Die Pläne für die Landesgartenschau 2026 in einem Teil der Ledward Kaserne und am Kessler Field haben ja grundsätzlich schon genug Diskussions-Potenzial. Doch die Corona-Pandemie hat den Fokus wie ein Brennglas noch einmal vor allem auf die finanziellen Aspekte des Projekts gelenkt. Die Gewerbesteuer-Einnahmen der Stadt sind im freien Fall, da es der Wirtschaft vor Ort schlecht geht. Kann sich die Stadt das wohl wichtigste Infrastruktur-Projekt der nahen Zukunft überhaupt leisten?
Wer die Antwort auf diese Frage kennt, hat eine besonders gut polierte Glaskugel. Niemand weiß, wie sich die Wirtschaft in den nächsten Jahren entwickelt; niemand weiß, wie heiß oder verregnet der Sommer 2026 wird. Und dennoch, Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) als größter Verfechter der Landesgartenschau-Pläne, wird nicht müde, sie zu verteidigen.
Sie ist nicht einfach nur eine Blümchenschau, wie manch Spötter despektierlich meint, sondern "in erster Linie eine städtebauliche Maßnahme, die begleitet wird von anderen Umweltprojekten, für die wir hohe Förderungen in Aussicht gestellt bekommen haben", wie Remelé im Exklusiv-Interview mit dieser Zeitung kürzlich erklärte. Das wichtigste Fernziel sei, "Schweinfurt auf den Klimawandel vorzubereiten."
Der Stadtrat ist sich längst nicht einig über das Projekt, zuletzt war das deutlich zu sehen in der Sitzung Ende Mai. Die Zusammenkunft am 29. September ist für die Verwaltung besonders wichtig. Auf der Agenda stehen der Durchführungs-Vertrag mit der Landesgartenschau GmbH, die Ausschreibung des Gestaltungs-Wettbewerbs sowie der Ideen-Wettbewerb für die Korrespondenzprojekte in der Innenstadt, die vor allem für die Grünen ein Muss sind.
Gerade der Vertrag zwischen der Stadt und der Landesgartenschau GmbH in München, die den Zuschlag für 2026 erteilte, wird kritisch beäugt. Die LGS in Würzburg 2018 zum Beispiel hatte ein millionenschweres Defizit, weil vor allem wegen des sehr heißen Sommers damals zehntausende weniger Besucher kamen als veranschlagt. Auch aus anderen Städten wie Deggendorf wurde Kritik an der Landesgartenschau GmbH laut.
Knackpunkt: Das finanzielle Risiko liegt immer vollständig bei der Stadt, die eine Landesgartenschau ausrichtet. Doch hat die Kommune am Ende auch das letzte Wort, wenn es darum geht, wie die Schau genau gestaltet wird? Geld fließt nur von einem Gesellschafter, der jeweils veranstaltenden Stadt, aber nicht von Seiten der Landesgartenschau GmbH. Finanzreferentin Anna Barbara Keck war an den Verhandlungen über den Vertrag in den vergangenen Monaten beteiligt. Auf Nachfrage bestätigt sie, dass es ein der besonderen Situation angepasster Vertrag ist, "mit einem Ausstiegsszenario."
"Dieser Vertrag ist kein Standard und er ist so, dass er aus meiner Sicht auch für die Stadt Schweinfurt unterzeichenbar ist", betont Keck. Es handelt sich auch um zwei Verträge. Gegründet wird zunächst eine GmbH zwischen der Stadt und der Landesgartenschau GmbH für den Zweck, die Landesgartenschau 2026 durchzuführen. Darüber hinaus gibt es einen Vertrag, der regelt, wie das Ausstellungsjahr abläuft und alles was bis dahin zu tun ist. Sowohl Stadt als auch Landesgartenschau GmbH stellen einen Geschäftsführer.
Die Stadt, so Keck, "hat ihren Standpunkt deutlich gemacht." Heißt, man hat darauf hingewiesen, dass im Moment schwierig abzusehen ist, ob man sich das Projekt angesichts der Pandemie-bedingten finanziellen Einbußen auch in zwei, drei Jahren noch leisten kann. Für die Kämmerin am wichtigsten ist der Business-Plan, in dem auch viel Know-How der Landesgartenschau GmbH der vergangenen Jahrzehnte steckt.
