Andreas Gerner (35) und Jürgen Schmidt (32) sind gerne Landwirt. Man könnte sagen, sie brennen für ihren Beruf, haben ihren Meister gemacht und kennen sich bestens aus mit "Ackerbau und Viehzucht". Doch das reiche nicht mehr in Zeiten, in denen Landwirte nicht nur im Meer von Bürokratie und Verordnungen unterzugehen drohen, sondern auch zunehmend zum Buhmann für ökologische Fehlentwicklungen gemacht werden.
Einerseits müsse man als Landwirt an der Ladentheke mit seinen Produkten mit Importen konkurrieren, die mit viel niedrigeren Produktionsstandards hergestellt wurden als in Deutschland. Andererseits würden Landwirte in der Öffentlichkeit "zu Unrecht" in die Ecke derjenigen gestellt, die sich ohne Ausgleich gegen mehr Tierwohl und Umweltschutz stellen. Und weil sich Landwirte wie Agrarbetriebswirt Jürgen Schmidt, der in Wetzhausen Ackerbau und Ferkelzucht betreibt, und Andreas Gerner (Birnfeld), der elf verschiedene Feldfrüchte anbaut, mehr und mehr von Politik und Gesellschaft unverstanden fühlen, werden Kreuze aufgestellt und brennen Feuer. Mahnfeuer, wie sie in jüngster Zeit immer wieder zum Beispiel zwischen Stadtlauringen und Ballingshausen entzündet wurden, und grüne Kreuze, die auf den Feldern stehen, um zu symbolisieren, dass die bäuerliche Landwirtschaft zum Sterben verurteilt ist, wenn es so weitergeht.
Etwa 35 Landwirte haben sich zuletzt um dieses Mahnfeuer versammelt. Die meisten Autofahrer werden wohl achselzuckend daran vorbeigefahren sein. Symptomatisch dafür, was zwischen Landwirt und Konsument in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten passiert ist. "Der Kontakt ist verloren gegangen", beklagt Andreas Gerner. Den Menschen falle es zunehmend schwer, die Verbindung zwischen dem, was sie täglich auf dem Teller haben, und der bäuerlichen Landwirtschaft herzustellen. Gerade noch elf Prozent ihres Einkommens geben die Deutschen für ihr Essen aus. Gerne werde über Tierwohl und Klimaschutz geredet, an der Ladenkasse sei es dann aber doch meist der Preis, der das Kaufverhalten bestimme.
"Wir Landwirte sind für mehr Tierwohl, Umweltschutz, Gewässerschutz, Schutz der Insekten, aber das geht alles nur, wenn wir für diese zusätzlichen Leistungen eine gerechte Aufwandsentschädigung bekommen", betonen die jungen Landwirte und ergänzen: "Am möglichst schonenden Umgang mit der Umwelt feilen wir beide". Schmidt zum Beispiel hat viel Geld in einen tiergerechteren und größeren Stall investiert, in dem er aber nicht mehr Tiere produziert als bisher. Dort steht den Schweinen 40 Prozent mehr Platz als gefordert zur Verfügung.
Jeder Hof sei heute ein mittelständisches Unternehmen und müsse die Menschen, die auf und mit ihm leben, ernähren. Und weil dies in Zeiten zunehmender Auflagen und von "politischen Entscheidungen, die ohne Sach- und Fachverstand von Schreibtischtätern getroffen werden", kaum noch möglich sei, brennen die Feuer.
Die Feuer brennen auch gegen die ungleichen Produktionsbedingungen im internationalen Vergleich. "In vielen Ländern gibt es keine Düngemittelverordnung", so Andreas Gerner. "Mittel, die bei uns schon längst verboten sind, landen so als Import auf unserem Tisch." Das in die Kritik geratene Glyphosat zum Beispiel werde in Deutschland nur sehr punktuell und auch nur dann eingesetzt, wenn die eigentliche Kulturpflanze noch nicht gekeimt habe. Also dann, wenn bei der Aussaat "problematische (Un)Kräuter" auf dem Acker sind. Während der Wachstumsphase blieben solche Mittel im Kanister.
Dennoch halte sich die "Legende" vom Glyphosat versprühenden und damit alles Leben auf dem Acker vernichtenden Landwirt. Glyphosat sei keine giftige Substanz, sondern ein Totalherbizid, erläutern die Landwirte. Es gaukele der Pflanze vor, dass sie zu viel Eiweiß produziert, worauf sie die Eiweißproduktion einstellt und eingeht. Während der Vegetationsphase könne man Glyphosat gar nicht einsetzen, weil dann "alles umfallen würde", so Gerner. In anderen Ländern dieser Erde sei man nicht so zimperlich. Dort könne Glyphosat als Unkrautvernichtungsmittel verwendet werden, weil genmanipulierte Soja- oder Maispflanzen dagegen resistent seien. Ein klarer Wettbewebsvorteil importierter Ware, sagen die hiesigen Landwirte.
Das "Märchen" von der immer intensiveren Landwirtschaft, die nach dem Motto "viel hilft viel" zu Pflanzenschutz und Dünger greife, müsse endlich als solches enttarnt werden, sagt Gerner. Das Gegenteil sei nämlich der Fall. "Düngemittel und Pflanzenschutz kosten den Landwirt viel Geld, und deshalb machen wir so wenig wie möglich und so viel wie nötig."
