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Schweinfurt
Modern Dance im Schweinfurter Theater: Wenn das Kind in uns Heimat sucht
Die Tradition des modernen Tanzes lebt auch im Theater im Gemeindehaus weiter. Warum es ein Abend war, der im Grunde alle Menschen berührt.
Die italienische DaCru Company überzeugte bei ihrem Auftritt im Theater im Gemeindehaus mit dem Stück 'The day when I chose to be a daughter'.
Foto: DaCru | Die italienische DaCru Company überzeugte bei ihrem Auftritt im Theater im Gemeindehaus mit dem Stück "The day when I chose to be a daughter".
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 19.01.2024 03:11 Uhr

Bevor die Corona-Pandemie ab März 2020 das kulturelle Leben nicht nur in Schweinfurt, sondern europa- wie weltweit lahmlegte, gab es gerade im Schweinfurter Theater ein besonderes Phänomen: das Abo für den modernen Tanz, das mit sechs Vorstellungen unterschiedlichster Ensemble pro Saison ein Riesenerfolg war. Weit über 1000 Besucherinnen und Besucher hatte das Abo, jeweils zwei Abende in Folge wurde gespielt.

Nun sind die Zeiten für Theaterschaffende nach der Pandemie deutlich schwieriger geworden und leider war der Modern-Dance-Abend mit der italienischen DaCru-Company im Theater im Gemeindehaus zwar gut besucht, aber nicht ausverkauft.

Nichtsdestotrotz zeigte das junge Ensemble mit seiner mitreißenden Mischung aus Urban Dance, Hip-Hop und Breakdance aber, wie intensiv und begeisternd eine Stunde Tanz sein kann. Und wie klug es wäre, dem Thema Modern Dance als Alleinstellungsmerkmal des Gastspieltheaters Schweinfurt in der gesamten Region dauerhaft noch mehr Raum zu geben.

Was bedeutet es, Kind zu sein und endet dieser Zustand überhaupt?

Zumal DaCru mit "The day when I chose to be a daughter" ein universelles Menschheitsthema im Programm hat. Eines, das nicht nur grundsätzlich zum Nachdenken über die Frage anregt, was es eigentlich bedeutet, Kind zu sein, und ob und wenn ja, wann dieser Zustand der "Kindschaft", wie es die Italiener nennen, überhaupt endet. Sondern natürlich auch zur Diskussion über die tänzerische Darstellung des Themas führt.

Die beiden Choreographen Marisa Ragazzo und Omid Ighani haben, das muss man klar sagen, ein tänzerisches Kunstwerk auf die Bühne gezaubert, das einen nicht loslässt und nachwirkt. Ihr Ansatz war nicht nur, sich zunächst vor allem lange miteinander über das Thema und die eigenen Erfahrungen auszutauschen. Sondern auch bewusst wegzugehen vom Thema Mutter- und Vaterschaft, über das ebenso viel geschrieben wie getanzt wurde. Sich vielmehr auf das Kindsein zu konzentrieren, denn eines betrifft uns alle: Wir sind zunächst Kind von jemand, sonst könnten wir gar nicht Mensch sein.

Kann man sich bewusst dafür entscheiden, Tochter oder Sohn zu sein?

Was macht das Kindsein aus? Was macht das Menschsein aus? Hört man jemals auf, Kind zu sein, wenn man selbst Vater oder Mutter wird bzw. wenn die eigenen Eltern verstorben sind? Was lösen diese Situationen in einem aus? Wie sehr braucht man es, das Kind in sich selbst zu finden und sich mit ihm zu versöhnen? Und überhaupt, was bedeutet dieser Stücktitel: Entscheidet man sich bewusst, Tochter zu sein?

Eine unglaubliche Bandbreite an Gefühlen, Emotionen, die es gilt, in Tanz umzusetzen. Und welch ein Glücksfall, wenn man wie DaCru die drei Tanzenden Davide Angelozzi und Elda Bartolacci als Elternpaar und Graziana Marzia als Tochter hat. Sie tanzen konzentriert, voller Ausdruck und Emotion, voller Leidenschaft in immer wieder neuen, eindrucksvollen Bildern. Alles, was sie brauchen, ist eine leere Bühne. Ihr Tanz allein trägt das Stück, fesselt und braucht keine Requisiten. Und er endet mit einer tröstlichen Botschaft in der letzten Szene, als alle drei in der aus dem Yoga bekannten Pose des Kindes verharren. Denn es bedeutet, dass wir am Ende alle irgendwo dazugehören.

Die nächsten Modern Dance-Stücke im Schweinfurter Theater im Gemeindehaus in der Saison 23/24 sind: "Agni" mit der Navdhara India Dance Theatre am 10. und 11. Februar; "Le nuit barbares ou les premiers matins du monde" der Compagnie Hervé Koubi am 30. April sowie der Auftritt von "Danceworks Chicago" am 11. Mai. Am 6. Juni gastiert die Ballett-Compagnie des Landestheaters Detmold mit "Samba", einem Tanztheater von Mario Martello Panno. Tickets unter www.theater-schweinfurt.de sowie im Museum Otto Schäfer oder im Bürgerservice im Rathaus am Marktplatz.

 
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