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Schweinfurt
Kung Fu in der Hambacher Wirtshausscheune: Großmeister Andreas Hoffmann demonstriert 1500 Jahre alte Kampfkunst
Der Schweinfurter Regisseur Kevin Wloczyk dreht einen Spielfilm über die alte chinesische Kampfkunst Weng Chun. Weitere Drehs in Hongkong sollen folgen.
Mit Stab und Stäbchen gleichermaßen geschickt: Hier demonstriert Großmeister Andreas Hoffmann seine Kampfkunst für ein Promofoto.
Foto: Marcel Gollin | Mit Stab und Stäbchen gleichermaßen geschickt: Hier demonstriert Großmeister Andreas Hoffmann seine Kampfkunst für ein Promofoto.
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:34 Uhr

Leg' dich nie mit dem Koch an, er könnte ein heimlicher Kampfkünstler sein. In einer beliebten Kung-Fu-Geschichte drangsaliert Räuber Tiger Wong eine Schaukampftruppe, die auf der "Roten Dschunke" von Stadt zu Stadt reist. Da lernt er Abt Chi Sim Sin Si so richtig kennen, der unerkannt in der Kombüse mitfährt. Der Shaolin-Mönch überwindet den Knochenbrecher mit geschmeidiger Fangarm-Technik, a la Hollywoodsmutje Steven Seagal: "Alarmstufe Rot" auf chinesisch.

Ansgar Zänglein dürfte die Story gefallen, die sich auf der Facebook-Werbeseite für das Dokudrama "Weng Chun Kung Fu – Shaolins weiche Kraft" findet. Der weitgereiste Chef vom Hambacher Dorfwirtshaus ist selbst Hobbykampfsportler. Für Zänglein war es eine Selbstverständlichkeit, die urige Scheune nebenan für die Eröffnungssequenz zur Verfügung zu stellen. Der Kontakt kam über den Dittelbrunner Filmemacher Rüdiger Wolf zustande.

Kevin Wloczyk, Andreas Hoffmann und Ansgar Zänglein (von links) in der Hambacher Wirtshausscheune, die eine Hongkonger Kampfsportstätte doubelt.
Foto: Uwe Eichler | Kevin Wloczyk, Andreas Hoffmann und Ansgar Zänglein (von links) in der Hambacher Wirtshausscheune, die eine Hongkonger Kampfsportstätte doubelt.

Auf dem Dachboden lächelt Buddha, Räucherstäbchen kokeln neben Übungswaffen. Andreas Hoffmann, Großmeister aus Bamberg, soll seine Kampfkunst an einer Holzpuppe demonstrieren und dann eine Teezeremonie beginnen, so der Plot.

"Weng Chun" bedeutet "Ewiger Frühling". In Schweinfurt wird der Stil von "Sifu" Matthias Dietrich gelehrt. Bei ihm, in der Friedrich-Stein-Straße, trainiert Kevin Wloczyk, ein mit 27 Jahren schon vielbeachteter Schweinfurter Regisseur. "Wildscreen Entertainment" nennt sich Wloczyks Produktionsfirma, die für dieses Projekt mit der Agentur "Boxfish" zusammenarbeitet. Die Würzburger Expertinnen und Experten für Werbe- und Imagefilme sorgen für den passenden "Kino Look".

Zur Ausrüstung zählt Steadicam- und Ready-Rig-Technik, die wackelfreie Kamerafahrten ermöglicht. Im Herbst sollen Drehs in Hongkong folgen. Dort wurde Andreas Hoffmann ab 1986 in die Geheimnisse des Weng Chun eingeweiht, um es vor dem Aussterben zu retten.

Wackelfrei: Die Steadicam gehört zu den Dreharbeiten in der Scheune dazu.
Foto: Uwe Eichler | Wackelfrei: Die Steadicam gehört zu den Dreharbeiten in der Scheune dazu.

"Es sieht schon sehr chinesisch aus", lobt der Wahl-Bamberger, der den Stil in 15 Länder verbreitet hat, die Location. Hoffmann spricht leise und scheint vollkommen in sich zu ruhen, in Mönchsrobe. Die Griffe und Schläge an der Drehpuppe wirken harmonisch und kraftvoll zugleich.

"Die höchste Kunst des Kampfes ist, nicht zu kämpfen" lautet das Motto des Films. Weng Chun soll 1500 Jahre alt sein. Laut Legende hat ein buddhistischer Mönch den "Immerwährenden Frühling" ins Kloster Shaolin gebracht. Nicht zu verwechseln ist diese Kung-Fu-Spielart mit Wing Tsun, dem "Schönen Frühling". Bei den fließenden, geschmeidigen Bewegungen geht es auch um Gesundheitsvorsorge und persönliche Entwicklung. Der Kampfsport half den Wandermönchen, sich und andere gegen Räuber oder Piraten zu verteidigen. Dahinter steht eine ganzheitliche Philosophie, sagt Hoffmann, der auch hierzulande innere Stärke vermitteln will.

