Wie kann man ökologisch bauen und gleichzeitig wirtschaftliche Gesichtspunkte mit einbeziehen? Eine Frage, die sich seit einiger Zeit im Stadtrat stellt und nun aufgrund eines Antrags von Bündnis 90/Die Grünen wieder Thema im Umweltausschuss war.
Fraktionssprecher Reginhard von Hirschhausen hatte den Antrag gestellt, die Stadt solle bei Neubau und Sanierung ihrer eigenen oder städtisch genutzten Gebäude dem Beispiel Frankfurts folgen und den Passivhausstandard als Maßstab nehmen, mindestens aber den so genannten KfW-55-Standard.
Von Hirschhausen geht es darum, einen möglichst hohen und für die Umwelt nachhaltig nützlichen Standard bei Neubau und Sanierung zu Grunde zu legen, von dem aus man dann darüber diskutieren könne, ob er wirtschaftlich sinnvoll umsetzbar ist oder nicht und welchen Standard man dann stattdessen umsetzen würde. Er erklärte, Passivhäuser – also Häuser, die mehr Energie erzeugen, als in ihnen verbraucht wird – seien im Moment rund acht Prozent teurer als solche, die nach dem gesetzlichen Mindeststandard aus der Energieeinsparverordnung gebaut würden.
Langfristig rechnet sich aber die Mehrinvestition, das haben viele Studien gezeigt: "Ökonomie und Ökologie verlaufen da parallel", so von Hirschhausen, dessen Antrag mit der Mehrheit der CSU mit 8:7 Stimmen abgelehnt wurde. Gleichwohl konnten die Grünen einen Erfolg verbuchen: Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, zukünftig bei Neubau- und Sanierungsvorhaben immer verschiedene energetische Gebäudestandards zu untersuchen und dem Bau- und Umweltausschuss die Ergebnisse vorzulegen. Rüdiger Köhler (CSU) schlug vor, dass darüber hinaus der "aktuell bestmögliche energetische Standard" mit untersucht werden solle. Das Gremium stimmte mit 14:1 Stimmen zu.
Vorangegangen war eine längere Diskussion. Stadtbaumeister Markus Sauer erklärte, der Antrag der Grünen sei natürlich "im Sinne einer umweltfreundlichen und klimabewussten Kommune grundsätzlich begrüßenswert". Dennoch müsse man sich über die verschiedenen Begriffe im Klaren sein, was diese bedeuten und welcher Standard zu Grunde liegt.
Die KfW-Bankengruppe definiert in ihren Förderprogrammen drei verschiedene Standards, der Begriff "Passivhaus" wurde durch ein privates Institut aus Darmstadt definiert, ist aber kein gesetzlicher Standard, wie er sich aus der Energieeinsparverordnung ergibt. Die Europäische Union hat die Standards schon lange verschärft, sie entsprechen einem so genannten KfW-40-Haus. Diese Regelung ist aber bisher nicht in deutsches Recht umgewandelt worden, obwohl das hätte geschehen müssen.
SWG-Geschäftsführer Alexander Förster hatte im Herbst vergangenen Jahres im Stadtrat erläutert, dass die städtische Wohnungsbaugesellschaft grundsätzlich nach dem KfW-55-Standard baue und diesen oft unterbiete. Bei dieser Sitzung wurde die SWG darauf verpflichtet, "immer nach dem höchsten ökologischen Standard zu bauen, sofern der wirtschaftlich darstellbar ist."
Das hatte Ulrike Schneider (Schweinfurter Liste/Freie Wähler) beantragt, die nun auch auf diesen Beschluss verwies und sich über die Verwaltungsvorlage wunderte. "Der Beschluss lässt alles offen", kritisierte Schneider, die dafür plädierte, den von Reginhard von Hirschhausen geforderten Standard auch zum Maßstab zu machen.
Stadtbaumeister Markus Sauer und Baureferent Ralf Brettin plädierten für Flexibilität und Einzelfallentscheidungen, denn jedes Gebäude sei anders und müsse entsprechend beurteilt werden. Was man vorhabe, habe man zum Beispiel bei der Diskussion über den Neubau des Kinder- und Jugendtreffs an der Albert-Schweitzer-Schule am Bergl gezeigt: Da gab es eine Untersuchung verschiedener energetischer Standards und was das kostet. Solche Untersuchungen seien auch für den Schul- und Turnhallenneubau in Bellevue beauftragt oder das Kulturforum, so Sauer.
Ulrike Schneider war nicht überzeugt, vor allem nicht von dem, was Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) sagte. "Wir wollen so viel Ökologie wie nötig und so viel Wirtschaftlichkeit wie möglich", betonte der OB, der klarstellte, die Stadt halte sich natürlich an den gesetzlich vorgegebenen Standard und bemühe sich immer darum, nach dem ökologisch besten Standard zu bauen. Er plädierte aber wie Rüdiger Köhler und auch Sinan Öztürk (Linke) sowie Johannes Petersen (SPD) dafür, den Stadträten die Varianten zu zeigen, um die Entscheidungsgrundlage zu verbreitern.
Ein KfW-Effizienzhaus 100 entspricht den Vorgaben der Energieeinsparverordnung. Ein KfW-Effizienzhaus 55 benötigt 55 Prozent der Energie des Referenzgebäudes, ein KfW-Effizienzhaus 40 sogar nur 40 Prozent.