
Nach dem starken und vielen Regen Anfang Juli herrschte im Raum Gerolzhofen an vielen Orten Land unter. Die Überflutungen trafen besonders die Gemeinden Michelau, Dingolshausen, Donnersdorf, Lülsfeld und Oberschwarzach. Auch in der Stadt Gerolzhofen trat am Freitag, 9. Juli, der Volkach-Bach an mehreren Stellen übers Ufer. Zeilitzheim verwandelte sich tags darauf in eine Seenlandschaft. Am 11. Juli überflutete Wasser, das aus der Flur kam, mehrere Anwesen in Mönchstockheim. Die örtlichen Feuerwehren waren an diesen Tagen stundenlang im Einsatz, um die Wassermassen einzudämmen und etliche Keller auszupumpen. Müssen diejenigen, die die Hilfe der Feuerwehren in Anspruch genommen haben, damit rechnen, dafür zur Kasse gebeten zu werden?
Anlass, dieser Frage nachzugehen, ist eine Entscheidung des Ferienausschusses des Gemeinderats Wiesentheid. Dieser hatte Anfang September beschlossen, den Bürgerinnen und Bürgern die während des Hochwassers von den Feuerwehren geleistete Hilfe zu verrechnen – mit dem laut Kostensatzung fälligen Mindestbetrag von 150 Euro pro Einsatz. Diese Entscheidung hatte nicht nur unter den Einwohnern Wiesentheids für Aufregung und Unverständnis gesorgt, auch die örtliche Feuerwehr, deren Kommandant Michael Rückel selbst im Gemeinderat sitzt, jedoch an der Entscheidung des Ferienausschusses nicht beteiligt war, hatte dafür wenig Verständnis gezeigt.
Gemeinde verzichtet nach Protest auf Kostenbescheide
Vielleicht hat die Aufregung dazu beigetragen, dass der Markt Wiesentheid mittlerweile davon Abstand genommen hat, die Hochwasser-Einsätze aus dem Juli tatsächlich zu verrechnen. Begründet wird der Umschwung damit, dass in den vorliegenden Fällen von "unbilliger Härte" auszugehen sei und die Betroffenen die Gebührenbescheide, die noch nicht verschickt waren, auch nicht mehr erhalten werden. Wiesentheids Bürgermeister Klaus Köhler spricht zudem von Fehlern in der Kommunikation des Themas, das damit vom Tisch zu sein scheint.

Doch wie gehen die Stadt Gerolzhofen und die Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Gerolzhofen mit den angefallenen Kosten für die Hochwasser-Einsätze der Wehren um? Ist dort daran gedacht, Gebührenbescheide zu verschicken? Immerhin war beispielsweise allein die Feuerwehr Gerolzhofen nach Angaben des Gerolzhöfer Bürgermeisters Thorsten Wozniak am 9./10. Juli zu 40 Hochwasser- und Unwettereinsätzen ausgerückt und zwölf Stunden am Stück im Einsatz.
Unklare Lage macht eine Abrechnung kompliziert
Auf Nachfrage dieser Redaktion beruhigt Wozniak alle Betroffenen in Gerolzhofen. Seinen Angaben nach bräuchte niemand Kosten für die Hochwasser-Einsätze der Feuerwehr zu fürchten. "In der Stadt Gerolzhofen werden bei Unwettereinsätzen, vornehmlich bei Einsätzen, bei denen die Kosten nicht ohne Weiteres auf einzelne Betroffene aufgeteilt werden können, keine Kosten verrechnet", stellt der Bürgermeister klar. Er schildert hier ein grundsätzliches Vorgehen, wonach die Stadt Feuerwehreinsätze dann nicht verrechne, wenn die Gesamtlage unklar ist und die Feuerwehr zeitgleich mehrere Einsatzstellen abarbeitet. Bei Unwetterlagen, wie dem Juli-Hochwasser, ist davon wohl immer auszugehen.

