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Schweinfurt
Nach 121 Jahren bleibt der Ofen aus: Harald Blank schließt seine Bäckerei-Konditorei in Schweinfurt
Früher gab es neun Bäckereien im Gründerzeitviertel, heute ist Blank's Backstube die letzte. Auch ihre Zeit ist abgelaufen. 2024 wird es sie nicht mehr geben.
Die Entscheidung, den Familienbetrieb zu schließen, ist Bäcker- und Konditormeister Harald Blank nicht leicht gefallen. 2024 wird Blank's Backstube Geschichte sein.
Foto: René Ruprecht | Die Entscheidung, den Familienbetrieb zu schließen, ist Bäcker- und Konditormeister Harald Blank nicht leicht gefallen. 2024 wird Blank's Backstube Geschichte sein.
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 04.01.2024 02:56 Uhr

"Irgendwann kommt für jeden der Zeitpunkt, zu gehen." Harald Blank sagt das ohne viel Pathos. Es gibt Momente wie diese, beim Interview in der Backstube, da kann er das, was kommt, gut wegstecken. Und dann, sagt er offen, gibt es andere. Momente mit Kloß im Hals, Wehmut. Zum 31. Dezember 2023 schließt Harald Blank seine Bäckerei-Konditorei "Blank's Backstube" in der Sattlerstraße in Schweinfurt. Nach 121 Jahren Familienbetrieb-Geschichte in Schweinfurts Gründerzeitviertel.

Die sollte eigentlich noch weiter gehen. Einer seiner beiden Söhne hat Bäcker gelernt. Die Nachfolge schien geregelt. Eine Mehlallergie machte dem einen Strich durch die Rechnung. Und er selbst? Mit 62 sei er eigentlich noch zu jung für den Ruhestand. Und das Geschäft läuft gut. Harald Blank gibt aus gesundheitlichen Gründen auf.

Die körperliche Belastung, die Neun- bis Zwölf-Stunden-Tage – irgendwann gehe das nicht mehr. "Die Entscheidung", sagt er, "war hart." Wer sich mit ihm unterhält, merkt schnell, warum. Die Arbeit macht ihm Spaß, sagt er, "es ist ein schöner, kreativer Beruf, und man sieht, was man macht". Blank ist ein Handwerker durch und durch. Jemand, der die Arbeit liebt, sein Handwerk. Und das ist es in Blank's Backstube bis heute. 

Zum 31. Dezember 2023, nach 121 Jahren in Schweinfurt, schließt die Traditionsbäckerei in der Sattlerstraße 19.
Foto: René Ruprecht | Zum 31. Dezember 2023, nach 121 Jahren in Schweinfurt, schließt die Traditionsbäckerei in der Sattlerstraße 19.

Backen ist in der Sattlerstraße 19 vor allem eins: Handarbeit

Nur wenig Maschinen sind im Einsatz. Darunter die alte Fortuna, die schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Baujahr 58; noch aus der Gründerzeit. "Alt, aber bezahlt", sagt Blank, lächelt und drückt den Hebel nach unten. Die Fortuna formt Brötchen, die dann per Hand noch nachgearbeitet werden.  Von ihm oder seinem Mitarbeiter, den er selbst einmal ausgebildet hat.

Tut bis zum Schluss brav ihren Dienst: die alte Fortuna, Baujahr 1958, formt Brötchen vor.
Foto: René Ruprecht | Tut bis zum Schluss brav ihren Dienst: die alte Fortuna, Baujahr 1958, formt Brötchen vor.

Weit weg von der industriellen Produktion ist das, die mit ganz anderen Mengen, ganz anderen Preisen aufwartet. Und doch konnte Blank sich am Markt gut behaupten. Was nicht zuletzt auch mit daran lag, dass er bewusst auf Qualität setzt, auf regionale Produkte – angefangen vom Mehl bis hin zu den Sonnenblumenkernen. Wo es geht, kommt die Ware aus der Region.

Mit Blank's Backstube schließt die einzige Bäckerei, die glutenfreie Backwaren herstellt

Auf künstliche Zusatzstoffe oder Backmittel wird in Blank's Backstube komplett verzichtet, was nicht zuletzt auch dazu führt, dass hier die Teige viel länger brauchen, bis sie gebacken werden können.  Doch dem Produkt tut das gut, sagt der Konditor- und Bäckermeister, der in Würzburg als Konditor gelernt hat. Nicht im Familienbetrieb.

Manches, was Harald Beck dieser Tage macht, tut er ganz bewusst – denn vieles davon tut er zum letzten Mal. Stollen backen zum Beispiel. Brote gibt es dagegen bis zum Schluss.
Foto: René Ruprecht | Manches, was Harald Beck dieser Tage macht, tut er ganz bewusst – denn vieles davon tut er zum letzten Mal. Stollen backen zum Beispiel. Brote gibt es dagegen bis zum Schluss.

