Noch am Dienstag war die Stimmung im Haupt- und Finanzausschuss angespannt, denn die Varianten für das geplante Kulturforum, die dort präsentiert wurden, hatten für einige Stadträte so gar nichts mehr mit dem zu tun, was man beschlossen hatte: Ein Kulturforum, das die drei Baudenkmäler Alte Reichsvogtei, Altes Gymnasium und Stadtschreiberhaus mit einem modernen Komplex verbindet, den städtischen Sammlungen neuen Raum gibt, ein Museum schafft, das mit einer Dauer- und Wechselausstellungen die Stadt- und die Industriegeschichte begreif- und erlebbar machen soll. Und: ein Kulturforum, das für die freie Kultur den dringend benötigten Saal in einer Größe von mindestens 300 Personen schafft. In der Sitzung des Kulturausschusses einen Tag später hatten sich die Wogen etwas geglättet. Doch die Ratlosigkeit und die Kritik blieben.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Oliver Schikora
Denn nach der ersten Feinplanung werden beide Varianten das Ziel nicht erreichen. Mehr als 266 oder 150 Plätze sind bei beiden nicht drin, hatten die Architekten Heinle, Wischer und Partner in einer Feinplanung nach dem Wettbewerbsieg festgestellt. Und: ein Kulturforum mit großem Saal würde rund 18 Millionen Euro kosten – vier Millionen mehr als die zweite Variante, die völlig neu ist. Bisher war der große Saal in einem Untergeschoss geplant, unter dem Hof zwischen Reichsvogtei, dem neuen, modernen Foyerbau und dem Stadtschreiberhaus. Die zweite Variante rückt davon ab: Der Saal, der an die Reichsvogtei angrenzt, liegt dann im Erdgeschoss, hat eine Glasfront und soll nach außen hin zu öffnen sein. Mit geschätzten Kosten von rund 14 Millionen Euro liegt sie im Rahmen des bisher als 15-Millionen-Euro-Projekt geplanten Kulturforums.
Zwei völlig unterschiedliche Varianten, die der Projektleiter des Architetenbüros, Helmut Hauke, vorstellte, und über die nun der Stadtrat entscheiden soll. Die Verwaltung, so Oberbürgermeister Sebastian Remelé, werde sich daran orientieren. Der Rat müsse die Richtung vorgeben, den Schwerpunkt setzen, bestimmen, was man bereit sei auszugeben. Offen für beide Varianten äußerten sich Kulturamtsleiter Christian Kreppel und Katharina Christ, Leiterin des künftigen Kulturforums. Die Frage sei nur, so Christ: "Ist es das wert?" Der Beschlussvorschlag der Verwaltung hatte – auch mit Blick auf die Kosten – die kleinere Saalvariante bevorzugt. Wobei Finanzreferentin Anna Barbara Keck grundsätzlich kein Problem mit den vier Millionen plus hätte. Wenn, wie sie betonte, die Entscheidung sinnvoll sei und das Modell Kulturforum damit funktioniere.
SPD-Fraktionschef Ralf Hofmann spricht von "Planungsdisaster"
Dass nun, da zumindest der grobe Weg vorgegeben schien, eine solche Grundsatzentscheidung getroffen werden muss, war eine Nachricht, die quer durch alle Fraktionen eingeschlagen hatte. Vor allem die SPD sieht die Wünsche des Stadtrats und den von der freien Kultur gemeldeten Bedarf nicht berücksichtigt. Warum nun wieder grundsätzlich diskutiert werden sollte, stieß bei Fraktionssprecher Ralf Hofmann auf harte Kritik. Die Vorgaben für einen Veranstaltungsraum mit mindestens 300 Personen fielen nicht vom Himmel. Architekt Hauke hatte die Mehrkosten unter anderem an dem zusätzlichen Raumbedarf für den großen Saal festgemacht. Ab dieser Größe seien mehr Nebenräume für Garderobe, Lager und Technik vorgeschrieben. Man müsse tiefer in die Erde gehen, ein Zwischengeschoss einbauen, um alles unterzubekommen.
Vorhersehbar, meinte Ralf Hofmann, der in der Präsentation den Versuch sah, "ein Planungsdisaster schönzureden". Räume für maximal 150 Personen gebe es in Schweinfurt genug. Die freie Kultur brauche diesen Saal, der eine Zwischengröße biete. Ein kleineres Angebot werde nicht angenommen und damit das Ziel verfehlt, auch auf diesem Weg das Kulturforum zu beleben. Nicht am Bedarf vorbei zu planen, mahnte sein Kollege Peter Hofmann. Würde man die Mehrkosten auf die zusätzlichen 600 Quadratmeter, die bei der Variante mit großem Saal entstünden, herunterrechnen, wäre diese Option nur 7,5 Prozent teurer als das kleinere Modell. Adolf Schön (proschweinfurt) schloss sich der Kritik der SPD an, auf die Baureferent Ralf Brettin mit einem Rückblick reagierte: Von Anfang an sei klar gewesen, dass die Entwicklung des Kulturforums ein laufender Prozess sei, in dem man nachjustieren müsse.
Auch die CSU wirkt irritiert und ist sich noch unsicher, welche Variante die bessere ist
Trotzdem: Auch die CSU wirkte nicht glücklich angesichts der Nachrichten. Bernd Weiß sprach von "Irritationen in der Fraktion", er persönlich könne mit beiden Varianten leben. Nun müsse man das Thema setzen lassen, sich in den Fraktionen besprechen, um im Stadtrat eine Entscheidung fällen zu können. Die nächste Sitzung ist am 23. Juli. OB Remelé hofft, dass es dann eine Abstimmung geben wird, um das Projekt weiter voranzutreiben. Er selbst scheint die kleinere Variante zu favorisieren, legte Wert darauf, dass der Saal nur ein Teil des Gesamtprojekts sei. Doch geht der nicht an dem vorbei, was die Kulturszene braucht? Gelingt es wirklich mit ihm, die Menschen ins Kulturforum zu bringen? Fragen, die sich für Klaus Rehberger (CSU) stellen. Während sich Georg Wiederer (FDP) Sorgen um die weitere Kostenentwicklung machte und aufrief, das Kultuforum nicht zum Wahlkampfthema zu machen, gab sich Sinan Öztürk (Linke) unaufgeregt. Die Planer hätten geprüft, wie die Vorstellungen des Rates umzusetzen wären. Das Ergebnis müsse man diskutierten – und dann eine Entscheidung treffen. Wie sie ausfällt, ist offen. Beide Ausschüsse gaben keine Empfehlung.
Ein neuer Wettbewerb soll den besten Gestalter für die Ausstellung finden
Wesentlich entspannter blicken die Räte auf das, was im Kultuforum selbst passieren soll. Und da geht es vor allem darum, Stadtgeschichte für alle Menschen neu und modern zu präsentieren. Vorstellungen gibt es, jetzt wird ein Büro gesucht, dass die Ausstellung gestaltet. Auch dafür soll es einen Wettbewerb geben. Die Ausstellung und die Ausstattung des Kulturforums wird noch einmal drei Millionen Euro kosten, egal, für welche Variante man sich entscheiden wird.