
Eigentlich wollte er nie Politiker werden. "Weil ich zu ehrlich bin", sagt Roland Probst. Doch jetzt tritt der 69-Jährige aus Euerbach bei der Landtagswahl am 8. Oktober als Direktkandidat der ÖDP im Stimmkreis Schweinfurt an. Er hat zwar schon zweimal für den Bezirkstag kandidiert, hatte aber noch nie ein politisches Amt inne. Und er rechnet sich auch diesmal geringe Chancen aus. In Umfragen rangiert die ÖdP mit ein bis zwei Prozent unter "Sonstige".
Trotzdem geht Roland Probst den Wahlkampf ernsthaft an. Allerdings anders, als die Mitbewerberinnen und Mitbewerber. Wahlveranstaltungen gibt es nicht. "Wir sind ja nur fünf Aktive im Kreisverband Schweinfurt." So wurden insgesamt auch nur 60 Wahlplakate im Landkreis aufgehängt. Auch diese sehen anders aus als die der anderen Parteien. Der ÖdP-Kandidat hat sich nicht ablichten lassen. Denn wichtiger als sein Gesicht sei die politische Botschaft.
Zum Beispiel, dass das Aussterben von Pflanzen und Tieren gestoppt werden muss. Oder die Würde des Menschen und allen Lebens zu achten ist. Oder dass die ÖdP eine "Partei ohne Filz" ist, wie es auf einem Plakat steht. Denn als erste Partei in Deutschland verzichte die ÖdP bereits seit ihrer Gründung 1982 vollständig auf Konzernspenden, erklärt Probst. Damit beuge man Lobbyismus, Korruption und Beeinflussung vor. "Das macht uns absolut unabhängig."
Eigentlich wollte Probst anfangs gar keine Wahlwerbung machen, weil das Plakatieren ökologisch nicht sinnvoll sei. "Die ganzen Wahlplakate gehören abgeschafft", sagt er und schlägt vor, dass sich Parteien mit ihrem Wahlprogramm in einem Sammelheft präsentieren, das an alle Haushalte verteilt wird. "Ich weiß, dass so etwas aber nicht akzeptiert wird", bedauert er.
Flächenfraß eindämmen
Die Kernthemen der ÖdP sind Klimaschutz, Artenschutz, Familienpolitik, Gemeinwohl-Ökonomie und Abkehr vom Wachstumswahn. "Wir müssen den Flächenfraß eindämmen", kritisiert Probst das Ausweisen immer neuer Gewerbegebiete. Auch in seiner Heimatgemeinde: "Die Tankstelle und den Supermarkt hätte man nicht gebraucht."
Um die fehlende Einnahmen zu kompensieren, schlägt er vor, dass die Hälfte aller Gewerbesteuer nach Einwohnern gestaffelt bayernweit unter allen Kommunen verteilt wird. So bekäme jeder etwas ab, und der Anreiz für neue Gewerbegebiet wäre gemindert.
Auch die Sehnsucht nach einem eigenen Haus sollte laut Probst nicht mit immer mehr neuen Baugebieten auf den Dörfern befriedigt werden. "Wir müssen mit weniger zurecht kommen, weil die Flächen nur begrenzt vorhanden sind."
Warum ist der Euerbacher nie in die Gemeindepolitik gegangen, wo er solche Ideen hätte einbringen können? "Ich wollte nicht als Einzelkämpfer auftreten", begründet Probst. In Euerbach gibt es keinen ÖdP-Ortsverband, folglich auch keine ÖdP-Gemeinderatsliste. Zudem sei er durch Beruf und Familie sowie die Parteiarbeit seit 2001, als er ÖdP-Mitglied wurde, ausgelastet gewesen. "Ich möchte nichts machen, was ich nicht richtig machen kann."
Klare politische Ziele für die Region
Überhaupt: "Man muss nicht unbedingt aktiv in einem Parlament tätig sein, um erfolgreich zu sein", meint Probst und verweist auf die erfolgreichen von der ÖdP angestoßenen Volksbegehren "Rettet die Bienen", "Ja zum Nichtraucherschutz" und "Schlanker Staat ohne Senat". Mitunter könne man als Opposition außerhalb des Landtags sogar mehr erreichen.
Trotzdem hofft der 69-Jährige natürlich, bei der Wahl am 8. Oktober viele Stimmen zu bekommen, weil es eines ökologischen Korrektivs im Landtag bedürfe. "Wir leben, was die Grünen propagieren", sagt Probst und ist fest überzeugt, dass die ÖdP auch in einem Parlament ihrer Linie treu bleiben würde.
Klare politische Ziele formuliert Probst für seine Heimatregion: "Ich möchte die dezentrale Energiewende voranbringen." Das heißt, den Fokus auf den Ausbau von PV-Anlagen und örtlichen Stromnetzen richten. Als Landtagsabgeordneter würde er den Kampf der Bergrheinfelder gegen SuedLink unterstützen. Das neue Einkaufszentrum in Oberndorf übrigens lehnt Probst genauso ab. "Ökologisch ist das nicht sinnvoll."
Den Wahlabend wird der Euerbacher ÖdP-Kandidat zuhause verbringen. Vielleicht legt er Musik auf. Möglicherweise den 17-minütigen Welthit seiner Lieblings-Rockband Iron Butterfly: "In-A-Gadda-Da-Vida".
So verschwinden die Stimmen unter der 5% Hürde wo sie hin gehören.