Wegen zum Teil gefährlicher Körperverletzung an drei Frauen musste sich jüngst ein 32-Jähriger aus dem Landkreis Schweinfurt vor der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt verantworten.
Laut Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte in der Einrichtung für behinderte Menschen im Landkreis Schweinfurt vor einem knappen Jahr einer ebenfalls in der Werkstatt beschäftigten 52-jährigen Frau in der Cafeteria mit beiden Händen den Hals zugedrückt haben, sodass sie für kurze Zeit kaum Luft bekam. Erst als sie ihm eine Ohrfeige gab, habe er von ihr abgelassen.
Einen Monat später soll sich der kräftig gebaute Mann in derselben Einrichtung einer am Schreibtisch sitzenden Gruppenhelferin genähert, seinen rechten Arm um ihre Kehle gelegt und zugedrückt haben. Dabei habe er, so der Staatsanwalt, über der Jogginghose an seinem Penis gerieben. Nur dank eines erlernten Selbstverteidigungsgriffes habe sich die Attackierte befreien können. Unter Tränen hat sie nun als Zeugin darüber berichtet. Bis heute sei sie durch den Vorfall arbeitsunfähig, sagte sie.
Demente Seniorin bedrängt?
Der Beschuldigte wurde laut seiner Anwältin darauf hin aus der Einrichtung entlassen. Von seinem Elternhaus aus soll er nur zwei Wochen später, Mitte April 2023, an der Haustür einer schwer dementen und sehr betagten Frau geklingelt haben, die ihn hereinließ. Was dann geschah, weiß niemand genau. Weder der Beschuldigte noch sein mutmaßliches Opfer können – jeweils krankheitsbedingt – dazu Angaben machen, Zeuginnen und Zeugen gibt es nicht.
Der Staatsanwalt geht aber von einer sexuell motivierten Tat des Beschuldigten aus, bei der die Frau eine Kellertreppe hinabstürzte und sich mehrere Hämatome sowie eine blutende Wunde im Gesicht zuzog. Nachdem ein Nachbar Hilfeschreie gehört, Sturm geklingelt und laut gerufen habe, soll der 32-Jährige von der Seniorin abgelassen und die Haustür geöffnet haben. Dabei, so der Nachbar als Zeuge, habe sich der Beschuldigte über der Jogginghose im Genitalbereich gerieben. Er entfernte sich noch vor dem Eintreffen der Polizei, wurde aber später zu Hause angetroffen. Seit einem Dreivierteljahr ist der 32-Jährige nunmehr in der Psychiatrie untergebracht.
Mehrere Vorfälle aktenkundig
Es habe schon früher etliche Vorfälle gegeben, bei denen der Beschuldigte meistens Frauen angesprochen, begrapscht oder belästigt habe, sagte die polizeiliche Sachbearbeiterin als Zeugin. Davon – meist aber unterhalb einer Straftat – weiß auch die Kammervorsitzende. Sie verliest ferner drei Taten aus dem Bundeszentralregister: eine Beleidigung, exhibitionistische Handlungen sowie eine Körperverletzung aus den Jahren 2016 und 2018 – allesamt eingestellt wegen Schuldunfähigkeit. Frauen gegenüber soll er "Onanierbewegungen" gemacht haben.
Wie gefährlich waren die Übergriffe des Beschuldigten in den in der Antragsschrift genannten Fällen? Ein Zudrücken des Halses mit dem Arm, wie bei der Gruppenhelferin der Einrichtung, sei immer "abstrakt lebensgefährlich", im konkreten Fall jedoch nicht, befand der Rechtsmediziner. Die Verletzungen der dementen Hausbesitzerin, die der Beschuldigte verursacht haben soll, konnte der Gutachter dagegen nicht einmal eindeutig zuordnen.
Intelligenzniveau "massiv reduziert"
Allen drei aufgeführten Taten könnte eine sexuelle Motivation zugrunde gelegen haben, sagte der psychiatrische Sachverständige. Sexuell auffälliges Verhalten soll der Beschuldigte schon früher gezeigt haben. Sein Intelligenzniveau sei "massiv reduziert". Er könne nicht reden, lesen oder schreiben, sei nicht beschulbar und brauche bei allen täglichen Dingen Unterstützung. "Mit Moral oder Regeln kann er nichts anfangen, was ein Gesetz ist, versteht er nicht." Seine Beeinträchtigungen seien nicht vorübergehend und eine Veränderung nicht zu erwarten, so der Gutachter.
Taten wie die in der Antragsschrift aufgeführten – der Angriff gegen den Hals, das Treppenhinunterschubsen – könnten auch künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit vorkommen. Die Voraussetzungen zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach Paragraf 63 Strafgesetzbuch seien gegeben. "Es muss nicht unbedingt die Forensik sein", so der Gutachter, "aber schon eine geschlossene Einrichtung mit gut strukturierter Betreuung." Zu Hause bei den Eltern sei dies nicht möglich. "Die können ihn nie und nimmer ausreichend überwachen", so der psychiatrische Sachverständige.
Angesichts dieser gutachterlichen Klarheit kamen auch Staatsanwalt und Verteidigerin zum Ergebnis, dass eine Unterbringung des 32-Jährigen anzuordnen sei. Diese könne auch nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Nur den versuchten sexuellen Übergriff auf die demente Frau sah die Anwältin nicht als erwiesen an.
Gericht spricht ihn wegen Körperverletzung in drei Fällen schuldig
Mit seinem Urteil folgt das Gericht am dritten Verhandlungstag größtenteils den weitgehend übereinstimmenden Anträgen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung. Das Gericht sehe es als erwiesen an, dass sich der Angeklagte in allen drei Fällen der Körperverletzung schuldig gemacht habe.
Im Fall der dementen Seniorin stimme man der Ansicht der Verteidigung zu, dass eine sexuelle Motivation nicht abschließend habe geklärt werden können. "Es war extrem schwierig bis hin zu unmöglich, den Tathergang exakt zu rekonstruieren", so die Vorsitzende Richterin. Sicher sei jedoch, dass der Angeklagte "in strafrechtlich relevanter Weise zu dem Sturz beigetragen" habe.
Deshalb spricht das Gericht den 32-Jährigen wegen vorsätzlicher, gefährlicher und fahrlässiger Körperverletzung schuldig. Allerdings sei der Angeklagte nach gutachterlicher Einschätzung aufgrund seiner Intelligenzminderung nicht in der Lage, das begangene Unrecht einzusehen und damit nicht schuldfähig.
Wegen der hohen Wiederholungsgefahr sehe das Gericht eine Bewährungsstrafe als nicht möglich an und ordnet die mittelfristige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. "Es ist traurig, zu sehen, dass sich offenbar niemand so richtig um den Betroffenen kümmert", so die Vorsitzende Richterin am Ende der Urteilsverkündung.
Der Angeklagte hat die Prozesskosten zu tragen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.