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Schweinfurt
Nachhaltigkeit: Wie unser Wasser in Zukunft sauber bleiben kann
Weltweit steigt der Bedarf an Trinkwasser, Mangel droht. Ein Schweinfurter Unternehmen entwickelt Testsysteme für die Abwasseranalytik, die auch das Corona-Virus erkennen.
Neben der Unsicherheit über die Verfügbarkeit von Wasserressourcen nimmt die Zahl an Schadstoffen, die ins Abwasser gelangen, kontinuierlich zu. Im Symboldbild: das Klärwerk Kitzingen.
Foto: Lisa Marie Waschbusch | Neben der Unsicherheit über die Verfügbarkeit von Wasserressourcen nimmt die Zahl an Schadstoffen, die ins Abwasser gelangen, kontinuierlich zu. Im Symboldbild: das Klärwerk Kitzingen.
Kathrin Koltunow
 |  aktualisiert: 09.02.2024 05:00 Uhr

Ohne Wasser kein Leben. Ohne Wasser keine Nahrung. Doch obwohl die Erdoberfläche zu 70 Prozent mit Wasser bedeckt ist, beginnt für den Menschen das notwendige Gebrauchswasser, nämlich Süßwasser, knapp zu werden. Die wachsende Weltbevölkerung sowie Urbanisierung und Industrialisierung haben den Wassermangel in vielen Ländern verschärft. Über zwei Milliarden Menschen weltweit haben keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Gleichzeitig steigt der Verbrauch jedes Jahr um ein Prozent und ist heute sechs Mal so groß wie vor 100 Jahren.

Dazu hat der Klimawandel Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Wasserressourcen, wie Jörg E. Drewes, Professor am Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft an der TU München, erklärt: „Selbst im Freistaat Bayern, der eigentlich wasserreich ist, sehen wir Grundwasserspiegel, die fallen – und zwar flächendeckend.“

Testsysteme zur Abwasseranalyse

Umso wichtiger werden Technologien, mit denen sich die Menge des brauchbaren Wassers erhöhen lässt – entweder durch die vermehrte Gewinnung von sauberem Trinkwasser aus dem Meer oder durch die Aufbereitung von benutztem oder verunreinigtem Wasser. Thomas Benkert, Biochemiker im Bereich molekulare Genetik, entwickelt mit seinem in Schweinfurt ansässigen Unternehmen DyeNA Genetics Testsysteme für die mikrobiologische Abwasseranalytik: Mithilfe der quantitativen Real-Time PCR (kurz: qPCR), einer Vervielfältigungsmethode für Nukleinsäuren, können dabei lebende und tote Bakterien in Abwasserproben präzise bestimmt werden.

Im Labor von DyeNA Genetics in Schweinfurt wird an Analysemethoden geforscht, um Kläranlagen sauberer zu machen. 
Foto: Oliver Mauder / DyeNA Genetics GmbH | Im Labor von DyeNA Genetics in Schweinfurt wird an Analysemethoden geforscht, um Kläranlagen sauberer zu machen. 

Durch den Klimawandel und die verringerte Niederschlagsmenge werde die Ressource Wasser in Zukunft sehr viel wichtiger werden, sagt Benkert: „Deswegen ist für uns das Thema Nachhaltigkeit ziemlich wichtig. Durch unsere Analysetestsysteme können wir Kläranlagenbetreibern Hilfsmittel und Möglichkeiten an die Hand geben, die Mikrobiologie in ihrer Anlage besser zu beurteilen. Dies führt dazu, dass bestmöglich geklärtes Abwasser in die Gewässer eingeleitet wird.“

Die Real-Time PCR wird dabei eingesetzt, um schnell zuverlässige, präzise Ergebnisse zu erzielen. Das ist auch der Fall in der aktuellen Corona-Pandemie: Mit dieser Methode wird SARS CoV-2 beim Menschen nachgewiesen. In den Niederlanden konnten Forscher das Virus im Abwasser einer Gemeinde nachweisen, noch bevor erste klinische Symptome und Infektionsfälle gemeldet wurden. Da der Nachweis des Virus somit eine Art „Frühwarnsystem“ sein kann, hat DyeNA Genetics ein Corona-Testsystem speziell für die Abwasseranalytik entwickelt. Die Messung der Viruslast im Abwasser könne dazu beitragen, die Dunkelziffer der Infizierten besser einschätzen zu können, sagt Benkert: „Das ist sozusagen ein doppeltes System, was ziemlich vorteilhaft ist.“

Schadstoffe im Abwasser nehmen zu

Neben der Unsicherheit über verfügbare Wasserressourcen nimmt die Zahl an Schadstoffen, die ins Abwasser gelangen, kontinuierlich zu. Durch die fortschreitende Industrialisierung und wachsende Bevölkerungsdichte stieg die Belastung der Oberflächengewässer stetig.

Im Wesentlichen hängt es von Privathaushalten, Krankenhäusern, Industrie und nicht zuletzt von der Landwirtschaft ab, wie mit Trink- und Brauchwasser umgegangen wird und wie stark es durch die Benutzung verunreinigt wird. „Es gibt viele pharmazeutische Reststoffe oder Mikroplastik, von denen wir noch nicht wissen, was es eigentlich bedeutet, wenn sie in der Umwelt sind“, sagt Wasserwirtschaftsingenieur Jörg E. Drewes.

Alternativen für die Zukunft

Doch wie sehen Lösungen für Wasserkreisläufe in der Zukunft aus? Durch die im Abwasser gebundene chemische Energie könnten organische Stoffe beispielsweise in Biogas umgewandelt und verstromt werden, sagt Drewes: „Tatsächlich gibt es heute schon Anlagen, die 100 Prozent ihres Eigenbedarfs aus dem Biogas, das aus dem Abwasser gewonnen wird, decken.“ Da die Aufbereitung von Wasser und Abwasser sehr viel Energie benötigt, ließen sich somit Potenziale der Energierückgewinnung nutzen.

Das derzeitige Abwassersystem stehe vor erheblichen Herausforderungen. Umso dringlicher sind Lösungen, bei denen Wasserkreisläufe partiell geschlossen werden und Wasser aufbereitet zurückgeführt wird. 

Serie Bioökonomie

Nachhaltigkeit: Wie unser Wasser in Zukunft sauber bleiben kann
Dieser Artikel ist Teil der Serie Bioökonomie, die in loser Reihenfolge erscheint. Beteiligt sind rund 200 Studierende der Universität Würzburg, der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt und der Macromedia-Hochschule Köln. Alle Texte finden Sie unter: www.mainpost.de/bioökonomie
Das Projekt findet im Rahmen des "Wissenschaftsjahres 2020/21" statt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Eine Multimediareportage der Studierenden finden Sie unter www.bioökonomie.info. Weitere Informationen gibt es unter www.wissenschaftsjahr.de.
jst
 
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