
Das Gutachten war vorgetragen, die Plädoyers gehalten. Die 52-Jährige und die anderen Prozessbeteiligten warteten nur noch auf das Urteil. Für die Frau, die sich in dem Sicherungsverfahren wegen versuchten Mordes vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt verantworten muss, sollte es an diesem gesonderten Termin eigentlich darum gehen, ob sie stationär in eine Entziehungsanstalt muss oder doch mit einer Bewährung davonkommt.
Doch zur Urteilsverkündung kam es nicht. Die Kammer setzte das Verfahren gegen die Frau, die Ende Januar 2023 nach einem Streit mit ihrem Mann betrunken und unter dem Einfluss von Drogen einen schweren Autounfall in der Nähe von Maibach auf der B286 bewusst herbeigeführt haben soll, aus. Die Begründung: "Das Gutachten hat uns hinten und vorne nicht überzeugt", betonte die Vorsitzende Richterin Claudia Guba.
Frau soll bewusst in den Gegenverkehr gefahren sein
Die Frau war im Januar 2023 mit ihrem Pkw auf die Gegenfahrbahn gefahren und mit einem Kleinbus kollidiert. Die vier Insassen des Busses wurden teils schwer verletzt. Auch die Unfallverursacherin erlitt schwere Verletzungen und musste von der Feuerwehr aus ihrem Fahrzeug befreit werden. In der Antragsschrift heißt es, die Beschuldigte sei aufgrund ihres Alkoholkonsums und der Einnahme von Crystal Meth im Zustand der Schuldunfähigkeit in suizidaler Absicht bewusst in den Gegenverkehr gefahren.
Die Frau selbst hatte in einer Verteidigererklärung bestritten, dass sie sich das Leben nehmen wollte. Doch die 52-Jährige soll, so hatte es eine Ärztin vor Gericht berichtet, in einem längeren Gespräch mit ihr im Krankenhaus geäußert haben, sie habe sich das Leben nehmen wollen.
Der Gutachter hatte der Frau eine mindestens 15 Jahre währende Alkoholsucht attestiert, aber keine Anzeichen für eine schwere Depression und "auch keinen daraus folgenden Suizidversuch" gesehen. Die Aussagen der Beschuldigten in der Klinik müsse man in den Kontext der Situation direkt nach dem Unfall, alkoholisiert, unter Schock und mit Schmerzmitteln behandelt, setzen. Er könne nicht ausschließen, dass die Beschuldigte in diesen Momenten tatsächlich ehrlich war. Dennoch halte er eine genaue Einschätzung der Situation aufgrund der Umstände für "schwierig zu beurteilen".
Gutachter positionierte sich für das Gericht nicht klar genug
Die Überlegung, das Verfahren auszusetzen, habe es schon vergangene Woche vor den Plädoyers gegeben, sagte die Richterin. Doch man habe eine Kurzschlusshandlung vermeiden wollen. Schließlich habe die Kammer überlegt, ob es eine Entscheidung gebe, die juristisch richtig sei und die man auf Grundlage des Gutachtens fällen könne, doch das sei nicht möglich gewesen. Der Sachverständige habe sich etwa nicht hinlänglich positionieren können, ob die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der Frau eingeschränkt gewesen sei.
Bis das Verfahren weiter geht, wird es dauern. Das Gericht wird einen neuen Sachverständigen beauftragen müssen. Sie könne verstehen, sagte Richterin Guba in Richtung der Angeklagten, dass es "keine schöne Situation" für die 52-Jährige sei. "Egal, was heute herausgekommen wäre, es wäre besser gewesen, als wieder von vorne anzufangen", betonte die Vorsitzende.
In der Regel berichtet die Main Post nicht über Selbsttötungen, außer die Umstände erlangen besondere Bedeutung in der Öffentlichkeit. Wenn Sie Gedanken quälen, sich selbst das Leben zu nehmen, dann kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge. Unter der kostenlosen Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die Ihnen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.