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Schweinfurt
Pilotprojekt: Schweinfurt will sein Abwasser besser nutzen
Wie wird der Nutzwasserbedarf für die Stadt und den Gemüseanbau künftig gesichert? Die Aufbereitung von Abwasser ist eine Idee. Dazu gibt es in Schweinfurt nun ein Pilotprojekt.
Im Gewächshaus ist noch viel Platz für die Nutzwasserforschung. Dort wird wissenschaftlich festgehalten, wie zum Beispiel Salat auf die unterschiedlichen Qualitätsstandards des durch Filterung optimierten Brauchwassers reagiert.
Foto: Helmut Glauch | Im Gewächshaus ist noch viel Platz für die Nutzwasserforschung. Dort wird wissenschaftlich festgehalten, wie zum Beispiel Salat auf die unterschiedlichen Qualitätsstandards des durch Filterung optimierten ...
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 21.10.2021 03:10 Uhr

"Wir stehen vor einem Wandel unseres Klimas und wir werden mit diesem Klimawandel leben müssen. Folge davon können Dürreperioden und Wassermangel sein." Das prognostizierte der Schweinfurter Oberbürgermeister Sebastian Remelé  (CSU) bei der Eröffnungsveranstaltung für ein bundesweites Pilotprojekt, dessen Ziel es ist, Nutzwasser im großen Stil als alternative Wasserressource zu erschließen.

Kern des Projekts auf dem Gelände der Schweinfurter Kläranlage im Stadtteil Oberndorf ist die weitergehende Behandlung bereits gereinigten Abwassers auf Nutzwasserqualität. Das Wasser soll so optimiert werden, dass es zum Beispiel auch für die Bewässerung der Gemüse-Anbauflächen in Sennfeld oder Gochsheim verwendet werden kann.   

Schweinfurt liegt auf der fränkischen Trockenplatte. Fachleute verglichen das regionale Klima mit dem in Nord-Jordanien, so der OB. Warme und trockene Sommer wechseln sich ab mit feuchten und milden Winter. Die Folge: Wassermangel. Umso begeisterter ist der OB von der Tatsache, dass dieses Pilotprojekt in Schweinfurt angesiedelt ist. "Wir wollen ausprobieren, inwieweit wir Nutzwasser für die landwirtschaftliche, aber auch die urbane Bewässerung heranziehen können."

Das symbolische Band für das Nutzwasser-Projekt zerschnitten von links Ordnungsreferent Jan von Lackum, Thomas Track (Dechema), MdL Patrick Friedl (Grüne), MdL Barbara Becker, OB Sebastian Remelé, MdB Anja Weisgerber und Projektleiter Jörg Drewes von der TU München.
Foto: Helmut Glauch | Das symbolische Band für das Nutzwasser-Projekt zerschnitten von links Ordnungsreferent Jan von Lackum, Thomas Track (Dechema), MdL Patrick Friedl (Grüne), MdL Barbara Becker, OB Sebastian Remelé, MdB Anja Weisgerber ...

Dazu gibt es bereits Pilotflächen. Eine davon ist der benachbarte Sportplatz des TV Oberndorf. Eine weitere Forschungsfläche befindet sich innerhalb eines großen Gewächshauses, das auf dem Gelände der Kläranlage gebaut wurde. Darin werden Gemüse und andere Pflanzen angebaut und regelmäßig darauf untersucht, wie sie auf die verschiedenen Reinigungsstufen des verabreichten Wassers reagieren.  

Bundesgartenschau 2026 mit eigenem Nutzwasser bewässern

Perspektivisch wird das einst asphaltierte Kasernengelände der Ledward Barracks, das Areal auf dem 2026 die Landesgartenschau stattfinden soll, Pilotfläche für das Projekt. Die Stadt beabsichtigt diese alternative Wasserressource für die Landesgartenschau zu nutzen, um dort die Pflanzen umweltschonend bewässern zu können. Natürlich müssen dafür noch Leitungen verlegt werden.

"Nutzwasserbereitstellung und Planungsoptionen für die urbane und landwirtschaftliche Bewässerung", so lautet der Titel des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBV) für drei Jahre geförderten Forschungsprojektes. 2,8 Millionen Euro werden dafür bereitgestellt. Das Projekt zur Optimierung des Nutzwassers vereint führende Partner der Wasserforschung mit Unternehmern und Partnern aus der Industrie. Die Projektleitung hat Professor Jörg Drewes von der Technischen Universität München.

Wasser ist nicht gleich Wasser. Schon rein optisch unterscheidet sich ungeklärtes Abwasser (links) von Nutzwasser (Mitte). Dieses Nutzwasser ist deutlich sichtbar dem EU-Standard für Nutzwasser (links daneben) 'überlegen'.
Foto: Helmut Glauch | Wasser ist nicht gleich Wasser. Schon rein optisch unterscheidet sich ungeklärtes Abwasser (links) von Nutzwasser (Mitte).

Dr. Thomas Track von der Frankfurter Gesellschaft für Chemie- und Biotechnologie Dechema betonte, wie wichtig die "Erhöhung der Wasserverfügbarkeit durch Wiederverwendung" sei.  Das Nutzwasserprojekt in Schweinfurt, da ist er sich sicher, werde "echte Leuchtturmwirkung haben".    

