Wer in den letzten Monaten keine Waren des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel oder Tabak verkauft hat, musste in den Hochzeiten der Corona-Pandemie seinen Laden schließen. Die Folge: Etliche Geschäfte in Schweinfurt nahmen kaum einen Cent ein, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie bekamen die Inhaber mit ganzer Härte zu spüren. Laut Axel Schöll, Kreisvorsitzender des Handelsverbandes in Schweinfurt, war der Umsatz im Mai bis zu 45 Prozent niedriger als im Vorjahr. Zwar läuft seit den Lockerungen in vielen Läden der Betrieb wieder an. Doch wie hoch ist die Kauflust der Kundschaft überhaupt? Und lockt die niedrigere Mehrwertsteuer, die Anfang Juli gesenkt wurde, die Leute in die Geschäfte? Schöll hat das in einem Interview Mitte Juni angezweifelt.
Weniger Bummeln, mehr Bedarfskäufe
Am Anfang der Lockerungen lief es ein bisschen langsam, erinnert sich Barbara Ditzel-Kern Inhaberin des Schuhgeschäfts "Schuh Ditzel". Die meisten Kunden wären nicht zum Bummeln gekommen, sondern um Bedarfskäufe zu erledigen. "Mittlerweile kommen die Kunden aber wieder", so Ditzel-Kern. Positive Erfahrungen habe sie bereits mit der gesenkten Mehrwertsteuer gemacht, sagt sie. Innerhalb der ersten Woche hätten bereits zwei Kunden nach dem neuen Preis gefragt. "Die haben sich gefreut", berichtet die Inhaberin. Da es schlichtweg unmöglich sei, die Preise aller Schuhe im Laden herunterzusetzen und mit neuen Etiketten zu versehen, hat Ditzel-Kern die niedrigere Bepreisung in der Kasse eingespeichert.
Die niedrigere Mehrwertsteuer sei seinen Kunden einerlei, berichtet Marc Lücke, Inhaber des gleichnamigen Antiquariats. Er habe die Kunden immer wieder informiert, doch bei den meisten Waren mache die gesenkte Mehrwertsteuer wenig Unterschied – die günstigsten Bücher im Antiquariat kosten rund drei Euro. "Das sind dann nur Centbeträge", erklärt der 59-Jährige. Seit Ende April hat sein Geschäft wieder geöffnet, doch ganz so gut wie vor der Pandemie läuft der Laden momentan noch nicht, erzählt der Inhaber. "Teilweise ist die Kauflust der Leute zwar wieder da, aber das ist immer abhängig von den Waren im Antiquariat."
Kurzarbeit und Masken hemmen Kauflust
Stefan Neumann, Inhaber der Läden "Rohbau" und "More & More" erklärt, dass er neue Ware mit bereits angepasstem Preis anbietet. Bei bestehender Ware ziehe er den Preis an der Kasse ab. Doch der niedrigere Mehrwertsteuersatz würde kaum Kunden in den Laden locken. Während am Vormittag mehr los sei, wäre der Nachmittag eher ruhig. Der Inhaber hat deshalb seine Öffnungszeiten um eine Stunde gekürzt. Sein Eindruck: "Die Leute sind noch sehr verhalten, vor allem die Älteren sind zurückhaltender." Dass das Geschäft momentan eher schleppend läuft, vermutet Neumann, hängt auch mit der Kurzarbeit zusammen. Und die Einkäufe würden gezielter ablaufen – denn die Masken seien ein Hindernis beim Klamotten anprobieren.
"Die Masken stören", stimmt auch Elena Eisenreich zu, Inhaberin des "Teepott". "Wir sind ein Genussladen, die Waren also nicht riechen zu können, macht den Einkauf schwierig." Trotzdem laufe das Geschäft wieder besser als in den letzten Wochen, obwohl die Hygieneregeln das Einkaufserlebnis auch im Teeladen trüben. Die Vorgaben sind aber vor allem im Verkauf von Lebensmitteln unabdingbar, sagt Eisenreich. Damit unentschlossene Kunden trotzdem etwas vom Besuch des Ladens haben, bekämen sie Probepackungen mit Tee mit nach Hause. Nach der gesenkten Mehrwertsteuer fragen vor allem Neukunden, erzählt Eisenreich. "Die Stammkunden fragen nicht, die vertrauen uns."
Da lange Zeit unklar war, ob man dieses Jahr überhaupt in den Urlaub fahren kann, ist deutlich weniger Reisegepäck verkauft worden, erklärt Martin Weiß, Inhaber des Lederwarenladens "Leder-Weiß". "Der Umsatz bei Reisegepäck ist um 90 Prozent zurückgegangen", so der Inhaber. Auch modische Handtaschen, die gerne zu Hochzeiten, Geburtstagen oder Theateraufführungen getragen werden, seien aktuell Ladenhüter. Viele seiner Waren sind deshalb momentan stark reduziert. Nach Ende der Rabatt-Aktion bekämen die Kunden die drei Prozent Nachlass an der Kasse abgezogen. "Gekauft werden momentan allerdings Schulartikel, wie Schulranzen", berichtet er. "An den Kindern wird nicht gespart."
Ampelsystem für Schweinfurts Läden
In die Läden gehen, um zu bummeln, ist momentan nicht ganz so einfach. Ob vier, sechs oder acht Personen – oftmals gibt es eine strikte Beschränkung, was die Anzahl an Kunden angeht. Dabei entscheidet die Verkaufsfläche der Geschäfte, wie viele Personen gleichzeitig in den Laden dürfen. Damit die Kundschaft auf den ersten Blick sieht, ob noch Platz im Laden ist, wurde am "HomeLiving" in der Schweinfurter Innenstadt ein Ampelsystem angebracht. Doch wie nützlich ist so eine Anzeige überhaupt?
Bei einer Umfrage dieser Redaktion in der Schweinfurter Innenstadt wurde schnell klar: Die Ampel findet größtenteils Anklang. Die Schwestern Uschi und Brigitte Wehner aus Dittelbrunn finden die Idee gut. Sie berichten, dass sie innerhalb der letzten Wochen immer selbst gezählt haben, ob noch genug Platz zum Bummeln in den Läden ist. Dass das Ampelsystem auf den ersten Blick zeigt, ob das Geschäft noch betreten werden darf, finden beide hilfreich.
Der Schweinfurter Karl Heine teilt die Meinung der beiden Schwestern. Er findet, dass das Ampelsystem auch an anderen Geschäften hilfreich wäre. Doch es gibt auch Gegenstimmen. So sind einige Passanten der Meinung, dass die Ampel unnötiger Schnickschnack ist. "Die Leute achten da doch nicht mehr drauf", heißt es von Seiten der Ampelgegner. Die Ampel komme viel zu spät, denn: "Die Leute gehen jetzt schon viel zu locker mit den Corona-Regelungen um."
Viele Passanten weiterhin vorsichtig
Doch andere Passanten widersprechen. Man würde sich erst umkucken und dann eben warten, wenn bereits zu viele Personen in den Geschäften sind. Die Ampel rentiert sich, ist ein Passant der Meinung, denn: "Man vermeidet schon, in den Laden zu gehen, wenn er zu voll ist."