Seit 1983 ist Großmeister Hoffmann jedes Jahr nach Hongkong gereist, inspiriert von Bruce Lee: "Ein großes Abenteuer" sei das zu Beginn gewesen, erinnert sich der gebürtige Stuttgarter, Jahrgang 1966, der in Bamberg Diplompädagogik studiert hat. Damals war die quirlige Millionenmetropole noch britische Kronkolonie. Ohne Kantonesisch-Dolmetscher ging es trotzdem nicht. Viele Kung-Fu-Meister waren vor Maos Kulturrevolution aus der Volksrepublik in den sicheren Hafen Hongkong geflohen.

Lehrer und Schüler in der Hongkonger Akademie Dai Duk Lan: Andreas Hoffmann mit dem chinesischen Großmeister Wai Yan, der 2002 verstorben ist.
Foto: Weng Chun International HQ | Lehrer und Schüler in der Hongkonger Akademie Dai Duk Lan: Andreas Hoffmann mit dem chinesischen Großmeister Wai Yan, der 2002 verstorben ist.

"Dai Duk Lan" wurde die Akademie genannt, neben einem Lebensmittelmarkt, wo Großmeister wie Wai Yan diskret die Tradition erhalten wollten. Das Porträt des Akademieleiters lächelt ebenfalls auf dem Dachboden. Streng war er nie, erinnert sich Hoffmann an seinen "Drachen", wie die von Wai Yan zusammengeführten Meister genannt wurden. "Drache" Pak Cheung etwa wurde im südchinesischen Foshan aufgespürt. Ip Man, Bruce Lee's Lehrer, soll öfters in der Akademie vorbeigeschaut haben.

Regisseur Kevin Wloczyk freut sich über "geniale Bilder" in der fränkisch-chinesischen Dorfscheune. Die Ästhetik verbindet Film- und Kampfkunst: Wloczyk ist Autodidakt, der schon als Schüler erste Filme gedreht hat. Oft mischt sich in seinen Werken Grauen mit Lokalkolorit. In "Secrecy" darf ein Schweinfurter Arzt morden, in "The Way around the Woods" erwacht der Horror in heimischen Wäldern zum Leben. Dafür gab es internationale Preise.

Spenden vom KulturPackt und der Kulturstiftung ermöglichen die aktuellen Dreharbeiten. Die leben von viel ehrenamtlicher Begeisterung, sind aber technisch ambitioniert: Tonmeister Mike aus Berlin etwa hat schon für eine 35-Million Euro-Serie gearbeitet. "Kevin macht aus kleinen Sachen was Großes", heißt es lobend am Filmset. Von "Boxfish" ist Franziska Heinemann dabei. Die Produktionsfirma hat sich unter anderem mit "Route 4" einen Namen gemacht, eine preisgekrönte Doku über "Sea Eye" und die Flüchtlingsrettung im Mittelmeer, in Kooperation mit Pro7-Moderator Klaas Heufer-Umlauf.

Kampfkunst als Lebenseinstellung: Der Regisseur bereitet die Räucherstäbchen vor.
Foto: Uwe Eichler | Kampfkunst als Lebenseinstellung: Der Regisseur bereitet die Räucherstäbchen vor.

Im Weng Chun-Film treffen erneut Welten aufeinander. Hoffmanns Erlebnisse in Hongkong wirken filmreif und authentisch zugleich, Videomaterial und alte Bilder sollen sie zum Leben erwecken. "Die chinesische Kultur ist nicht einfach", hat der Schüler gelernt. Es geht um Disziplin, Fleiß, Respekt und viele Feinheiten. Sein erstes Schulgeld hat der Ausländer im weißen Umschlag überreicht. Der Lehrmeister erbleichte: Weiß steht in China für Tod und Trauer, passend wäre glücksverheißendes Rot gewesen.

Dann die heimische Küche. Mit Grausen erinnert sich der gelernte Heilpraktiker an ein Restaurant, wo die Gerichte so frisch waren, dass die Tiere von den Feinschmeckern persönlich getötet werden durften: "Der Pizza Hut hat mich gerettet." Wobei Ente und Dampfnudeln schon lecker gewesen seien. Auch das Essen mit Stäbchen lasse sich lernen. Mittlerweile ist Andreas Hoffmann Buddhist und Vegetarier. Der Vertrieb des Films soll im Netflix-Zeitalter via Internet erfolgen.

Weitere Infos gibt es im Netz: https://www.facebook.com/WengChunMovie/ https://www.instagram.com/weng.chun.kung.fu.movie/

 
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