
Christian Scheller ist Realist – und so hatte er auch keine Geldgeschenke erwartet, als er von Markus Söders 60-Millionen-Euro-Paket hörte. Denn Geschenke, sagt er, helfen nicht; zumindest nicht langfristig. Es brauche mehr, von allen Seiten – der Politik, der Wirtschaft, der Gesamtgesellschaft. Seine Firma, die Bauteilprüfzentrum Scheller GmbH in Schweinfurt (BPZS), ist direkt betroffen, wenn es um die schwächelnde Konjunktur, die eher schlechten Nachrichten aus der Automobilindustrie geht. 90 Prozent seiner Kunden im In- und Ausland stammen aus dem Bereich. Was sich ändern müsste und was ihm trotz allem Hoffnung macht, erzählt er im Interview.
Christian Scheller: Natürlich, auch wenn es in der allgemeinen Öffentlichkeit ein falsches Bild gibt. Gewisse Entwicklungen waren schon vor Jahren absehbar. Dementsprechend mussten wir uns schon vor längerer Zeit mit Lösungen auseinandersetzen, um dem entgegenzuwirken. Das sind Themen, die muss man in der Belegschaft kommunizieren. Was auch deshalb schwierig war, da die allgemeine Wahrnehmung so war, als ob die Wirtschaft prima laufen würde.
Scheller: Ja. Doch in der Allgemeinheit war das kein Thema. Manche Maßnahme, die wir treffen mussten, war insofern auch schwer an die Mitarbeitenden zu vermitteln. Die Arbeitslosenzahlen waren gut, die Zahlen der Konzerne auch. Trotzdem war manches schon erkennbar. Als Dienstleister, der unten in der Nahrungskette steht, muss man schnell reagieren. Der Automobilhersteller übt dann, wenn es schwierig wird, den Druck auf die Zulieferindustrie aus – und die geben ihn ebenfalls weiter. Das erleben wir gerade jetzt. Von diesem Kostendruck sind wir unmittelbar betroffen, spüren das aber schon lange. Wir mussten effizienter werden, flexibler, auch unsere Mitarbeitenden. Das hat dazu geführt, dass wir Arbeitsplätze sichern konnten.
Scheller: Die Umstellung auf eine neue Technologie ist immer mit Risiken behaftet, für alle Player. Wir sehen überall Firmen kommen und gehen, wer sich behauptet, weiß man nicht. Das gehört ein stückweit zum unternehmerischen Risiko dazu. Die Risiken sind größer geworden in den letzten Jahren, weil auch die Investitionen dahinter deutlich größer sind. Potenziale für eine Verbesserung der Produkte im Bereich E-Mobilität gibt es noch genug. Unsere Kunden entwickeln weiter, wenn auch nicht in dem Maße, in dem man es gerne hätte. Die entscheidende Frage wird sein, ob unsere Kunden letzten Endes wettbewerbsfähig mitspielen können. Da spielen viele Faktoren mit rein.
Scheller: Nach einer Umfrage der IHK, hat sich seit der letzten Wahl das Empfinden bei den Unternehmen unfassbar verschlechtert, was die Wettbewerbsfähigkeit betrifft – in allen Bereichen. Das teile ich. Die Politik muss Dinge lösen, zum Beispiel die hohen Stromkosten reduzieren oder den Bürokratieabbau einleiten, wobei es da auch um die Umsetzung in den Behörden, in den Verwaltungen geht. Es gibt aber auch wesentliche Faktoren, die müssen gesellschaftlich gelöst werden. Auch, was die Arbeitskosten betrifft. 84 Prozent der Unternehmen sagen, damit hat sich die Wettbewerbsfähigkeit verschlechtert. Ich habe das Gefühl, da werden die Unternehmen nicht ernst genommen, wird einfach pauschal Profitgier unterstellt.