Die Landesgartenschau hat zwei Haushalte, beide in etwa zwölf Millionen Euro. Im Investitionshaushalt werden die Baumaßnahmen der Daueranlagen abgebildet, also zum Beispiel der Bürgerpark in Ledward. Dafür gibt es eine einmalige Förderung von fünf Millionen Euro vom Freistaat. Dazu gibt es einen Durchführungs-Haushalt, in dem alle Kosten enthalten sind, die für die Zeit der Landesgartenschau 2026 selbst als auch bis dahin benötigt werden. Er beträgt ebenfalls zwölf Millionen Euro.
Refinanziert wird dieser Haushalt unter anderem durch Eintrittsgelder (man rechnet mit rund 500 000 Besuchern) und Sponsoring-Gelder. Wie er sich genau zusammensetzt, präsentiert Anna Barbara Keck öffentlich erst im Stadtrat, auch mit welchem Defizit im schlimmsten Fall zu rechnen sein könnte. Kritiker sehen vor allem beim Durchführungs-Haushalt das größte Risiko für die Stadt, verweisen auf Würzburg 2018 als Negativ-Beispiel.
Baureferent Ralf Brettin betont immer wieder, man müsse die Landesgartenschau-Pläne als Prozess sehen, bei dem man am Anfang stehe. Aber: "Wir sind vernünftig und sorgfältig und werden alles tun, damit wir die Landesgartenschau im Griff haben." Man müsse "Leitplanken" setzen, aber auch Schwierigkeiten akzeptieren. Brettin ist sich sicher, die Akzeptanz für das Projekt werde deutlich steigen, wenn 2021 der endgültige Entwurf für das Ausstellungsgelände vorliegt und man wisse, wie es ausschauen solle.
In der Bauverwaltung ist für die Landesgartenschau-Planung Carola Treiber mit verantwortlich. Für sie ist das Projekt "ein Motor für die Stadtentwicklung", der einen großen Vorteil hat: die gebündelte Förderung durch den Staat.
Der Punkt beim Thema Förderung ist, dass sie anders abläuft als bei sonstigen Projekten. Grundsätzlich ist es so, dass von den jeweiligen Fördergebern wie EU-Programme, Bund und Freistaat für eine Stadt, die eine Landesgartenschau ausrichtet, ein großes Paket geschnürt wird, um möglichst zielgerichtet für das Ausstellungsjahr die optimale staatliche Förderung über die bereits zugesagten fünf Millionen Euro hinaus zu bekommen. Die LGS ist hier also ein Hebel, gerade für die Korrespondenzprojekte Fördergelder zu bekommen, die es ansonsten in dieser Form nicht gäbe.
"Natürlich soll es ein schöner Sommer 2026 für die Bürger in Schweinfurt und der Region werden", betont Ralf Brettin, "doch wichtig ist, was dauerhaft und nachhaltig bleibt." Die Bürger wurden bereits mit Workshops, Begehungen und in einer Bürgerversammlung eingebunden. Weitere Workshops folgen in den nächsten Jahren, versichert der Baureferent. Gerade bei dem Workshop jüngst im Sommer habe es viele interessante Anregungen gegeben, erzählt Carola Treiber.
"...dass es ein der besonderen Situation angepasster Vertrag ist, mit einem Ausstiegsszenario."
Bei einem Ausstieg hätte sich die (Bau)Verwaltung jahrelang umsonst mit der LGS beschäftigt und zwangsläufig gleichzeitig existenzielle Dinge für SW vernachlässigt: bereits jetzt kann sie nur noch 3 Gewerbegrundstücke und kein einziges(!) Industriegrundstück mehr anbieten und zudem der großen Nachfrage nach EFH-Grundstücken bei weitem nicht mehr nachkommen!
Will heißen: wenn eine Firma ein (Industrie)Grundstück in SW sucht und ihre Angestellten hier bauen wollen, geht BEIDES(!) schon jetzt nicht mehr. Was zu Gewerbe- und Einkommensteuereinbußen führt!