. Februar vor Gericht in Schweinfurt ausgesagt, dass ihm der Angeklagte Anfang der 1980er Jahre die Ermordung einer jungen Frau in Deutschland gestanden habe.

Wie auch in seiner Aussage am Landgericht, betonte der Zeuge in der Videovernehmung, er halte den Angeklagten für einen "guten Mann", sei mit ihm und der Familie befreundet gewesen. Als M. ihm den Mord gestanden habe, habe er es erst nicht glauben wollen, zumal auch Alkohol im Spiel gewesen sei. Der Angeklagte habe ihm erklärt, er sei in Panik geraten, als das Opfer ihm erklärte, sie sei schwanger und wolle, dass er seine Ehefrau verlasse. "Er sagte, er habe sie erstochen und den Körper dann entsorgt", so der Zeuge.

Den Kontakt zu M. habe er abgebrochen, als dieser Probleme mit Alkohol und Drogen bekam. Jahrzehnte später habe er dann von dessen Bruder von der Verhaftung erfahren. Für ihn sei klar gewesen, "dass es mit meinen Werten nicht vereinbar ist, nichts zu sagen", betonte der Zeuge bei seiner Aussage mehrmals.

Verteidiger kündigen Stellungnahme des Angeklagten zu den Zeugenaussagen an

Nach der Präsentation der Videoaufnahme und dem Verlesen der deutschen Übersetzung kündigten die Verteidiger eine Stellungnahme nach Paragraf 257 der Strafprozessordnung an. Sie soll am nächsten Verhandlungstag am 14. März verlesen werden. In einer solchen Stellungnahme kann sich der Angeklagte nach einer Beweisaufnahme äußern.

Offen ist weiter die Vernehmung der ersten Frau des ehemaligen US-Soldaten. Sie kann aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Deutschland reisen. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass der entsprechende Fragenkatalog mittlerweile an die US-Behörden übersandt worden sei und man von einer zügigen Vernehmung ausgehe.

Waben oder Rauten auf den Fußmatten? Gutachten gefordert

Entscheiden muss das Gericht außerdem über einen neuen Antrag: Die Verteidigung fordert ein Gutachten eines geometrischen Sachverständigen, der den Unterschied zwischen Waben und Rauten erläutern solle. Wichtig sei dies im Hinblick auf einige Abdrücke an den Schuhen der Getöteten, die mit dem Muster auf den Fußmatten im Auto des Angeklagten übereinstimmen könnten. Aus Sicht der Verteidigung beweise ein solches Muster-Gutachten, "dass unser Mandant als Tatverdächtiger ausscheide".

 
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