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Schweinfurt
Landgericht Schweinfurt spricht 30-Jährigen vom Vorwurf des schweren Bandendiebstahls frei
Bankautomatensprengung in Röthlein: DNA-Spuren und "reines Bauchgefühl" reichen dem Gericht nicht für einen Schuldspruch.
Am 6. 1. 2019 wurde der Geldautomat der VR-Bank Röthlein gesprengt. Jetzt stand ein Verdächtiger vor Gericht.
Foto: Armin Strohäcker | Am 6. 1. 2019 wurde der Geldautomat der VR-Bank Röthlein gesprengt. Jetzt stand ein Verdächtiger vor Gericht.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 18.02.2024 02:44 Uhr

Der Angeklagte wird freigesprochen, die Kosten trägt die Staatskasse. Für die erlittene Auslieferungs- und Untersuchungshaft ist er zu entschädigen. Nachdem die Gerichtsvorsitzende am Faschingsdienstag um 10 Uhr dieses Urteil verkündet hat, weinen seine aus den Niederlanden angereisten Angehörigen vor Freude. Der Haftbefehl gegen den 30-Jährigen wird aufgehoben, er kommt auf freien Fuß.

Dem Mann war vorgeworfen worden, an der Sprengung des Bankautomaten der VR-Bank in Röthlein am 6. Januar 2019 gegen 4.30 Uhr beteiligt gewesen zu sein. "Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit schwerem Bandendiebstahl und Zerstörung von Bauwerken" lautete der Anklagevorwurf. 116.000 Euro wurden damals erbeutet. Doch die Beweisführung erwies sich als schwierig. Die Anklage nennt nur den Namen eines bereits Verurteilten und spricht von zwei bis drei Mittätern.

Was beweist die DNA-Spur?

Einer soll der 30-Jährige sein, der nun in Schweinfurt vor Gericht stand. Auf ihn waren die Ermittler gekommen, nachdem sie zwei Wochen nach der Röthleiner Automatensprengung per Zufallsfund – im Rahmen einer Rauschgiftermittlung – das Tatauto in einer Garage im Nachbardorf entdeckt hatten. Auf einem Hammer und in einem Handschuh fanden sich DNA-Mischspuren, darunter die des Angeklagten, der auf Antrag der Staatsanwaltschaft Schweinfurt ausgeliefert wurde.

Doch taugt die DNA-Spur auch als Nachweis einer Beteiligung bei der Tat in Röthlein? Der Staatsanwalt sieht sie als starkes Indiz. Darüber hinaus hatte ein bereits Verurteilter aus der Sprengerszene, der nun als Zeuge vorgeführt wurde, vor der Polizei den Angeklagten als Beteiligten genannt – jetzt vor Gericht allerdings sagte er, dies sei eine Falschbezichtigung gewesen. Er habe sich das ausgedacht.

Ein weiterer Verurteilter aus der Szene verweigerte die Aussage zu einem möglichen Tatbeitrag des Angeklagten – trotz drei Tage zusätzlicher Ordnungshaft. Dann ist da noch eine Hotelbuchung und die Aussage der Ehefrau des Angeklagten, wonach beide vom 5. auf den 6. Januar 2019 (genau zur Tatzeit) in einem Hotel in Utrecht übernachtet hätten. Ein Alibi.

Staatsanwalt fordert acht Jahre Haft

Für den Staatsanwalt reichten die Beweise dennoch. Die Aussage der Ehefrau sei mit Vorsicht zu genießen und eine Hotelbuchung kein Beweis, dass man dort war. Die Verbindung des Angeklagten zur Sprengerszene, die ursprüngliche Aussage des verurteilten Zeugen – genügend Indizien für die Mittäterschaft bei der Tat in Röthlein. Der Staatsanwalt forderte acht Jahre Haft und die Einziehung von Wertersatz von 116.000 Euro.

Nichts von alledem stehe fest, es sei "überhaupt nicht klar, wer beteiligt war", so der Verteidiger. Ein Kontakt seines Mandanten zur Sprengerszene sei auch nicht belegt. Es gebe kein einziges objektives Beweismittel, das ihn überführen würde. Die DNA-Spuren seien Mischspuren und weder der Hammer, noch die Handschuhe könnten der Tat in Röthlein zugeordnet werden. Sein Antrag: Freispruch.

Genauso urteilte die Kammer. "Grundsätzlich ist es mehr als wahrscheinlich, dass der Angeklagte mit der Sprengerszene zu tun hat, aber man kann nicht jemanden aufgrund eines reinen Bauchgefühls für mehrere Jahre in Haft schicken." Ein Zusammenhang zwischen DNA-Spuren an Tatwerkzeugen und der Beteiligung des Angeklagten an der Automatensprengung in Röthlein sei nicht herstellbar, so die Vorsitzende. Damit sei der Angeklagte nach dem Zweifelsgrundsatz freizusprechen. Den Haftbefehl hob sie auf. Die Staatsanwaltschaft kann Revision einlegen.

 
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  • Helga Scherendorn
    Alles deutet drauf hin, aber ohne Geständnis ist unser Rechtssystem für die Katz.
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  • Roland Albert
    Die Aussage ist falsch. Es deutet zwar darauf hin, wenn man es so interpretieren will. Hätten die Erfüllungsgehilfen einen besseren Job gemacht, wäre die Beweislage eindeutig und eine Verurteilung geboten. So ist es im Sinne unseres Rechtssystems ein Urteil, das so gesprochen werden musste.
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