1982 ist Harald Blank ins Familiengeschäft eingestiegen, erst als ganz normaler Mitarbeiter, später hat er den Betrieb übernommen. Und zu dem gemacht, was er heute ist und sehr bald gewesen sein wird. Schließt der Laden, verschwindet auch Schweinfurts einzige Bäckerei, die glutenfreie Backwaren anbietet. Auch damit und mit veganen Backwaren hat sich Blank einen Namen gemacht. Kundinnen und Kunden kommen nicht nur aus Schweinfurt, sondern aus der ganzen Region, sogar aus Erlangen.

Blank hat seine ganz eigenen Rezepturen, Tricks – und Überzeugungen. Seit 46 Jahren ist er im Beruf, hat den Wandel miterlebt. Erlebt, wie um ihn herum Kolleginnen und Kollegen aufgaben. Nicht nur, weil es keine Nachfolge gab.

Blank: In Deutschland fehlt die Wertschätzung für Backwaren

Die Zeiten, in der im Gründerzeitviertel neun aktive Bäckereien ein gutes Auskommen hatten und hungrige Kundinnen und Kunden versorgten, die in der aufstrebenden Industrie hart arbeiteten, sind lange vorbei. Heute prägen Großbäckerei und industrielle Produktion immer mehr den Markt. Aufbackware vom Discounter, für viele gehört das zum Alltag. Die Wertschätzung für Backwaren, sie fehlt in Deutschland komplett, sagt Blank. Und das scheint eines der wenigen Dinge zu sein, die ihn wirklich sauer machen können.

Sagen Danke an die Kundinnen und Kunden: Bäckermeister Harald Blank und Mitarbeiterin Petra Simon.
Foto: René Ruprecht | Sagen Danke an die Kundinnen und Kunden: Bäckermeister Harald Blank und Mitarbeiterin Petra Simon.

Am Ende des 31. Dezembers 2023, wenn Harald Blank sein Geschäft abschließt und sich von seinem Mitarbeiter in der Produktion und den beiden Mitarbeiterinnen im Laden verabschiedet, will er vor allem eins: nach vorne schauen.

121 Jahre Familienbetrieb in der Sattlerstraße 19

1919 hat Blanks Urgroßvater Johann Deppert das Geschäft in der Sattlerstraße 19 eröffnet. Seit 1902 hatte die Familie in Zeilitzheim die Gemeindebäckerei betrieben. Dann ging es in aufstrebende Industriestadt. Johann Deppert kaufte das Haus im Gründerzeitviertel. 1929 starb der Gründer, hinterließ seinem Sohn Georg und dessen Frau Babette das Geschäft.
Dann kam der Zweite Weltkrieg. Bomben fielen auf Schweinfurt, die Bäckerei wurde 1944 zerstört, Georg Deppert kam bis 1947 in französische Kriegsgefangenschaft. Ein Jahr später starb er, nur wenige Monate nach der Wiedereröffnung der Bäckerei. Seine Frau Babette legte die Meisterprüfung ab, sicherte so das Fortbestehen und brachte den Betrieb durch die Nachkriegszeit.
Mit dem Wirtschaftswunder ging es bergauf. 1958 kam Bäckermeister Wilhelm "Willi" Blank, Ehemann von Babettes Tochter Margrit, dazu. Ab 1971 führte er den Betrieb als Bäckerei Deppert-Blank. 1985 wurde aus ihm "Blank's Backstube". Seit 1993 führt Harald Blank den Betrieb in vierter Generation.
Quelle: Harald Blank
 
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Kommentare
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  • Klaus Fiederling
    schade, nächster Familienbetrieb hört auf. Werden wir dann nur noch von Großbäckereien wie Müller & Co beliefert, und wissen nicht mehr, was da alles in Brötchen und anderen Leckereien steckt? So langsam kommt einen doch die Frage auf: Frisst Groß Klein? Und was tut gegen dieses Familiensterben unser Vater Staat? Nichts, Hauptsache, das Geld irgendwo andershin scheffeln, außer im eigenen Land Menschen zu unterstützen. Langsam reichts, armes Deutschland!
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  • Nicolai Probst
    Was der Staat mit dem Ende dieser Bäckerei zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht.
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  • Doris Hauptmann
    Sehr schade, dass diese Traditionsbäckerei schließt. Das Problem vieler Mitbürger ist, dass sie nicht nach QUalität sondern QUantität kaufen. Hoffen wir, dass es irgendwann nicht nur noch" Industriefutter" zu kaufen gibt. Jetzt fahren wir schon mehrere Kilometer, um Waren beim Erzeuger zu kaufen.
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