Die kleine Raupe geht schon mal in Schreckhaltung, auf dem Blatt: Es ist zwar nur der Nachwuchs eines Frostspanners, der sich da zur Abschreckung reckt. Dessen Larven zählen allerdings ebenfalls zu den gefräßigen Forstschädlingen. Ebenso wie die frisch geschlüpften Raupen des Schwammspinners, die schon begonnen haben, Eichenlaub zu mampfen, hoch oben in den Baumkronen. Denen geht es jetzt an den Chitinkragen, bei einer „Versuchsbekämpfung“ im Geldersheimer Gemeindewald und umliegenden Forsten.
Der genaue Tag hängt von der passenden, trockenen Witterung ab. Die „Bayerische Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft“ wird dann in Kooperation mit der TU München und dem Forstamt Schweinfurt den Hubschrauber steigen und drei Pflanzenschutzmittel aufs Blätterdach regnen lassen: auf 6,3 Hektar am Vorberg, im benachbarten Bauernschlag bei Sömmersdorf sowie im Egenhäuser Brunnholz, wo derzeit die größte Schwammspinner-Dichte herrscht.
Zehn Hektar werden besprüht
„RiMa Wald“ nennt sich das Projekt, dahinter verbirgt sich „Zukunftsorientiertes Risikomanagement für biotische Schadereignisse in Wäldern zur Gewährleistung einer nachhaltigen Waldwirtschaft.“
Zehn Hektar werden GPS-gesteuert besprüht, einen Vormittag lang. Die betreffenden Waldflächen sind dann über 48 Stunden hinweg für die Bevölkerung gesperrt, per Flatterband.
Im Vergleich zu den regulären Bekämpfungen 2010 und 1993 sind nur kleine Testflächen betroffen, etwa zehn Prozent des Vorbergs. Gewässer, Wild, Pilze und Beeren sollen nicht belastet werden. Es geht vor allem um Mimic, ein Fraßgift, das bislang im Obst- und Weinbau eingesetzt und nun praxisnah im Wald erprobt wird: Ein Häutungsbeschleuniger, der Schwammspinnerlarven vorzeitig aus der Haut fahren lässt, die in der Wachstumsphase ihren Chitinpanzer mehrfach abstreifen und erneuern müssen.
Dimilin nicht mehr erste Wahl
Bislang war der gut verdünnbare Häutungshemmer Dimilin das „Mittel der Wahl“. Nur hat die Industrie die Zulassung nicht mehr verlängert, aus wirtschaftlichen Gründen. Alternativ gäbe es noch Dipel ES, ein selektiv wirkender Bazillus, der den Raupendarm durchlöchert und andere Insekten schont. Er wird bevorzugt in der Nähe von Bächen und Seen ausgebracht, wo Dimilin Wasserorganismen schädigen würde. Allerdings hängt die Effizienz stark von der Witterung ab, Regen wäscht Dipel schnell weg.
Bei Geldersheim soll der Stoff nun im Vergleich mit Mimic verwendet werden, ebenso mit Restbeständen an Dimilin. Nur ungern würde das Forstamt auf ein Nervengift zurückgreifen, dass wahllos Spinnen, Krebse, Würmer und Insekten jeden Alters gefährdet.
Der Versuch selbst kostet den Schweinfurter Forst nichts, Nichtstun langfristig schon: „Kahlfraß kann einen Wald im Bestand gefährden“, sagt Forstdirektor Stephan Thierfelder, der sich zusammen mit Revierförster Bernd Müller die Pläne vom Gemeinderat und Bürgermeister Oliver Brust hat absegnen lassen.
Die Schlüpfzeit beginnt
Im Juli und August haben die unscheinbaren Falter-Weibchen ihre Eier an die Eichen geklebt, in kleine, schaumige Nester aus Afterhaaren. Nun ist Schlüpfzeit. Die namensgebenden Schwämme sind manchmal zu sehen, meist aber zwischen Rindenspalten, Moos oder in den Baumkronen verborgen: wo sie Studenten der TU München aufgespürt haben, mit Kletterausrüstung.
Ein Gelege am unteren Baumstamm, in bis zu zwei Metern Höhe, gilt als Warnsignal. Schon im Herbst des Hitzejahres 2015 wurden die ersten Nester entdeckt, im letzten Jahr hat ihre Menge an bestimmten Punkten im Gemeindewald zugenommen. Vor allem nördlich des Wendeplatzes zeigen die Schadinsekten Präsenz, erkennbar an pinkfarbenen Markierungsstreifen.
