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Schweinfurt
Neuer Außenstellenleiter des Weißen Rings in Schweinfurt: Bernd Kohl löst Wiltrud Werner ab
Mehr als 200 Betroffene hat der Verein in Werners Zeit als Verantwortliche in Schweinfurt begleitet. Die Straftaten, denen sie zum Opfer gefallen sind, waren vielfältig.
Der Weiße Ring Schweinfurt hat einen neuen Außenstellenleiter: Bernd Kohl (links). Er hat seine langjährige Vorgängerin Wiltrud Werner (rechts) abgelöst. 
Foto: Lisa Marie Waschbusch | Der Weiße Ring Schweinfurt hat einen neuen Außenstellenleiter: Bernd Kohl (links). Er hat seine langjährige Vorgängerin Wiltrud Werner (rechts) abgelöst. 
Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 20.05.2024 02:39 Uhr

An seinen ersten Einsatz beim Weißen Ring kann sich Bernd Kohl noch gut erinnern. Eine ältere Frau war in der Schweinfurter Keßlergasse überfallen worden. Kohl half ihr, war bei der Kontosperrung und bei der Gemeinde dabei. "Sie spricht mich heute noch an in der Stadt, wenn sie an mir vorbeigeht", sagte er bei seiner Amtseinführung als Außenstellenleiter des Weißen Rings Schweinfurt.

Die Fälle selbst seien fürchterlich, schrecklich. "Aber wenn man helfen und das Leid der Opfer ein bisschen mindern kann, dann bin ich zufrieden. Das ist das, warum ich es mache." Seit 1. Mai ist der 63-Jährige, Sozialversicherungsfachangestellter und Krankenkassenfachwirt im Ruhestand, offiziell im Amt. Damit hat er seine langjährige Vorgängerin Wiltrud Werner abgelöst. Vertreten wird Kohl fortan von Diplom-Psychologin Claudia Schneider.

Feierliche Verabschiedung im Landratsamt Schweinfurt

Bei einem feierlichen Akt im Landratsamt Schweinfurt dankten Landrat Florian Töpper, Sozialreferatsleiter der Stadt, Jürgen Montag, Polizeichef Markus Hack und der Landesvorsitzende des Weißen Rings Bayern Nord, Wolfgang Schwarz, der langjährig Engagierten und begrüßten den Neuen im Amt. Dabei machten sie auch auf die wichtige Arbeit des im September 1976 gegründeten "gemeinnützigen Vereins zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten e.V." aufmerksam. 

"Opfer waren zu dieser Zeit im Wesentlichen für den Staat Zeugen im Strafprozess", sagte Schwarz. "Opferrechte in der Strafprozessordnung waren praktisch nicht existent." Auch Polizeichef Hack betonte, dass nahezu immer der Täter oder die Täterin im Fokus stehe und viel zu selten die Perspektive der Betroffenen beleuchtet werde.

Besonders aktuelle Betrugsmaschen, in denen sich Unbekannte als vermeintliche Angehörige oder falsche Polizistinnen und Polizisten ausgeben, beschäftigen ihn sehr. "Für mich ist im Moment diese Form der Kriminalität die perfideste", sagte Hack. Immer wieder würden "gestandene Männer", die der Betrugsmasche zum Opfer gefallen sind, bei der Polizei Schweinfurt sitzen und zu weinen beginnen. "Dann lässt uns das auch als Polizei nicht kalt."

Neun Tötungsdelikte in Schweinfurt, 27 Angehörige betreut

Auch diesen Betroffenen bietet der Weiße Ring seine Hilfe an. Zu den großen Themen gehören zudem: Kindesmissbrauch, häusliche Gewalt, Vergewaltigung, Tötungsdelikte. In Wiltrud Werners Zeit als Verantwortliche bearbeitete der Weiße Ring Schweinfurt 221 Fälle. "Das hört sich nicht viel an, aber teilweise betreuen wir die Opfer über viele Jahre", betonte Werner. In ihrer Zeit habe es neun Tötungsdelikte in Schweinfurt gegeben, "hier betreuten wir 27 Angehörige, auch in finanzieller Hinsicht".

"Im aktuellen Fall, der die Schlagzeilen der Presse füllt, wurden von uns bisher 112 Stunden ehrenamtlich geleistet", sagte Werner. Was sie meint: das Verfahren gegen den Kopf der Gemeinschaft "Go&Change", der sich unter anderem wegen Vergewaltigung vor dem Landgericht Schweinfurt verantworten muss. Der Prozess dauert voraussichtlich noch bis Ende Juni an.

Mitgliederzahl des Weißen Rings sinkt

Der Weiße Ring ist inzwischen von einst 17 Gründungsmitgliedern auf 43.000 Mitglieder deutschlandweit angewachsen. Tendenz sinkend. Konkrete Erklärungen dafür hatte der Landesvorsitzende Schwarz nicht parat, machte aber die Wichtigkeit der Mitgliederzahl deutlich: "Viele Mitglieder bedeuten eine große Lobbymacht. Und darüber sind wir uns einig: Kriminalitätsopfer brauchen eine Lobby."

Der Neue im Amt, Bernd Kohl, engagiert sich seit April 2012 bei der Außenstelle Schweinfurt. Wenn er nicht gerade beim Weißen Ring tätig ist, mache er ehrenamtlich entomologische Beobachtungen für die untere Naturschutzbehörde. "Schmetterlingskunde", erklärte er. Außerdem informiere er Schüler über die Naturschutzorganisation WWF und fahre gerne Motorrad. Für den Weißen Ring agiert er fortan als Ansprechpartner für Justiz und Polizei und als Sprachrohr für Opferbelange. 

Dabei kann er auch weiterhin auf die Unterstützung von Wiltrud Werner, die Polizeichef Hack als "Cheflobbyistin für Kriminalitätsopfer in Schweinfurt" bezeichnete, setzen. Ganz aufhören will die nämlich noch nicht, auch wenn als Außenstellenleiterin für sie Schluss ist. Wolfgang Schwarz verabschiedete sie als "sympathische Kollegin mit viel Herz und Empathie". Er sagte: "Bei dir waren die Opfer gut aufgehoben."

 
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