
Je ländlicher die Region, desto männlicher die politische Repräsentation. Das hat die Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF) aus Berlin in einer Studie wissenschaftlich festgestellt. Eine Folge davon ist das bundesweite Projekt "Frauen in die Politik!", mit dem mehr Frauen vor allem für die Kommunalpolitik gewonnen werden sollen. Der Landkreis Schweinfurt ist als eine von zehn Kommunen in Deutschland dafür ausgesucht worden. Im Landratsamt hat man nun ein halbes Jahr Erfahrung damit.
Im Landkreis gibt es nur vier Bürgermeisterinnen
"Das passt zu unserem Portfolio", begründet die Gleichstellungsbeauftragte Ute Suckfüll die Bewerbung für das Projekt. Seit Jahren schon wirbt sie mit diversen Programmen dafür, dass sich Frauen verstärkt in der Politik engagieren (können). Denn der Bedarf ist in ihren Augen weiterhin da: Vier von 29 Bürgermeisterämtern im Landkreis Schweinfurt üben Frauen aus; 25 Prozent der Personen in den Gemeinderäten sind weiblich.
Kernstück des Bundesprojekts ist ein Mentoring-Programm. Erfahrene Politikerinnen sollen je eine Interessentin an die Hand nehmen. Zwölf Paare sind es im Landkreis. Eines davon bilden Karin Dütsch aus Unterspiesheim und die SPD-Kreisrätin Simone Kreß aus Wasserlosen. Ziel ist es, sich gegenseitig Mut für das Engagement zu machen und sich mit anderen zu vernetzen. Ein beidseitiger Lernprozess, wie Dütsch und Kreß schon festgestellt haben. Und natürlich geht es auch darum, Frauen für eine Kandidatur bei den Kommunalwahlen 2026 zu gewinnen.
Neue Wege für Wahllisten der Gemeinderäte
Für Karin Dütsch, die ansonsten im Chor in Unterspiesheim aktiv ist, stellen die einzelnen Ortsteillisten für die Gemeinderatswahl in Flächengemeinden ein Hindernis für Bewerbungen dar. Weil das Kirchturmdenken oft noch ausgeprägt ist. Und letztlich auch Frauen häufiger Männer wählen als umgekehrt. Ein Gegenbeispiel ist in ihrer Heimatgemeinde Kolitzheim die Liste "Achtsam", die 2020 erstmals im Gremium vertreten ist.
Für Dütsch ist die Kandidatur für den Gemeinderat eine Option, die sie aber nicht unter allen Umständen durchsetzen will. Solche Überlegungen kennt auch Mentorin Kreß: Nach ihrer Erfahrung haben Frauen bei ihrem Engagement eher das Ergebnis im Blick und orientieren sich um, wenn sich das gewünschte Resultat nicht einstellt oder die Arbeitsatmosphäre nicht stimmt.
Für Ute Suckfüll ist der Schlüssel für politisches Engagement, wie sich Familien organisieren. Die Aufgaben müssten zwischen Müttern und Vätern aufgeteilt werden. Und Frauen sollten sich trauen, Freiräume einzufordern. Politisches Engagement dürfte da nicht zusätzlich draufgepackt werden.
Simone Kreß wünscht sich in der Politik auch mehr Junge
Für Simone Kreß steht das nicht im Widerspruch zueinander. Denn sie macht bei jungen Vätern einen stärkeren Anspruch aus als in der Generation davor, stärker in die familiären Abläufe eingebunden zu werden. Das ist dann auch möglich, wenn es um die Einbindung eines politischen Ehrenamts geht. Ohnehin gehe es ihr darum, dass nicht nur mehr Frauen, sondern auch mehr junge Menschen mitmachen: Das Ideal sind für sie gemischte Teams.
Informationsangebote haben hohe Qualität
Angetan sind Dütsch und Kreß vor allem von der Qualität der (Online-)Veranstaltungen mit erstklassigen Referentinnen. Ein Blick in das Angebot zeigt, dass dort praxisnahe und aktuelle Themen zu finden sind: Wie etwa ein Vortrag am 3. Juni, wie sich Politikerinnen besser schützen können. Das hohe Niveau will Suckfüll auch bei den lokalen Angeboten erreichen.
Auch wenn das Bundesprojekt auf zwei Jahre angelegt ist, soll nach Suckfülls Vorstellung die Arbeit fortgesetzt werden. Die Mentoring-Paare sollen dann als Multiplikatoren weitermachen. Denn auch in den nächsten Jahren wird der Bedarf weiterhin groß sein, Frauen nach vorne zu schieben.