Umfangreiche psychiatrische Gutachten standen im Mittelpunkt des 5. Verhandlungstages eines Verfahrens vor der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Schweinfurt. Dabei wird ein 25-Jähriger beschuldigt, eine heute 59-jährige Frau am 10. Januar dieses Jahres mit vier Messerstichen an ihrer Haustür in einem Dorf im Landkreis Schweinfurt niedergestochen und lebensgefährlich verletzt zu haben.
Psychiatrische Gutachten haben in diesem Fall des versuchten Mordes einen hohen Stellenwert, weil der Beschuldigte, wenn ihm die Tat nachgewiesen werden würde, diese im Zustand der paranoiden Schizophrenie, also zumindest verminderter Schuldfähigkeit, begangen haben könnte. Für den 25-Jährigen, der aus der Psychiatrie zu den Verhandlungen gebracht wird und der zu den Vorwürfen bisher beharrlich schweigt, könnte am Ende des Sicherungsverfahrens die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung angeordnet werden.
Die Tat hatte einen Großeinsatz der Polizei zur Folge
Die Tat hatte seinerzeit im Landkreis Schweinfurt einen Großeinsatz der Polizei und den Einsatz von Personensuchhunden ausgelöst, doch der Erfolg war zunächst ausgeblieben. Da selbst die Geschädigte den Beschuldigten im dunklen Bereich vor ihrer Haustür nicht erkannt hat, bevor er zustach, stützt sich das Verfahren bislang im Wesentlichen auf Indizien. So belegen etwa Google Maps-Daten auf dem Smartphone des Beschuldigten, dass zumindest sein Telefon zum Tatzeitpunkt vor Ort war.
Auf den 25-Jährigen war die Polizei wenige Tage nach der Tag nach Zeugenaussagen aus dem Umfeld des Opfers gekommen. Als die Polizei die Wohnung des Verdächtigen durchsuchte, wurden dort eine Schreckschusswaffe und ein Elektroschocker gefunden.
Wie steht es aber nun tatsächlich um die Psyche und damit die Schuldfähigkeit des 25-Jährigen? Die Psychologin, die den Mann im Bezirkskrankenhaus seit Monaten betreut, schilderte ihn, abgesehen von kleineren Regelverstößen, als nicht auffällig. Auch gebe es keine Hinweise auf Denkstörungen und Wahnvorstellungen. Der Patient nehme an den ihm angebotenen Therapien teil, sei meist kooperativ. Der Verdacht auf paranoide Schizophrenie habe sich in ihrer Beobachtung nicht bestätigt.
Paranoide Schizophrenie verläuft in Schüben: Was dies für die Diagnose bedeutet
Auch wenn die paranoide Schizophrenie gegenwärtig abgeklungen scheint, bedeute dies nicht, dass vor dem Klinikaufenthalt keine bestanden habe und nach der Entlassung keine mehr zu erwarten sei, denn diese Krankheit verlaufe in Schüben. Zu diesem Schluss kommt der psychiatrische Gutachter, der sich noch vor dessen Einweisung in die Psychiatrie ausführlich mit dem jungen Mann beschäftigt hat.
Problematische familiäre Verhältnisse, Schwierigkeiten in der Schule und Kränkungserfahrungen hätten seine Kindheit und Jugend geprägt. Auch habe er früh Erfahrung mit verschiedenen Drogen gesammelt. Der 25-Jährige fühle sich verfolgt und überwacht, glaube, er werde abgehört oder solle vergiftet werden. So habe er eine reale Erkrankung, wie eine Mandelentzündung, in einen psychosomatischen Kontext gestellt und sei überzeugt gewesen, dass die Halsschmerzen davon kommen, weil ihm jemand Gift ins Essen getan hat. Auch wenn es dem Mann zwischenzeitlich im betreuten Umfeld besser zu gehen scheint, sei die Gefahr weiterer Psychosen groß, so der Gutachter.
Das Verfahren wird am 5. Dezember fortgesetzt. Möglicherweise werden dann die Plädoyers gehalten, denen das Urteil folgt.