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Schweinfurt
Ob Dienstrad oder Jobrad: Leasing-Modelle großer Arbeitgeber retten Fahrradhändlern in Schweinfurt das Geschäft
Der Fahrradboom ist langlebig. Während der Pandemie wurde der Höhenflug zum Senkrechtstart. Jetzt sorgt Fahrradleasing trotz schlechtem Konsumklimas für Nachfrage.
E-Bikes boomen. Beim Fahrradleasing sind die elektrisch betriebenen Zweiräder stark nachgefragt.
Foto: Silvia Gralla | E-Bikes boomen. Beim Fahrradleasing sind die elektrisch betriebenen Zweiräder stark nachgefragt.
Gerd Landgraf
Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 26.05.2024 02:39 Uhr

Keiner der Inhaber, Geschäftsführer oder Verkaufsleiter der fünf Fahrradläden in Schweinfurt war so deutlich wie einer der Mitarbeiter: "Das Fahrradleasing hat uns nach dem Fahrradboom den Arsch gerettet." Noch bis 2022 hatte die Pandemie als Umsatztreiber der Fahrradbranche ständig neue Verkaufsrekorde beschert. Dann kam das Jahr 2023. Die Händler hatten hohe Stückzahlen bestellt, für das Vorjahr georderte Räder kamen mit einjähriger Verspätung, die Lager waren übervoll und das Konsumklima im Keller.

Nach wie vor meldet die Branche europaweit Pleiten bei Marken, Teileherstellern, Verkauf und Vertrieb. In und um Schweinfurt sind die Händler jedoch zufrieden – auch und insbesondere da die Anzahl der Firmen, die den Mitarbeitern das Fahrradleasing anbieten, stetig steigt. Wenn Großbetriebe wie ZF oder Schaeffler den kostengünstigen Einstieg in die Mobilitätswende ermöglichen, kommt es zu einem regelrechten "Schub bei der Nachfrage", so Joachim Bischof von "Schauer der Radmarkt" in Schweinfurt.

Das Leasing laufe "hervorragend" und sei ein "echter Umsatzbringer", sagt Bischof. Jedes zweite E-Bike wird in der Rudolf-Diesel-Straße nicht gekauft, sondern geleast. Und ein E-Bike soll es schon sein. Nicht einmal fünf Prozent der Leasingkunden entscheiden sich für ein Bio-Rad (Räder ohne Motor). Der Preis steht bei der Entscheidung nicht im Vordergrund. Bei einem Abzug vom Bruttolohn in Höhe von 65 plus X Euro ist das Sortiment mit einem Neupreis von 3500 bis 4500 Euro ganz hoch im Kurs, heißt es bei Schauer.

Besonders beliebt als Dienstrad ist das E-Bike. 
Foto: Stefan Sauer | Besonders beliebt als Dienstrad ist das E-Bike. 

Gefragt ist alles, vom Cityrad bis zum Mountainbike und selbst Kinderfahrräder, da ein Teil der Unternehmen beim Leasing dem Arbeitnehmer gleich zwei Räder gestattet und das Arbeitnehmerleasing nichts mit dem Weg von und zur Arbeit zu tun hat. Mit der Abwicklung über die Leasingfirmen ist Bischof "sehr zufrieden", wenn auch manch kleinerer der Dienstleister hohe Provisionen einfordere. Bischof: "Entweder du machst das Geschäft oder du machst keines."

2022 hatte die Fahrradbranche ein Allzeithoch. Auch im vergangenen Jahr, als immer mehr Akteure der Branche strauchelten, lief der bundesweite Absatz trotz allgemein negativem Konsumklima gut und auf dem schon vor der Pandemie hohem Niveau – aber nicht mehr zu neuen Rekorden. Laut ZIV (Interessensverband der Deutschen Fahrradindustrie) besitzen die 84 Millionen Bundesbürger 84 Millionen Fahrräder, darunter elf Millionen E-Bikes. 2022 wurden erstmals mehr Elektroräder (2,1 Millionen, Durchschnittspreis 2950 Euro) als Bio-Räder (1,9 Millionen, 470 Euro) an den Mann gebracht.

Geleast wird aus dem Preissegment "Mitte bis höhere Mitte"

Beim Leasing ordert der Arbeitgeber das vom Arbeitnehmer ausgesuchte Rad und überlässt es diesem per Entgeltumwandlung. Argumente für die Arbeitgeber sind ein niedriger Krankenstand, fittere Mitarbeiter und ein steigendes Sozialprestige. Gleiches gilt für die Arbeitnehmer, die nach Ablauf von drei Jahren das Rad für zumeist 40 Prozent des Listenpreises kaufen können.

Bei Julius Kneitz vom Fahrstil-Radladen in der Schweinfurter Schopperstraße stehen nach einer Freigabe des Leasings durch die großen Firmen "die Mitarbeiter auf der Matte". Geleast wird aus dem Preissegment "Mitte bis höhere Mitte". Kneitz weiter: "Leasing ist ein Verkaufstreiber und für uns positiv. Gleichzeitig muss man sagen, dass die meisten Leasinganbieter beim Händler die Hand aufhalten."

Eine der großen Leasingfirmen ist die Deutsche Dienstrad, die aktuell im Schweinfurter Gewerbepark Maintal baut und dort im nächsten Jahr 200 Mitarbeiter beschäftigen will. Die Deutsche Dienstrad verbindet Arbeitgeber, Arbeitnehmende und Fachhändler mit einer volldigitalen Infrastruktur, über die Fahrräder bestellt, geleast und verwaltet werden können. Die Zusammenarbeit mit bundesweit über 6000 Fach- und Online-Händlern bietet eine fast lückenlose Auswahl an Fahrrädern.

Bei Zweirad Seifert in Bergrheinfeld wird das Leasing "gut angenommen", so Winfried Seifert. An die Frau und an den Mann gehen zu 95 Prozent E-Bikes, wobei die Jüngeren Mountainbikes, Ältere Räder mit Schutzblech, Licht und Gepäckständer bevorzugen. Ein "Sehr gut" vergibt der Inhaber an die großen Leasingfirmen. Bei kleineren Anbietern bleibe das "Gezerre" um das Geld öfters nicht aus.

"Alles funktioniert wunderbar", so Uwe Buchwald von Zweirad Borndörfer in der Schweinfurter Schultesstraße. In den vergangenen Wochen hat Buchwald eine aufkeimende Zurückhaltung notiert, die er in der Diskussion um die Sicherheit der Arbeitsplätze in der Schweinfurter Industrie begründet sieht.

"Mega gut, total gut" läuft das Fahrradleasing bei Müller's Radladen in Gerolzhofen. Geleast wird auch hier, was der Markt an E-Bikes anbietet – bei Listenpreisen "ab 2500 bis 8000 Euro und mehr", sagt Sebastian Lautner.

 
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