Auch im Tierzuchtbereich bestehen laut Jürgen Schmidt solche Ungleichgewichte. Zum Beispiel bei der Ferkelkastration. Während diese ab 2021 überall in Europa unter dem Aspekt der Schmerzlinderung erfolgen müsse, gelte für Deutschland die Schmerzausschaltung. Schmerzlinderung bedeutet, den Ferkeln ein Medikament zu verabreichen, Schmerzausschaltung heißt Vollnarkose. Letzteres sei mit mehr Aufwand und Kosten verbunden, weil sich die Ferkelställe zum Zwecke der Kastration zeitweise buchstäblich in ein Lazarett verwandeln müssten.
Auch die Gülle werde zu Unrecht stigmatisiert. Sachgerecht eingesetzt, so Andreas Gerner, sei die Gülle ein wichtiger Teil des Nährstoffkreislaufes, die der Pflanze die Nahrung liefere, die sie brauche, also ein "wichtiges Glied der Wertschöpfung". Und: "So, wie wir produzieren, dürfte die Nitratbelastung des Trinkwassers höchstens bei 20 Milligramm liegen", ist er sich sicher. 50 Milligramm sind der Grenzwert.
Die Landwirte sehen sich als "Bewahrer und Designer" der Kulturlandschaft, die keinerlei Interesse hätten, an dem Ast, auf dem sie sitzen – eine intakte Natur – zu sägen. Offene Märkte, niedrige Produktpreise, eine wachsende Flut an Vorschriften und Verordnungen seien die Realität. Ein Teilnehmer eines Mahnfeuers habe ihm berichtet, dass "unsere Kinder in den Schulen ausgegrenzt und gemobbt werden, weil ihre Eltern Landwirte sind".
Landwirt ist für Andreas Gerner und Jürgen Schmidt dennoch der "wichtigste Beruf der Welt, denn Hunger hat jeder jeden Tag". "Unser täglich Brot gib uns heute, beten die Menschen in der Kirche, wäre schön, wenn die Leute auch darüber nachdenken würden, was wir gemeinsam tun können, damit es so bleibt", gibt Jürgen Schmidt noch zu bedenken. Auch deshalb würden die Feuer brennen. "Wir wollen uns zeigen und dialogbereit bleiben, redet mit uns, statt über uns." Das nächste Mahnfeuer wäre eine gute Gelegenheit, genau dies zu tun.
Produktionssenkung um 1/3.
Nur ein Beispiel : die Rapsernte in Westeuropa ist durch die trockene Jahre 2017-19 um bis zu 50% eingebrochen. Ich selber habe durch ein bißchen Glück mit dem Wetter (punktuelles Gewitter) einen vernünftigen Ertrag gemacht. Meinen Sie das macht sich jetzt beim Verkauf bemerkbar. Kaum der Rede Wert denn die Ukraine und weitere Ostblockstaaten fluten den Markt.
Mercosurabkommen. Warum brennt der Amazonaswald? Weil du uns mit Rindfleisch bedienen wollen. Landwirtschaftliche Produkte ist Weltmarkt. Uns solange Transport fast nix kostet wird es nicht besser.
Es werden mir, wie eben von Ihnen, zu viele Halbwahrheiten als Argumente verwendet. Tatsache ist, dass höhere Erzeugerpreise für die Landwirte zu weiterer Produktionssteigerung führen und weil 60 % der Menschen in D zu fett sind, muss der Überschuß zwangsläufig in den Export, wobei 1/3 der Lebensmittel noch vernichtet werden. Wollen Sie dass der Durchschnittsmensch 150 kg auf die Waage bringt? Ich nicht. Ich bin dafür dass die Leute die Hälfte futtern und dafür das doppelte zahlen. Dann wäre ein vernünftiges Gleichgewicht, mit dem alle zu frieden sein könnten erreicht. Wenn das alles kein Irrsinn ist, was denn dann?
Ich sage nur BROT UND SPIELE.
Volle Sympathie gegenüber diesen Landwirten.
Volle Antipathie gegenüber Leuten die im SUV den Billigfraß im Aldi kaufen und dann noch ihre Kinder gegenüber den Kindern von Bauersfamilien aufhetzen.
Fakt ist aber, daß für das Sterben der Landwirtschaft, hauptsächlich der Bauer selbst drann Schuld ist.
Viel zu lange hat sich diese Berufsgruppe hinter dem Karren des Bauernverbands, der CSU und der Chemielobby spannen lassen.
Von drei Einkaufstüten Lebensmitteln, wird eine durchschnittlich in Deutschland weggeschmissen.
Hier werden Schweinehälften noch für den Chinesischen Markt produziert. Die Gülle bleibt bei uns.
Es zeigt, wie komplett krank das System ist.
Landwirt Gerner hat vollkommen Recht. Unsere Landwirte brauchen vor allem Planungssicherheit. Aber nicht mit weiter so, und weiteren Subventionen.
Ein komplettes Umdenken muss her beim Verbraucher, in der Politik und beim Landwirt.