Wassermangel ist in Unterfranken schon lange ein Thema

"Die Verfügbarkeit von Wasser wird als selbstverständlich erachtet, bis es knapp wird oder nicht mehr die erwartete Qualität hat", so Projektleiter Professor Jörg Drewes, Ingenieur und Inhaber des Lehrstuhls für Siedlungswasserwirtschaft an der TU München. Die aktuelle Situation beschreibt er so: "Zu viel Wasser, wenn wir es nicht brauchen, und immer häufiger zu wenig Wasser." Eine Situation, die man in Unterfranken schon lange kenne, die aber immer mehr Regionen im ganzen Land beträfe und deshalb nachhaltige Lösungen im Umgang mit Wasser notwendig machen würden. "Warum das Wasser nicht einfach mehrfach nutzen", brachte Drewes die Projektidee auf den Punkt. Wie das funktionieren könnte, wird in Schweinfurt nun erforscht und demonstriert. Es gehe darum, Wasserqualitäten zu erzeugen, die eine sichere Mehrfachnutzung ermöglichen.     

Im neu errichteten Informationspavillon besteht nach Anmeldung die Möglichkeit, sich über das Nutzwasser-Projekt zu informieren.
Foto: Helmut Glauch | Im neu errichteten Informationspavillon besteht nach Anmeldung die Möglichkeit, sich über das Nutzwasser-Projekt zu informieren.

Die EU hat bereits ihre Standards für die Wiederverwendbarkeit aufbereiteten Abwassers formuliert. Auf nationaler Ebene sei schon bald mit Anforderungen zu rechnen, die darüber hinausgehen, so Drewes. Was auf dem Gebiet der Nutzwasseroptimierung möglich ist, von der Aufbereitung bis zur Anwendung, werde im Rahmen dieses Pilotprojektes nun untersucht. "Mit diesem Vorhaben betreten wir Neuland in Deutschland", stellte Drewes die Einzigartigkeit des Versuchs-Projekts in den Mittelpunkt.    

Drei sichtbare Einheiten kennzeichnen das Nutzwasser-Projekt auf dem Gelände der Kläranlage. Da ist zum einen der Informationspavillon, in dem Besucher nach Anmeldung bei der Stadtentwässerung in Gruppen interaktiv über das Projekt informiert werden. Station zwei ist das Gewächshaus, in dem Pflanzen gezogen werden. Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim, einer der Partner des Projekts, überwacht die Pflanzen und untersucht ihre Reaktion auf unterschiedliche Wasserqualitäten. Kernstück der Forschungsanlage ist die Aufbereitungsstraße. Hier durchläuft das Wasser, das die Kläranlage verlässt, weitere Reinigungsstufen und wird zum Beispiel durch Aktivkohle und keramische Filter weiter optimiert.

Die erforderliche Nutzwasserqualität wird durch ein sogenanntes Multibarrieren-Aufbereitungsverfahren erzielt. Dafür durchläuft das Wasser die Filter in verschiedenen Aufbereitungsstationen, die in Reihe auf dem Gelände der Kläranlage aufgebaut sind .
Foto: Helmut Glauch | Die erforderliche Nutzwasserqualität wird durch ein sogenanntes Multibarrieren-Aufbereitungsverfahren erzielt. Dafür durchläuft das Wasser die Filter in verschiedenen Aufbereitungsstationen, die in Reihe auf dem ...

Selbst Medikamentenrückstände und feinste Mikroplastikteilchen, die bei der normalen Abwasserbehandlung nur unzureichend erfasst werden, können herausgefiltert werden. "Wir erhoffen uns eine sehr gute Wasserqualität", so die Mitarbeiter der TU-München, die die verschiedenen Reinigungsstufen überwachen und auswerten.         

Blick in eine der Aufbereitungsstationen. 
Foto: Helmut Glauch | Blick in eine der Aufbereitungsstationen. 

Dass geklärtes Abwasser mehr kann, als nur Füllmaterial für Flüsse zu sein, will man mit dem Verbundprojekt Nutzwasser zeigen. Bedarfsgerechte Managementstrategien für Aufbereitung und Verwendung zu entwickeln, ist das Ziel, um die urbane und landwirtschaftliche Bewässerung in Zeiten des Klimawandels zukunftsfähig zu machen.

Welche unterschiedlichen Anforderungen sich dabei stellen, ist Gegenstand der Forschung. So muss das Wasser für den Gemüseanbau eine andere Qualität haben als das für die Bewässerung eines Stadtbaums oder Sportplatzes. Denn Rückstände im Gießwasser können sich in Salat und Gemüse ablagern.

 
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Kommentare
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  • wochacha
    Politisches Klimagebimbsel. Wikipedia= seit 1961 Niederschlag in SW unverändert.
    Falscher Ansatz. Mehr Versickerung ist besser. Bessere Reinigung ja. Aber ohne Niederschlagswasser. Kostet Energie, verbraucht Chemie.
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  • Reinshagen153@t-online.de
    Zu kurz gedacht!

    Das Wasser geht zur Bewässerung (wobei sehr viel verdunstet!) dem Main verloren, ausgerechnet bei Sommerhitze, wenn der Main eh wenig Wasser führt! Als Pilotprojekt ist das überhaupt nicht geeignet. Wenn das alle so machen, ist der Main in Frankfurt in heißen Sommern nur noch ein Rinnsal aus gereinigten Fäkalien. Das ist ja der BEKANNTE NACHTEIL des Trennsystems! Wenn das im ganzen Einzugsgebiet des Rheins Schule macht, muss die Rheinschifffahrt im Sommer noch eher eingestellt werden, mit allen negativen Konsequenzen für Güterverkehr & Umwelt!

    Spiel mit versteckten Karten!
    Das ist nur ein Alibi-Projekt zur Bewässerung der LGS, die bewusst mit keinem Wort erwähnt wird! Und die Elite-Uni TUM lässt sich im (noch) CSU-dominierten Bayern vor diesen Karren spannen - kennt sie das obige Problem nicht!?

    Bei viel Regen & hohen Wasserständen sollte über gesteuerte Flutpolder Mainwasser in Altmainarme, Auwälder & Baggeseen geführt werden, zum Anstieg Grundwasserspiegels.
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