Im Mai kam der Hubschrauber und versprühte den Häutungsbeschleuniger Mimicüber 20 Hektar Stadtwald bei Euerbach. Die Redaktion hat sich jetzt dort umgeschaut – mit Hans-Ulrich Swoboda, der zu dem Einsatz der chemischen Keule steht, weil in einer besonders heiklen Situation zu besonderen Mitteln zu greifen war, sagt der Leiter des städtischen Forstamts.
Rund 2000 Hektar Wald hat die Stadt Schweinfurt – vor allem im Norden der Stadt. Bekämpft wurde alles, was sich häutet, nur im Süden und hier auf 20 von 30 Hektar Stadtwald bei Euerbach und nicht etwa im ebenfalls südlich gelegenen Schwebheimer Wald.
Nester wie Schwämme
Nur bei Obbach (Ortsteil von Euerbach) und damit auf einem Prozent der Waldfläche hatte das städtische Forstamt und auch das staatliche Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nach dem Winter einen übermäßigen Befall mit Nestern des Schwammspinners festgestellt. Im fast ausschließlich mit Eichen bestückten Münsterwald wurden an den Stämmen in einer Höhe bis zu drei Metern zwei oder mehr der goldgelben und Zwei-Euro-Münzen großen Gelege des Schwammspinners ausgemacht, der seinen Namen von den Haaren hat, die die Gelege wie kleine Schwämme aussehen lassen.
„Kahlfraß drohte“, beschreibt Swoboda die Situation des Waldstückes im trockenen Süden von Schweinfurt, wo vier Trockenjahre ihre Spuren hinterlassen haben, was ein Blick in die lichten Baumkronen bestätigt. Ausgangspunkt für die kritische Lage ist für Swoboda die Waldbewirtschaftung in dem einst adeligen Besitz, den die Stadt in den 1990er Jahren kaufte. Bei vergleichsweise hoher Besiedlung und wenig Waldbestand in der Umgebung wurde das Münsterholz bis 1900 vor allem als Brennholzlieferant genutzt. Erst als vermehrt Kohle die Wärme in die Häuser brachte, wurde der Wald nicht mehr ständig geplündert.
Geschichte des Münsterholzes
Die Eiche überdauerte die Brennholzgewinnung, da sie – anders als die Buche – aus dem Wurzelstock immer wieder ausschlägt. Bis heute fehlen Buchen im Münsterwald. Auch andere Baumarten sind kaum zu entdecken. In den Wald kommt so viel Sonne, was nicht nur sonnenhungrigen Menschen, sondern auch Insekten wie dem Schwammspinner behagt, dessen Raupe im Forst als Fressmaschine gefürchtet ist.
„Vom Himmel fiel im Mai kein Zuckerwasser. Wir haben uns für den Eingriff in die Ökologie entschlossen, weil der Kahlfraß im dem geschwächten Eichenwald die Alternative war. Das Absterben der Bäume drohte. Und selbst wenn der Juniaustrieb nochmals Blattwerk gebracht hätte, wäre ein weiterer Schädlingsbefall (Eichenwickler oder etwa Mehltau) das Aus für den Münsterwald gewesen“, sagt Swoboda.
Erfolgreiche Bekämpfung
Weil Mai und Juni warm waren und große Blattmassen heranwuchsen, haben die Raupen mit dem Grün viel Gift erwischt, weswegen die Bekämpfung als erfolgreich gilt. Etwa 80 Prozent der gefräßigen Raupen seien der chemischen Keule zum Opfer gefallen, so der Leiter des Forstamts. Vorerst sei damit die Massenvermehrung des Schwammspinners gestoppt.
Für 2019 rechnet Swoboda nicht mit einer Wiederholung der Spritzaktion gegen diesen in unseren Breiten heimischen Schmetterling. Kopfzerbrechen bereitet ihm dagegen die Vermehrung des Eichenprozessionsspinners, dessen giftige Haare den Menschen direkt bedrohen. Eine Strategie gegen diesen Schmetterling, dessen graue Gelege in den Spitzen der Zweige kaum auszumachen sind, ist noch nicht gefunden. Bislang werden besonders betroffene Waldränder, die Bäume im Schwimmbad und am Baggersee gespritzt.
Schattenbäume
Langfristig soll das Münsterholz zu einem stabilen Wald mit Schattenbäumen, die unter den Eichenkronen wachsen, umgebaut werden. Wie der Wald bei Obbach nach 15 und auch nach 30 bis 50 Jahren aussehen könnte, zeigte der Leiter des städtischen Forstamts dann im Stadtwald auf der Hinteren Haardt im Norden der Stadt.
Dort ist es an diesem heißen Sommertag gefühlt mindestens fünf Grad kühler als im Münsterholz. Die Sonne brennt nicht auf den Waldboden. Wo vor 17 Jahren Buche, Hainbuche, Edellaubhölzer, aber auch Douglasie und Tanne unter den Kronen der hohen Bäume gepflanzt wurden, haben die Jungbäume eine Höhe bis zu drei Metern erreicht. Auf der anderen Seite des Waldweges reichen die Schattenbäume bereits bis an die Kronen 200-jähriger Eichen und mächtiger Buchen. Swoboda verweist auf die Humusbildung, die hier im Gegensatz zum Münsterholz funktioniert, zeigt feuchte Stellen unter der Humusschicht, die es im Münsterholz nicht gab.
Swoboda: „In 30 bis 50 Jahren kann dies auch bei Obbach so sein. Wir machen den Anfang, Waldstück für Waldstück.“