Ein Jahr den Himmel auf Erden, im Wildpark-Bauernhof, dann kommen sie in den Schweinehimmel." Thomas Leier, Leiter des Schweinfurter Wildparks, beschreibt so das Leben der drei Schwäbisch-Hällischen Hausschweine, die im Wildpark leben und, wenn schlachtreif geworden, eben auch geschlachtet werden. Im Schweinehimmel, wenn es ihn denn gibt, dürfte philosophisch betrachtet, auch nur der geistige Teil der Schweine ankommen.
Doch das ist eine Glaubensfrage, genau wie die, ob es richtig ist, Schweine, die in einem Wildpark leben, in Schinken, Presssack, Blutwurst und Lyoner zu verwursten. Ja, sagt Thomas Leier, denn es sei wichtig, die Haltung von Nutztieren auf einem Bauernhof auch ungeschönt in ihrem ursprünglichen Kontext abzubilden. Seit 2016 unterstützt der Schweinfurter Wildpark die "Züchtervereinigung Schwäbisch-Hällisches Schwein e.V.", die seit 1986 bemüht ist, diese heute wirtschaftlich nicht mehr attraktive und einst fast ausgestorbene alte Hausschwein-Rasse wieder mehr ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken.
Schützen durch Nutzen
Den Bestand sichern, das geht für die Züchtervereinigung und für Thomas Leier nur über die Nutzung. So werden immer im Frühjahr zwei "Schwäbisch-Hällische" zur Schlachtbank geführt. "Schützen durch Nutzen", nennt dies Thomas Leier, und dazu gehört auch Essen. Eine Aussage, die Tierschutz-Aktivisten nicht schmeckt, weshalb es auch schon "Mahnwachen gegen die Schlachtung von Hausschweinen" am Wildpark gegeben hat.
Das ist nichts, was einen Wildparkleiter freut, der Kurs "Bewahrung durch Nutzung" ist für Leier dennoch der richtige. Man dürfe nicht vergessen, dass es sich beim Schwäbisch-Hällischen Landschwein um eine vom Menschen gezüchtete Hausschwein-Rasse handele, die es ohne den Menschen nicht gebe. Die Schweinerasse war einst über die ostindische Kompanie von China zunächst nach England verschifft worden. 1821 holte Wilhelm I., der "Landwirt auf dem Königsthron", die "Chinesenschweine", wie sie damals genannt wurden, von England in sein Königreich Württemberg und verschenkte sie an Bauern.
Das Schwein gilt als zäh und stressresistent und liefert eine ordentliche Speckschicht
Die Bauern kreuzten die Importe mit eigenen Zuchtschweinen, das Resultat war das Schwäbisch-Hällische Schwein, wegen seiner Färbung auch gerne "Mohrenköpfle" genannt. Dieser "Kosename" ist heute genauso von gestern, wie die Schweinerasse selbst. Noch in den 1950er-Jahren standen im Raum Schwäbisch-Hall gut 90 Prozent "Schwäbisch-Hällische" in den Ställen, bundesweit waren es immerhin sechs Prozent. Die Rasse mit dunklem Kopf und Sattel gilt als zäh und stressresistent und liefert das, was früher in der Pfanne begehrt war – eine ordentliche Speckschicht.
Doch schon in den 1960er-Jahren begann der Niedergang der alten Rasse. Mager sollten sie sein und schnell wachsen, die nun geforderten "Industrieschweine" im nach immer mehr Fleisch gierenden Nachkriegsdeutschland. Mit beidem konnte und kann das Schwein aus Schwäbisch-Hall nicht dienen. Zu fett und zu langsam wachsend ist die Sau sozusagen aus der Zeit gefallen. Der Fall war hart. 1969 wurde die Zuchtbuchführung aufgelöst, 1984 war der Bestand auf sieben Sauen und einen Eber zusammengeschrumpft.
Die damals noch junge Züchtervereinigung "Schwäbisch-Hällisches Schwein" nahm die letzten Tiere unter ihre Fittiche. Heute bilden mehr als 350 Herdbuchsauen eine gute Basis. Die EU-Kommission hat "Schwäbisch-Hällisches Qualitätsschweinefleisch" schon 1998 in sein geschütztes Register der geografischen Bezeichnungen mit besonderer Qualität aufgenommen.
Und warum nicht einfach die Schweine halten und darauf warten, bis die Natur die Pforte zum "Schweinehimmel" aufstößt? "Wenn niemand mehr die Produkte von Nutztieren kauft, werden sie auch nicht mehr gehalten und gehen verloren", so Thomas Leier. Genau deshalb wäre diese Nutztierrasse vor etwa 40 Jahren beinahe schon einmal ausgestorben. Leier nennt den Begriff des "Schlachthaus Paradoxons", was bedeute, dass zwar viele Menschen gern ein Schnitzel essen, das Töten der Tiere aber verdrängt wird und unsichtbar sein soll. Solche Naturentfremdung mache sich auch auf anderen Gebieten breit. "Die Leute wollen Naturholzmöbel, aber bitte, ohne, dass dafür ein Baum gefällt wird."
