Die Zahlen sind deutlich: Im Vergleich zu 2018 hat die AfD bei der Landtagswahl am Sonntag auch im Stimmkreis Schweinfurt stark dazugewonnen. Mit 19 Prozent liegt sie sogar ein ganzes Stück über dem Ergebnis von Bayern. Mehr noch, bei einem genauen Blick in die Stimmbezirke in Stadt und Landkreis tun sich gewaltige Verschiebungen auf.
Noch stärker als im Landkreis, wo die CSU mit 40,9 Prozent weit vor der AfD liegt (17,6 Prozent), holt die Alternative für Deutschland in der Stadt Schweinfurt Stimmen. Hier kommt die CSU auf 33,03 Prozent der Stimmen, die AfD auf 22,6. In manchen Stimmbezirken liegt sie vor der CSU, teilweise sogar mit großem Abstand.
Woher kommen die Zuwächse für die AfD, die in der Stadt bei durchschnittlich 7,99 Prozent liegen? Rechnet man die Verluste von CSU (-2,01) , Grünen (-1,86), FDP (-0,82) und Die Linke (-3,4 Prozent) zusammen, kommt man auf etwa den Wert, den die AfD dazugewonnen hat. Oder hat die AfD zusätzliche Wähler mobilisiert? Wohl kaum, allenfalls andere. Die Wahlbeteiligung lag 2018 in der Stadt bei 58,38 Prozent, diesmal mit 59,26 Prozent nur leicht höher.
Wo die AfD in Stadt und Landkreis besonders viele Stimmen bekommen hat
Was auffällt: Vor allem in den Stimmbezirken mit sozialen Brennpunkten liegt die AfD sogar auf Platz 1 der Wählergunst; vor allem in den Stadtteilen Bergl und Deutschhof. Mit den deutlichsten Abstand liefert das Ergebnis von einem von fünf Wahllokalen in der Albert-Schweitzer-Mittelschule, wo die AfD sogar 43,61 Prozent der Stimmen holte (CSU: 27,47). Ebenfalls hohe Prozentzahlen erreichte die Partei in einem von drei Wahllokalen im Pfarrheim St. Maximilian Kolbe: Die AfD wählten dort 39,8 Prozent, die CSU 32,13.
Hohe Anteile schafft die AfD auch im Landkreis, unter anderem in Obbach (32,6 Prozent), in einem Wahllokal in Niederwerrn (38,2) und einem Wahllokal in Geldersheim (36,1). Zahlen, die Sorgen machen. Nicht nur der SPD.
Landrat Florian Töpper (SPD) "Das ist ein Abend ohne einfache Antworten"
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Dieses Sprichwort ließ Stefan Rottmann (SPD) am Wahlabend bis zum Schluss zuversichtlich sein, dass sich das Blatt noch wenden und er das Schweinfurter Direktmandat für den Landtag holen könnte. Martina Gießübel (CSU), die mit 38,5 Prozent der Erststimmen den direkten Einzug ins Maximilianeum geschafft hat, war da längst schon beim Feiern in Grafenrheinfeld. Am Ende erreichte die SPD nur 12,9 Prozent der Gesamtstimmen. Das sind zwar mehr als die 10,1 Prozent bei den Landtagswahlen 2018, "aber nicht mein Anspruch", sagte Rottmann.
Bestürzt ist der SPD-Landtagskandidat über den Vormarsch der AfD, die im Stimmkreis Schweinfurt mit 19,0 Prozent an SPD, Grüne und Freie Wähler vorbeigezogen ist. "Das ist niederschmetternd." Die AfDler seien Rechtspopulisten, die bislang nichts gemacht und nichts geleistet hätten. Dabei gebe es große Herausforderungen in der Region, die durch so eine Protestwahl nicht vorangebracht werde. "Schade, dass unser Engagement und Einsatz nicht honoriert werden."
Irritationen über eine Szene im Landratsamt in Schweinfurt
Für Irritationen sorgte eine Szene im Landratsamt, wo am Wahlamt die Ergebnisse bekanntgegeben wurden und sich eine Menge politischer Prominenz versammelt hatte. CSU-Landtagskandidatin Martina Gießübel und ihr Vorgänger Gerhard Eck beglückwünschten nach der Bekanntgabe der ersten Prognose AfD-Mann Richard Graupner. "Das war sehr erschreckend", vermisste SPD-Kreisvorsitzende Martina Braum die "nötige Distanz". Als demokratische Partei müsse man Kante zeigen. Die SPD werde das tun.
"Das ist ein Abend ohne einfache Antworten", meinte Schweinfurts Landrat Florian Töpper (SPD), der selbst für die Bezirkswahl kandidiert hat, auf die Weltlage und auf das Schweinfurter Wahlergebnis bezogen. Gleichwohl lobte er das deutlich bessere Abschneiden seiner Partei im Stimmkreis Schweinfurt. Die SPD hat hier 4,5 Prozentpunkte mehr erhalten als im Rest von Bayern. "Wir haben uns wacker geschlagen und konnten hier die Menschen in der politischen Mitte halten", meinte Töpper. Dies sei auch sein Antrieb für die Kandidatur gewesen. "Wir wollen uns in der Region für die Region engagieren."
Marietta Eder, die Vorsitzende der SPD Schweinfurt Stadt, machte an die AfD eine Kampfansage: "Diese Nazis bekommen wir wieder raus aus den Parlamenten."