Scheller: Nicht zwangsläufig. Ich bin für hohe Löhne, gar keine Frage, aber es muss uns klar sein, dass wir das ausgleichen müssen, zum Beispiel durch Flexibilität, Veränderungsbereitschaft, positive Leistungskultur – und da müssen wir uns auch mit den anderen Ländern vergleichen, mit denen wir ja im Wettbewerb stehen. Ein Großteil der Unternehmen meint es wirklich sehr ernst, vor allem der verwurzelte Mittelstand. Wir spüren einen hohen Kostendruck, auch durch die Arbeitskosten. In vielen kleinen Betrieben arbeiten die Unternehmer am Anschlag, versuchen, selbst zu kompensieren. Ob das in Zukunft auch so sein wird, das wage ich zu bezweifeln.
Scheller: Alle müssen in Zukunft eine Schippe drauflegen, auch wir Unternehmer müssen mehr Mut zeigen. Aber wir brauchen auch das Gefühl, dass wir für die Entscheidungen, die wir treffen, Rückhalt haben in der Gesellschaft. Die wirtschaftliche Entwicklung ist heute schnelllebig, Geschäftsmodelle werden schneller abgelöst. Wir brauchen mehr Flexibilität. Unternehmen müssen den Mut haben, schnell in etwas zu investieren, Innovationen umzusetzen. Wir müssen schnell am Markt sein, das ist der Wettbewerbsvorteil. Dann kann man auch höhere Preise erzielen, dann kann man auch höhere Gehälter zahlen. Aber dafür brauchen wir die Rahmenbedingungen, dürfen nicht blockiert werden, beispielsweise durch Bürokratie. Dazu zählt auch die innerbetriebliche Bürokratie, der man mit mehr Verantwortungsbereitschaft pragmatisch entgegenwirken muss.
Scheller: Wir müssen alle gemeinsam anpacken, um Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu machen. Marktwirtschaft ist ein Wettkampf. Wir spüren das. Kunden legen uns Vergleichsangebote von Laboren weltweit vor, früher war das auf die Region bezogen. Da müssen wir uns etwas einfallen lassen, wie wir da mithalten, ansonsten ist der Auftrag weg – und zwar langfristig. Das gilt für kleine wie große Unternehmen. Auch aus diesen kommen Hinweise, was zu tun ist. Beispielsweise beim Treffen der Oberbürgermeister bei ZF in Friedrichshafen. Auch dort fiel das Stichwort, wir könnten es schaffen, wenn wir beherzt an das Thema Kosten und Flexibilität rangehen. Das sind nicht nur klare Hinweise, das ist ein Auftrag an die Gesellschaft. Wir wollen doch, dass Arbeitsplätze erhalten werden.
Scheller: Dass wir in Zukunft mehr Unterstützung vom Freistaat bekommen, auch bei der Antragstellung für staatliche Zuschüsse; dass es leichter wird. Für mich waren die Aussagen der Beamten aus München bei der IHK-Veranstaltung ein Signal, dass man erkannt hat, dass manchmal die Hürden zu hoch waren und dass man diese nun abbauen wird. Unterfranken ist Schlusslicht, was den Antrag von staatlicher Förderung durch Unternehmen betrifft. Was hindert uns daran? Wenn ich von mir ausgehe: Es fehlt die Zeit. Geldgeschenke habe ich aus München nicht erwartet, das würde langfristig auch nichts bringen. Förderungen helfen, mutiger in neue Projekte reinzugehen. Aber ohne Risiko geht es nicht. Und wir brauchen die Fachkräfte, die das umsetzen können. Dass auf der einen Seite in der Industrie Kräfte mit Kurzarbeit gehalten werden und auf der anderen Fachkräfte in anderen Unternehmen fehlen, das ist volkswirtschaftlich nicht gut.
Das würde das totale Verbrenner Aus bedeuten und das totale E-Auto Aus und das totale Flugreisen Aus. Totales Aus halt.
Wie Sie richtig schreiben, keine Ahnung.
Herr Spiegel, Sie verbreiten halbe Wahrheiten bzw. Fake News.