Ein Grund für diese Entscheidung sei auch dem Umstand geschuldet, dass die Stadt der Feuerwehr in derartigen Situationen, in denen es in erster Linie darum geht, möglichst vielen Betroffenen möglichst schnell zu helfen, nicht auch noch zumuten möchte, jede Einsatzstelle und jede dort geleistete Leistung so hieb- und stichfest zu dokumentieren, dass diese später auch 100-prozentig stimmig abgerechnet werden kann. Denn dies wäre wiederum eine Voraussetzung dafür, dass die Stadt den "Aufwendungs- und Kostenersatz" für Einsätze der Feuerwehr gemäß der geltenden Satzung verrechnen kann.
Exakte Regeln für die Verrechnung der Einsätze
Diese im Gerolzhöfer Amtsblatt vom 13. August 2016 veröffentlichte Satzung sieht vor, dass Feuerwehreinsätze "in dem für die Hilfeleistung notwendigen Umfang" abgerechnet werden. Ausnahmen sind "Einsätze und Tätigkeiten, die unmittelbar der Rettung oder Bergung von Menschen und Tieren dienen", hierfür werden keine Kosten verlangt. Grundlage für die Ermittlung der zu verrechnenden Kosten sind Pauschalsätze, die – vereinfacht gesagt – die ausgerückten Fahrzeuge, die Einsatzdauer sowie die eingesetzten Feuerwehrdienstleistenden berücksichtigen.
Dieser Satzung zufolge wären Hochwasser-Einsätze also grundsätzlich kostenpflichtig. Die in Gerolzhofen gefundene Lösung, aufgrund der bei solchen Einsätzen naturgemäß unübersichtlichen Gesamtlage von Kostenbescheiden abzusehen, kann man also als Ausweg aus einer Zwickmühle betrachten: Man möchte den vom Hochwasser ohnehin hart Getroffenen nicht noch zusätzliche Belastungen aufbürden. Das bedeutet auf der anderen Seite allerdings auch: Die Kosten für die Einsätze trägt die Stadt bzw. die Allgemeinheit.
Bürgermeister Wozniak erkennt den zu leistenden Spagat. Einerseits seien Gemeinden verpflichtet, ihre geltenden Satzungen anzuwenden und Feuerwehreinsätze zu verrechnen. Doch andererseits seien die Gemeinden auch grundsätzlich verpflichtet, "bei Feuerwehreinsätzen Ermessen auszuüben", meint er. Dies bringe es mit sich, dass über jeden Einsatz separat entschieden werden kann, wenn dies notwendig erscheint.
Nicht alle VG-Gemeinden haben sich entschieden
Als Vorsitzender der VG Gerolzhofen berichtet Wozniak, dass sich die meisten dort vertretenen Gemeinden zunächst gegen eine Verrechnung der Hochwasser-Einsätzen ausgesprochen hätten. Dies sei allerdings noch nicht überall endgültig beschlossen worden. "Es liegen zudem noch nicht alle Einsatzberichte der Freiwilligen Feuerwehren vor, weshalb eine Angabe über die Höhe der verrechenbaren Kosten nicht möglich ist", ergänzt Wozniak.

Die Großgemeinde Kolitzheim stehe aktuell nicht vor der Entscheidung, Hochwasser-Einsätze zu verrechnen oder darauf zu verzichten, erklärt Bürgermeister Horst Herbert gegenüber dieser Redaktion. Zwar sei vor allem der Ortsteil Zeilitzheim im Juli entlang des Volkach-Bachs weitflächig überflutet worden, doch sei die Feuerwehr seines Wissens nach nirgends auf Privatanwesen tätig geworden, um dort beispielsweise Keller auszupumpen. Nach Unwetterereignissen in den zurückliegenden Jahren habe die Gemeinde solche Einsätze allerdings satzungsgemäß verrechnet, sagt Herbert.