Es beginnt mit einem Knall. Dann staubt es ordentlich. Und nach wenigen Sekunden ist alles vorbei. Zurück bleibt ein Schutthaufen. 2024 werden die Wahrzeichen der Region, die Kühltürme des Kernkraftwerks (KKG) Grafenrheinfeld, in sich zusammenfallen. Laut Kraftwerksbetreiber Preussen Elektra sollen sie im August oder September 2024 gesprengt werden. Der konkrete Sprengtermin wird nicht bekannt gegeben.
"Wir wollen kein Event daraus machen", sagt Kraftwerksleiter Bernd Kaiser. Beim traditionellen Kraftwerksgespräch vor Kommunalpolitikern und Behördenvertretern gab er einen Zwischenbericht über den Stand des seit fünf Jahren laufenden KKG-Rückbaus und einen Einblick in die Planungen der Kühlturmsprengung.
Ursprünglich war die Sprengung der Türme bereits für Juli 2024 geplant. Laut Kraftwerksleiter Kaiser müssen aber noch Genehmigungsunterlagen eingereicht werden. Bei einem solchen Projekt muss neben dem Baurecht auch das Atomgesetz beachtet werden. Preussen Elektra muss sicherstellen, dass keine Schäden am Kontrollbereich des KKW und den beiden benachbarten Atommüll-Zwischenlagern für verbrauchte Brennelemente bzw. für schwach- und mittelradioaktiven Abfall durch die Erschütterungen entstehen. Spezielle Schutzvorkehren seien nicht notwendig, heißt es. Einzig die Lüftungsschächte werden an allen Gebäuden dicht gemacht, damit kein Staub eintreten kann.
Apropos Staub: Die Experten von Preussen Elektra gehen davon aus, dass die Wolke hauptsächlich auf dem KKG-Gelände niedergehen wird. "Nach zehn Minuten ist nichts mehr zu sehen", sagt Matthias Aron, zuständig für die Reststoffbearbeitung. Im Umfeld werde er höchstens wie "Pollenflug" oder "Saharastaub" bemerkbar sein.
Einen Tag vor der Sprengung wird das Gelände um die Kühltürme im Umkreis von 300 bis 500 Metern abgesperrt. Die nächsten Wohnhäuser liegen in Garstadt, 800 Meter entfernt. "Dort wird der Sprengknall schon nicht mehr zu hören sein", versichert Aron. Damit sich die Erschütterungswellen im Boden nicht summieren, werden die beiden Türme zeitversetzt gesprengt – im Abstand von 15 Sekunden.
Zeichen nach außen setzen
Profis werden die 143-Meter-Kolosse zu Fall bringen. Laut Preussen Elektra handelt sich um ein weltweit bewährtes und sicheres Verfahren, das allein in Deutschland mehr als 50 Mal erfolgreich praktiziert worden sei. Man werde sich auch die Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen von EnBW zunutze machen, die am 14. Mai 2020 die Türme des ehemaligen AKW Philippsburg (Lkr. Karlsruhe) per Explosion zum Einsturz gebracht hatten. Der Sprengstoff werde so angebracht, dass der Turm auf eine Seite kippt und dann "vertikal kollabiert".
Dass die beiden Kühltürme nicht wie ursprünglich mal geplant erst nach Ende des nuklearen Rückbaus 2033 abgebrochen werden, hat laut Kraftwerksleiter Kaiser zwei Gründe: Der Platz wird als Lagerfläche für Bauteile gebraucht. Und: "Wir wollen ein Zeichen nach außen setzen." Der Fortgang des 2018 begonnen Rückbaus solle sichtbar gemacht werden. Bislang spielte sich alles im Innern des Kernkraftwerks ab.
Im ersten Drittel des Rückbauprozesses wurden 4400 von insgesamt 27.000 Tonnen Masse zurückgebaut. Das hört sich wenig an, mengenmäßig ist es aber mehr als die Hälfte der insgesamt 20.500 Komponenten. Mit den richtig schweren Teilen geht es jetzt erst richtig los. Am Donnerstag erfolgte mit einem extra installierten Spezialkran der Ausbau des 380 Tonnen schweren Reaktordruckbehälters, das Herz der Anlage. Stück für Stück wird dieser nun zersägt, bis Juli 2024 soll er komplett zerlegt sein.
Wasserfreiheit seit August
Voraussetzung für den Ausbau des Reaktordruckbehälters war die Wasserfreiheit. Um heranzukommen, musste das 14 Meter tiefe und 1340 Kubikmeter fassende Lagerbecken für die Brennelemente leergepumpt werden. Das belastete Wasser wird nun aufbereitet. Dabei setzen sich die radioaktiven Stoffe ab, der Rest verdampft.
Der Rückbau ist eine hochkomplexe Angelegenheit. Bevor überhaupt damit begonnen werden konnte, musste erst einmal Platz geschafft werden. Es wurde aus- und umgeräumt, ab- und aufgebaut, um Abstellflächen für das abzubauende Material zu schaffen. Alle Teile aus dem nuklearen Bereich müssen in Stücke geschnitten werden, damit sie in die Strahlenmessgeräte passen und in spezielle Container verpackt werden können. Für den Abtransport der Boxen wurde ein zentraler Lastenaufzug in die Reaktorkuppel eingebaut. Auch ein neues Heizungs- und Lüftungssystem ist entstanden.
"Wir sind gut im Plan", sagt Kraftwerksleiter Bernd Kaiser. Nächstes Highlight ist nun die Sprengung der Kühltürme im nächsten Jahr. "Damit wird der Rückbaufortschritt des Kraftwerks zum ersten Mal nach außen hin sichtbar." Der Blick auf das KKG werde danach ein anderer sein.
Danke für Ihre nachdenkenswerten Aufzählungen
Das Mahnmal, das in Grafenrheinfeld auch nach der Sprengung der Kühltürme zurückbleiben wird, sind die schlecht geschützten Lagerhallen für den hochradioaktiven Atommüll.
Dort wird der hochradioaktive Atommüll „zwischengelagert“ und wird dort noch sehr lange stehen bleiben. Die Suche eines Endlagers hat ja gerade erst wieder einmal begonnen. Die Entscheidung für das Endlager soll nach neuer Planung frühestens Mitte der 2040er Jahre fallen. Fertigstellung noch vor dem Jahr 2100? Ungewiss ist also, wann der Müll abgeholt werden wird. Auf jeden Fall strahlt er mehrere 100.000 Jahre lang.
genau das war doch der "plan" der schwarz/gelben regierung die den atomausstieg 2011 beschlossen hat.
man hat doch damals auch auf ein "weiter so" mit der kohle gesetzt und zusätzlich auf die "brückentechnologie" gaskraftwerke, aber deutschland und brücken... da muss man nur nach sw gucken.
wollte nicht ein gewisser markus s. aus n. das bayern "isar 2 und gundremmingen zur not auch selbst betreibt"?
war die not jetzt doch nicht allzu groß?
und hätte die union nicht auch mal in karlsruhe nachfragen können ob die abschaltung vom 15.04. dieses jahres auch verfassungskonform ist?
also wenn man die türme stehen lassen würde, dann als mahnmal mit der beschriftung:
"hier ruhen die hinterlassenschaften des atomzeitalters, mit den besten grüßen an die kommenden generationen."
Man wusste schon auf der Autobahn nach einem Urlaub das man wieder zu Hause im Frankenlände ist.