"Fleisch wächst nicht in Styroporschachteln im Supermarkt", so Thomas Leier. Im Sinne der Umweltbildung, auch ein Auftrag des Wildparks, sei es wichtig, dieser Entfremdung der Menschen im Hinblick auf die Haltung von Nutztierarten die Realität gegenüber zu stellen. Mehr als 100 einheimische Tiere stehen auf der Roten Liste gefährdeter Nutztierrassen – das Schwäbisch-Hällische Schwein ist eine davon. "Deswegen haben wir uns für diese Rasse entschieden." Schweinehaltung auf einem Wildpark-Bauernhof ginge natürlich auch mit "normalen Schweinen", dem Ziel, den Bestand einer gefährdeten Rasse zu erhalten, wäre damit aber nicht gedient. "Mit jeder ausgestorbenen Nutztierrasse gehen uns genetische Ressourcen verloren, die uns vielleicht irgendwann weiterhelfen könnten".
Erholung, (Umwelt-)Bildung, Arterhaltung, Artenschutz, die Forschung unterstützen, nennt Leier die Aufgaben eines Wildparks, die weiter gestreut sind, als nur Tiere zu zeigen. Mit dem Schwäbisch-Hällischen Schwein könne man den Menschen zeigen, dass es nicht nur Industrieschweine gibt, dass Schweinehaltung auch anders geht. "Es geht in keinster Weise darum, dass wir über den Wurstverkauf ein paar Euro generieren", betont Leier. Viel wichtiger sei, dieses Thema der Umweltbildung zu besetzen, auch wenn es provokativ ist. "Durch die Haltung der Schweine und deren Schlachtung, möchten wir den Tieren wieder einen Teil ihres ursprünglichen Markt-und Kulturwerts geben."
"Die allermeisten Menschen verstehen aber, was wir hier tun und warum wir es tun." Thomas Leier macht aber auch klar, dass er wieder Kritik wird einstecken müssen, wenn im kommenden Frühjahr sich die Schweinehimmelspforten für zwei/drei Schwäbisch-Hällische öffnen. Die Realität abbilden, der Naturentfremdung der Menschen entgegentreten, ist keine einfache Aufgabe, die Natur und das Leben sind eben "kein Ponyhof".
Alle "Styroporschachtel-Fleischkäufer" würden bei ihrem nächsten Einkauf vielleicht mal das Nachdenken anfangen.
Ich bin mit Hausschlachtungen aufgewachsen. Nicht gerade eine schöne Sache, aber darum geht es ja auch nicht.
Man hatte dann für das nächste halbe Jahr wieder Fleisch, Wurst, Schinken.
Gefüttert mit Getreide, Rüben, Kartoffeln und Essensresten. Das was man eben als Mensch auch selbst gegessen hat.
Und natürlich Bio, ohne das man damals überhaupt wusste was das überhaupt ist.
Ich würde wetten dass dieses Fleisch aus dem Wildpark das Beste und Gesündeste weit und breit ist.
DAS wäre der natürliche Kreislauf, wie er bei Haustieren seit Jahrtausenden normal ist (das einzige nicht normale könnte allerdings die Besamung sein - das könnte auch künstlich erfolgen, um einen Eber zu halten, sind drei Säue zu wenig)
Die Krux ist doch: die süßen Schweinderl werden älter und größer und sind dannnicht mehr einfach nur süß anzuschauen, also werden sie zum Abschließenden Nutzen geschlachtet und ihr Fleisch vermarktet, sodann wieder süße Ferkelchen angeschafft und der Kreislauf beginnt von vorne.
Nur diesen Kreislauf aufrecht zu erhalten ist das Ziel für die Wildparkbetreiber und Sponsoren und nicht der Erhalt einer Rasse!
Denn wenn der Artenschutz hier Vorrange hätten, dann würden sie züchten und nicht schlachten. Aber dafür ist der Wildpark nicht gemacht. Sind zudem ja auch keine Wild-, sondern Haustiere.
Also was soll's - Geld müssen's bringen und Sponsoren befriedigen!
Wenn eine Nutztierrasse nicht genutzt (in diesem Fall geschlachtet) wird, dann stirbt sie aus.
Was das mit den Sponsoren des kostenlosen Wildparks zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht. Auch glaube ich nicht, dass der der Verkaufserlös von ein paar Büchsenwörscht größer ist als Anschaffung, Pflege und Fütterung eines Schweines.