Nach dem spektakulären Unfall an der Wipfelder Mainfähre am Samstagnachmittag stand relativ schnell fest: Die Fähre muss aus dem Wasser genommen und auf Schäden untersucht werden. Am Dienstag rückte nun der Kran an. Eine Chronologie.
13 Uhr: Die Vorbereitungen laufen. Der Kran hat ein Leergewicht von 60 Tonnen, zusätzlich hat er 71 Tonnen Ballast erhalten, um die Fähre heben zu können. Seine Mastlänge, also die Höhe, beträgt 62 Meter. Viele schaulustige Spaziergänger und Fahrradfahrer beobachteten das Spektakel auf beiden Seiten des Maines, machen Fotos und Videos. Heiß begehrt sind bei strahlendem Sonnenschein die schattigen Plätzchen. Auch vom Balkon aus und vom Biergarten Zehntgraf beobachten Leute die Bergungsaktion.
Algen kommen wieder zurück in den Main
13.10 Uhr: Das Bauhofteam legt Folien aus. Denn eine der ersten Schritte nach der Bergung wird sein, die Fähre zu säubern. Zehn Minuten später startet die Fähre den Motor. Sie fährt von der Anlegestelle weg, seitlich ans Ufer hin. "Jetzt bräuchte die Fähre Rädli, dann könnte sie selbst rausfahren", kommentiert ein Zuschauer. Ein anderer sagt: "Das hat nicht schön ausgeschaut am Samstag." Aber alle hätten Glück gehabt. "Bis Mitternacht hat es ein Fährenfest gegeben", sagt er über die aufwendigen Bergungsarbeiten des in den Main gerollten Traktors.
13.27 Uhr: Die Rundschlingen werden am Kran und an der Fähre in den dafür vorgesehenen Halterungen befestigt. Von einem historischen Moment ist bei den Zuschauern die Rede. Angeblich, so berichtet einer, sei auch die Mainfähre in Fahr (Lkr. Kitzingen) am Samstag kaputtgegangen. Eine Nachfrage bei der Volkacher Touristinformation ergibt: Die Fähre in Fahr hatte einen Motorschaden und wird die nächsten Tage wegen Wartungsarbeiten außer Betrieb sein. Somit ist die Fähre in Obereisenheim derzeit der einzige Weg, um den Main zwischen Volkach und Grafenrheinfeld überqueren zu können.
Unfall vom Balkon aus miterlebt
13.45 Uhr: Die Befestigung steht, die Männer und Frauen verlassen die Fähre. Kurz darauf werden sie mit Getränken versorgt, und steigen erneut auf die Fähre, treffen letzte Vorbereitungen. Ein Fährmann, der in Obereisenheim fährt, glaubt unterdessen nicht, dass das Gerücht stimmt, dass die Fähre nicht richtig befestigt war. Und er ergänzt: "Ein Fährmann ist verantwortlich für die richtige Beladung und Entladung."
Ein Schweizer, der ein Wochenendhaus in Wipfeld hat, erzählt seine Sicht des Unglückes. Er habe auf dem Balkon gesessen und gelesen, aber "schon den ganzen Tag ein schlechtes Gefühl gehabt". Er selbst kenne den Fährmann gut. Zuvor seien bereits mehrmals Traktoren problemlos über die Fähre gefahren. Er habe überlegt, ob er den Bürgermeister anrufen solle, ob das in Ordnung ist. Als der Unfall geschah, sei er dann aufgestanden. Vom Balkon aus habe er den idealen Blick gehabt.
Keine Hilfe für den Traktorfahrer mit Hund
Der Fährmann habe das Malheur bemerkt, aber die beiden Insassen des Autos hätten überhaupt nicht geholfen, nicht mal einen Rettungsring in Richtung Traktorfahrer geworfen, der zu dieser Zeit mit seinem Hund noch in der Fahrerkabine saß. Er sei immer noch schockiert, erzählt der Zeuge weiter, auf einer Fähre werde er erst einmal nicht mehr mitfahren.
Kran hebt Fähre in wenigen Minuten aus dem Wasser
Kurz nach 14 Uhr: Der Moment, auf den alle gewartet haben. Der Kran hebt die Fähre aus dem Wasser und schwenkt sie in wenigen Augenblicken über das Ufer, direkt über die vorher ausgelegten Planen. Dann wird sie auf Böcke abgelassen, damit sie später auch von unten begutachtet werden kann. Zuvor wird sie mit einem Hochdruckreiniger abgedampft. Die Algen fallen dabei auf die Folie und werden wieder in den Main gewaschen.
14.25 Uhr: Die Fähre ist auf ihrem Platz, auf dem sie die nächsten Tage verbringen wird. Wie lange, das kann noch keiner sagen. Denn zunächst muss geschaut werden, ob das Schiff weitere Schäden hat, die nicht offensichtlich waren, als die Fähre noch im Wasser war. Eine der beiden Landeklappen wurde bei dem Unglück verbogen und muss gerichtet werden, das stand schon vorher fest.
Wie es zu dem Unfall gekommen war, ist weiter unklar. Im Internet wird spekuliert, dass die Fähre nicht richtig fest gemacht war. Vor Ort ist eine andere Theorie zu hören. Da ein Auto mit auf der Fähre war, sei die Fähre zu kurz für das lange Traktorgespann gewesen. Vielleicht konnte die Klappe an der Fähre deshalb nicht geschlossen werden. Beim Losfahren der Fähre sei der Traktor dann rückwärts ins Wasser gerollt. Aber auch bei dieser Version handelt es sich nur um Spekulation. Um den genauen Unfallhergang zu klären, wird ein Sachverständiger mit einbezogen.
Wie es vor Ort weitergeht? Noch am Dienstagnachmittag begann das Bauhofteam, das viele Arbeiten selbst erledigt, mit der Begutachtung. Die Mitarbeiter schauten zunächst in sämtlichen Kammern im Schiffskörper nach, ob Wasser eingedrungen ist. Für Mittwoch war die Reinigung von den Algen geplant. Danach können die Arbeiten richtig beginnen. Der TÜV, der 2022 wieder anstehen würde, wird nun gleich mitgemacht. Anders als beim großen Fähren-TÜV im Frühjahr 2017 stehen nach Auskunft des Bauhofes diesmal keine großen Reparaturen an.