Grüne sind entsetzt und bestürzt über das Ergebnis
Auch die Grünen zeigen sich bestürzt über das Ergebnis der Wahl. Im Vergleich zu 2018 hat die Ökopartei in Schweinfurt ordentlich Federn gelassen. "Wir haben ein bisschen was verloren. Ich glaube aber trotzdem, dass wir nach all dem Gegenwind ganz zufrieden sein können", fasst Sprecher Nicolas Lommatzsch das Ergebnis zusammen.
Weitaus mehr Entsetzen als die eigenen Zahlen löst bei den Grünen hingegen das starke Abschneiden der AfD im Stimmkreis aus. "Was uns eher betrübt aussehen lässt, ist, dass die AfD teilweise zweitstärkste Kraft geworden ist", sagt Wahlkampfhelfer Lars Mantel. Er ist davon überzeugt, dass das Ergebnis nachhallen wird.
Was genau das heißt, hat Kandidat Paul Knoblach bereits in den vergangenen Wochen am eigenen Leib erfahren. "Das ist meine Hauptsorge. Wer wird sich dem Rechtsruck in Bayern entgegenstellen, wenn eine Regierung ohne uns Grüne gebildet wird?", sagt Knoblach. In Anbetracht der vergangenen Wochen glaube er nicht daran, dass CSU und Freie Wähler geläutert aus dem Wahlkampf ins Parlament zurückkehren werden. "Ich habe im Landratsamt gesehen, wie man freudestrahlend die Hände der AfD geschüttelt hat."
Was die Freien Wähler nach Ansicht von Edwin Hußlein tun könnten
Woran liegt der Aufwind für die AfD? Nach Ansicht von Edwin Hußlein, Landtagskandidat der Freien Wähler, spiegelt das hohe Ergebnis die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der aktuellen Politik wider, nicht nur, aber auch auf Bundesebene. Schließlich, so Hußlein, sei der Stimmkreis Schweinfurt durch verschiedene "Bundes- und Landeseinrichtungen betroffen". Was er damit meint, lässt der Freie Wähler offen. Seine Partei, meint Hußlein, könne einen Beitrag leisten, diesen Aufwind zu dämpfen, indem sie noch stärker versuche, "Volkes Stimme" in Regierungsgeschäfte mit einzubringen.
Hußlein selbst wird ziemlich sicher nicht in den Landtag einziehen. Insgesamt hätten die Freien Wähler im Stimmkreis Schweinfurt ihr Ergebnis zwar verbessert; trotzdem liegen sie mit 10,8 Prozent unter dem bayernweiten Durchschnitt. Ein Wermutstropfen, meint Hußlein; auch wenn das Ergebnis typisch sei für den Stimmbezirk. "Wir sind unter Wert herausgegangen."
Die Nähe zu Putin ist doch auch gegeben.
Warum soll man das nicht sagen dürfen und in Verbindung bringen können?
Ihr Ernst?
Hat die Ukraine Rußland jetzt überfallen?
So schaut Geschichtsfälschung aus!
Die abgestraften Parteien suchen wieder mal die Schuld nur bei den anderen, statt zu überlegen, wie und warum dieses Ergebnis zustande kam. Ich hätte sogar noch mit höheren Werten in Geldersheim, Euerbach, Nieder/Oberwerrn gerechnet.
die Kommentare haben Recht... die Weimarer Republik mit der Zersplitterung sollte Mahnung sein. auch die 5%-Hürde hatte ihren Zweck. im Ausland sieht man ebenfalls die Probleme bei Vielparteien-Parlamenten ebenso.
ich vermisse da die 80er/90er Jahre. da gab es noch klarere Ergebnisse
WO denn sonst?
Die Freien Wähler sind vor Jahren zunächst vor allem auf kommunaler Ebene als Alternative entstanden, um eine bürgerliche Mitte zur CSU zu bilden, ohne gleich einer Partei beitreten oder sich nach links orientieren zu müssen. Und das ist auch heute noch das Selbstverständnis der Freien Wähler und da ändert auch die vielfach hervorgehobene Affäre Aiwanger nichts.
Bei ums im Ort gibt es eine gemeinsame Liste der SPD mit Freien Wählern. Sind die Freien Wähler dieser Listenverbindung dann alles Personen mit der Nähe zur AfD? Wohl kaum! Also denken Sie mal über Ihre Behauptungen nach!
vielen Dank für Ihre Klarstellung. Es war nicht meine Absicht, die Freien Wähler mit der AfD in Verbindung zu bringen. Wollte lediglich darauf hinweisen, dass die Freien Wähler als konservativere Alternative zur CSU gesehen werden können und nach der Vorstellung von FJS eigentlich Bestandteil der CSU sein müssten. Es ist in der Tat wichtig, vorsichtig mit Behauptungen und Verallgemeinerungen umzugehen, insbesondere in der politischen Debatte.
Solche Platitüden, wie von Marietta Eder sind dagegen völlig unnütz, weil es nicht über den Mangel hinweghilft, dass die SPD kein Konzept gegen die AfD hat
Viele Menschen haben Angst vor einer Überlastung der sozialen Systeme.
Vernünftige Integration gelingt nur mit vernünftigen Deutsch-Kenntnissen.
Nur dann können die Menschen erfolgreich auch in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden.
Aber selbst bei den integrationswilligen Flüchtlingen und Migranten können wir die Nachfrage nach Deutsch-Kursen nicht stillen.
Monatelanges warten ist angesagt.
Wenn da die Ampel nicht dagegen steuert,werden wir eines Tages mit einem riesen Kater aufwachen, und vor unserer Türe tanzt der braune Mob.
Das Versagen der Weimarer Republik sollte uns Demokraten eine Mahnung sein!