„Die Schwelle zum völligen Kahlfraß wird wohl nicht erreicht“, vermuten die Experten, „aber Lichtfraß ist zu erwarten.“ Die nimmersatten Raupen krabbeln nach dem Schlüpfen die Stämme empor. Oder lassen sich vom Wind in die Nachbarschaft wehen. Gut ein Quadratmeter an Eichenblättern werden in der mehrwöchigen Wachstumszeit pro Larve weggeputzt – mittlerweile auch in den USA, wo das eingeschleppte „Neubürgertier“ Milliardenschäden verursacht.
Die Forstbeamten haben schon ein Ohr für Umweltschützer, die bereits Dimilin kritisch sehen. „Die Bekämpfung ist nur die Feuerwehr-Maßnahme“ sagt Thierfelder, „Wir müssen schauen, dass wir den Wald generell widerstandsfähiger bekommen“. Zu wenig Schatten, zu viel Wärme: Im ehemaligen Rechtlerwald bei Geldersheim finden die Schwammspinner teilweise hervorragende Bedingungen, in einzelstehenden, hohen, sonnenbeschienenen Eichen.
„Die Zeitabstände des Befalls verkürzen sich“, stellt Thierfelder fest, wohl im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Das starke Auftreten von Efeu und Misteln zeige die Walderwärmung an. Anhaltende Trockenheit, wie jetzt, schwäche die Bäume, zusätzlich zum Raupenbefall: Stressfaktoren, die sich schnell gegenseitig hochschaukeln können. Entsprechend ist nicht ausgeschlossen, dass 2018 noch einmal flächendeckend gesprüht werden muss.
Das Zauberwort heißt Waldumbau. Bernd Müller zeigt einen umzäunten Bereich am Vorberg: Zu natürlich gewachsenen Baumarten wie Eiche, Kirsche, Ahorn oder Linde wurden noch klimarobuste Douglasien, „kühlende“ Rotbuchen und seltenes Wildobst gepflanzt.
Ökobekämpfung denkbar
Längerfristig können sich die Baumhüter auch eine Öko-Bekämpfung von Schwamm- oder Eichenprozessionsspinnern durch deren Freßfeinde vorstellen. Manche Wespen legen ihre Eier in Raupen: etwas unappetitlich aus menschlicher Sicht, lecker für die kleine Wespe, die auch gerne Nektar nascht, weswegen ein entsprechendes Waldblumenangebot zur Eindämmung des Schwammspinners beiträgt. Nicht immer macht es der Falter seinen Gegnern allerdings so leicht wie das Exemplar, das sein Gelege ausgerechnet unter ein Vogelhäuschen geklebt hat.
Hauptsache Mais, Getreide, Eichen und dann viel Geld!
Bis vor etwa 60 Jahren wurde praktisch keine Chemie in Land- und Forstwirschaft eingesetzt. Da waren Wald und Flur noch voll von Leben. Niemand verhungerte. Und heute? Ein wahrhaft trauriges Bild für Wissende.
Aber nur weiter so. Wir haben es bald geschafft die seit Jahrmillionen bestehenden Lebensgemeinschaften vollends zu zerstören.
In einem gesunden Wald leben mehr als 10.000 Arten.
Um eine oder zwei zu dezimieren werden halt mal 1000 oder 2000 als "Beifang" mit erledigt.
Aber, nur der "Erfolg" zählt bei diesen den schlauen Herren.
Die infizierten Zecken und Borkenkäfer bleiben in großer Zahl und halten nun die ignorante fortschrittsgläubige Bevölkerung auf Abstand.
3,5 Milliarden Menschen, jetzt 7 Milliarden, da kann man die Landwirtschaft u. Forstwirtschaft u. Chemiker nicht ganz verdammen, auch hier muss man den Mittelweg finden. Wer den findet ist der neue Messias
Vor 60 Jahren lebten in D ähnlich viele Menschen und der Treibstoff für Pferde und Kühe kam auch noch vom Acker bzw. von der Wiese.
Heute ist D Agrarexporteur und die EU hat es schon vielerorts geschaft, die bäuerlichen Strukturen durch Dumpingexporte zu zerschlagen.
Nur weiter so. Dann verschwinden auch die Eisbären ganz von selbst.
Ob in absehbarer Zukunft mal einge Milliarden an Menschen verhungern, verdursten oder an multiresistenten Keimen verenden, wir werden sehen.