Es klingt paradox: Ausgerechnet im Wildpark Schweinfurt sollen im Frühjahr Schweine aus dem parkeigenen Bauernhof – zwei rund 150 Kilogramm schwere schwäbisch-hällische Landschweine – geschlachtet werden. Noch widersprüchlicher klingt der Grund für die Schlachtung: Mit dem Verkauf der Wurst will der Wildpark auf den Erhalt der Schweinerasse aufmerksam machen. Der Gedanke dahinter: Die Schweinerasse für Züchter attraktiv machen, damit sie in der Landwirtschaft wieder als Nutztiere eingesetzt werden, sagt Wildparkleiter Thomas Leier.
Schweinerasse vom Aussterben bedroht
Wer den Gedanken hinter der Aktion verstehen will, muss die Geschichte der schwäbisch-hällischen Landschweine kennen: 1820 soll der württembergische König Wilhelm I. das Tier aus China importieren lassen haben. Ihre hohe Fruchtbarkeit und die besondere Ferkel-Fürsorge der Mutter ersparte den Bauern viel Aufwand bei der Aufzucht. Das machte sie lange Zeit sehr beliebt in der Landwirtschaft.
In den 60er-Jahren kam es jedoch zum Umbruch: Die Standardisierung der Schweinezucht zu einem „industriegerechten deutschen Einheitsschwein“ und der Import holländischer Magerschweine, die schneller wachsen und eine Rippe mehr haben, machte das Landschwein aus der Hohenlohe zunehmend unattraktiv, erklärt ein Sprecher der Züchtervereinigung der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall. Das „Mohrenköpfle“, wie es in seiner Heimat aufgrund der dunklen Verfärbung an Kopf, Hals und Hinterbeinen genannt wird, galt als „ausgestorbene Schweinerasse“.
„Schützen durch Essen“
Dagegen möchte der Wildpark laut Leier mit seiner Aktion ankämpfen. Einen tatsächlichen positiven Einfluss auf den allgemeinen Marktpreis der Zuchttiere wird die Aktion jedoch kaum haben; mit einem spürbaren Effekt auf die Nachfrage der Schweinefleisch-Esser ist bei den wenigen verkauften Landschwein-Wurstdosen auch nicht zu rechnen.
Das weiß auch Leier – ihm geht es um etwas anderes: „Wir wollen die Leute zum Umdenken anregen“. Wer die Nutztierrassen erhalten wolle, müsse sie nutzen – also schlachten: „Schützen durch Essen“ so die Botschaft. Ob zur Aufklärung nicht auch Flyer, Infotafeln und Veranstaltungen beitragen könnten? „Wir können die Schweinerassen nur erhalten, wenn wir den Worten Taten folgen lassen.“ Alles andere würde den Gedanken hinter Aktion untergraben. Dass Tiere in Zoos und Wildparks getötet werden, sei normal und notwendig, um die Zuchtgruppe genetisch variabel zu halten. Was die Fressfeinde sonst in der Natur machten, würde der Mensch nun in der Zucht übernehmen.
Vorwurf: „Tierarztkosten sparen“
Eine Kritikerin und Tierschützerin vermutet in einem Brief an die Redaktion indes ganz andere Absichten. Sie wirft der Wildparkleitung vor, sie wolle „drohende Tierarztkosten bei älter werdenden Tieren einsparen“ und stattdessen wieder junge Ferkel anschaffen, da diese der „stärkere Publikumsmagnet“ seien.
Tierschlachtungen lehnt die Veganerin, die namentlich nicht genannt werden will, grundsätzlich ab. Stattdessen schlägt sie einige Alternativen vor: Der Wildpark solle Kindern lieber zeigen, wie alt ein Schwein in der Natur werden könne oder Tiere aus schlechter Haltung aufnehmen und Patenschaften anbieten. Das würde zwar die Tiere vor dem Schlachthof bewahren, nicht aber die Rasse der schwäbisch-hällischen Landschweine, wie es im Wildpark beabsichtigt ist.
Leier: „Schweinehimmel auf Erden“
Leier verweist darauf, dass dem Wildpark viel an der Umweltbildung liege. Viele der jungen Besucher würden dort die artgerechte Schautierhaltung kennenlernen. Die Landschweine hätten im Wildpark sogar Kratzbürsten und einen eigenen Whirlpool – der „Schweinehimmel auf Erden“, so Leier. Die Wildparkschweine würden, anders als in der klassischen Fleischproduktion, nicht nach vier bis sechs Monaten, sondern erst nach einem Jahr geschlachtet werden. Die Idee des „ersten veganen Wildparks Deutschlands“, wie ihn die Tierschützerin in ihrem Brief vorgeschlagen hatte, lehnt Leier dennoch ab: „Das ist mit dem Ziel, genetische Populationen zu erhalten, nicht vereinbar.“
Stellungnahme der „Freunde des Wildparks Schweinfurt e.V.“ zum Main-Post Artikel „Ihr Wurst soll für die Rasse werben“ vom 11. Januar 2018
Das Thema Artensterben ist aktuell in aller Munde. Meist denkt man dabei jedoch an Elefanten in Afrika oder Tiger in Asien. Die wenigstens wissen, dass allein in Deutschland mehr als 100 heimische Tiere auf der „Roten Liste der gefährdeten Nutztierrassen“ der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH), die regelmäßig von Fachleuten aktualisiert wird, stehen.
„So widersprüchlich es sich für manche anhören mag, bei vom Aussterben bedrohten Nutztieren ist aufessen ausdrücklich erwünscht. Wenn niemand mehr die Produkte von diesen Tieren kauft, werden sie nicht gehalten. Mit der bewussten Haltung und Nutzung der wertvollen Schweinerasse „Schwäbisch-Hällisches Landschwein“ geht der Wildpark Schweinfurt den richtigen Weg und trägt zum aktiven Erh
Der Tierparkleiter hat recht. Ich wünsche ihm "ein dickes Fell" bei dem Shitstorm, den die sogenannten Tierschützer vermutlich verursachen.
ohne die Möglichkeit der Vermarktung gibt es keine Chance, dass sich auch Menschen finden, die sich um ihre Erhaltung kümmern - oder im Gegenteil: wenn Wege aufgezeigt werden, mit diesen Rassen auch wirtschaftlich arbeiten zu können, haben sie eine Chance und Möglichkeit.
Da gibt es Zwei-Nutz-Hühner, die sowohl für Fleisch- als auch Eierleistung sind, Schafrassen, die sowohl für Fleisch- als auch Wollproduktion taugen - usw.!
Dabei ist dem Schweinfurter doch dasjenige das liebste Tier, daß bei der Schlachtschüssel gereicht wird. Mahlzeit !