
Falls Mandy tatsächlich etwas von dem großen Auftritt, der ihr in ein paar Tagen bevorsteht, ahnen sollte, dann ist sie eine echt coole Socke. Denn betont lässig läuft die Pony-Dame am Zügel neben Alexandra Krämer über die Wiese ihrer Koppel. Aufregend findet sie allein den Extra-Besuch, den sie an diesem Nachmittag erhält. Der Fototermin an sich interessiert sie kaum.
Es sind genau diese Eigenschaften, ihre Unaufgeregtheit und ihr gutes Gemüt, die Mandy den Job am Montagabend, 11. November, in Gerolzhofen beschert haben. Dort wird die 17 Jahre alte Pony-Stute den Heiligen Martin auf dem Rücken auf den Marktplatz tragen. Hunderte Kinderaugen und mindestens nochmal so viele Augen von Erwachsenen werden jedes Scheuen, jede noch so kleine Regung von Mandy verfolgen. Es könnte sein, dass Mandy an diesem Abend sogar den vielen bunten Laternen die Show stehlen wird, zumindest für ein paar Momente.
Am Martinstag um 18 Uhr werden die Gerolzhöfer Kinderhäuser St. Martin und St. Regiswind auf dem Marktplatz ihre Laternenfeier abhalten. Die Gruppen ziehen sternförmig dorthin. Es ist das erste Mal seit dem Corona-Ausbruch vor gut viereinhalb Jahren, dass es eine zentrale Feier für alle Kindergarten-Gruppen auf Marktplatz geben wird. "Wir wollen das in diesem Jahr ausprobieren", sagt Sabine Klein, eine der beiden Leiterinnen der Kinderhäuser.
Tolle Kulisse, besondere Atmosphäre
Die gemeinsame Martinsfeier schließt laut Klein die pädagogische Arbeit zu diesem Thema in den Gruppen ab. "Die Kinder dürfen dann nochmals alle zusammen sehen und staunen", sagt sie. Der Marktplatz böte eine tolle Kulisse und eine ganz besondere Atmosphäre. Vor Corona fand die Martinsfeier jährlich dort statt.

Eine solche Feier ohne den Heiligen Martin auf einem Pferd – das geht nicht. Da waren sich die Verantwortlichen einig. Und so kam Alexandra Krämer und ihre Mandy ins Spiel. Krämer betreibt mit ihrem Mann in Vögnitz ein Gestüt, auf dem rund 45 Pferde und Ponys leben. Sie selbst züchtet Connemara-Ponys.
Die Vertreter der aus Irland stammenden Pferderasse gelten als sehr gelassen. Und Mandy, deren kompletter Name inklusive Zuchtherkunft eigentlich Sternbergs Mandy lautet, sei zudem ein sehr erfahrenes Pferd, versichert deren Besitzerin. "Es gibt da gar nicht so viele Pferde, die sich für einen solchen Auftritt bei einem Martinsumzug eignen", sagt sie.
Kinder und Trubel gewohnt
Die Dunkelheit, die vielen Menschen, die das Tier umringen, die bunten Lichter der Laternen – das alles, was Menschen an einer Martinsfeier lieben, stresst ein Tier. Ein Pferd, das hier zum Einsatz kommt, müsse im Schritt ruhig bleiben, an Kinder und an Trubel gewohnt sein. "Viele Menschen, die durcheinander wirbeln, dürfen das Pferd nicht durcheinander bringen", bringt es Züchterin Krämer auf den Punkt.
Bei Mandy kann sie sich sicher sein, dass sie spurt. "Dass ein Pferd nicht mal ausflippt, da kann man sich nie völlig sicher sein. Ein Pferd ist und bleibt ein Fluchttier", sagt Krämer. Doch ein Pferd dürfe in so einer Situation nie kopflos werden und am Ende unkontrolliert drauflos galoppieren, über Menschen hinweg. So etwas würde Mandy nie machen, ist Krämer überzeugt. Sie kennt das Pony, seitdem dieses ein Fohlen war.
Krämer wird Mandy am Montagabend selbst reiten, verkleidet als Heiliger Martin, mit Umhang, Helm und Schwert. Solche Auftritte als Reiterin bei Martinsfeiern hat die 45-Jährige aus Vögnitz schon als Jugendliche gerne übernommen, in Oberspiesheim und Unterspiesheim, später auch in Alitzheim. "Ich finde die Geschichte vom Heiligen Martin selbst sehr schön", sagt Krämer. Das Thema des Teilens, das im Zentrum der biblischen Legende steht, sei schließlich auch in der heutigen Zeit wichtig.
Pflegeprogramm für Schimmel-Dame
Und wenn bei einer solchen Martinsfeier ein echtes Pferd dabei ist, dann mache das den Kindern deutlich mehr Spaß, meint Krämer. Deshalb investiert sie dafür auch Zeit und macht sich Mühe, um in diesem Jahr der Martinsfeier in Gerolzhofen mit Mandy an ihrer Seite das besondere Etwas zu bieten. Zeit koste es sie allein deshalb, weil sie die Schimmel-Dame lange schrubben muss, um diese vom Schmutz der Koppel zu befreien. Mandys helles Fell solle schließlich strahlen, sagt die Züchterin, die schon auch stolz auf den großen Auftritt ihres Ponys ist.

Während ihrer Auftritte an Sankt Martin habe sie bisher noch nie brenzlige Situation erlebt, sagt Krämer. Mit Mandy ist sie schon mehrmals aufgetreten und ist sich sicher: Es wird auch dieses Mal alles klappen. Wichtig sei nur, dass keine Kinder zwischen den Beinen des Pferdes herumrennen. Dann dürfe das weiße Connemara-Pony nach dem Auftritt sogar gestreichelt werden.
Am Ende der Martinsfeier bewirtet der Rotary Club die Anwesenden. Die katholischen Kinderhäuser haben zu der Veranstaltung auch den Wald- und den Naturkindergraten eingeladen. Auch andere Kinder und Zaungäste sind laut den Veranstaltern willkommen.