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München/Schweinfurt
"Invest in Bavaria": Benachteiligt Aiwangers Wirtschaftsförderung Unterfranken?
Eine staatliche Agentur hat seit 2014 vor allem Firmenansiedlungen in Oberbayern begleitet. Dafür gibt es Gründe – aber auch harsche Kritik und konstruktive Verbesserungsvorschläge.
Ob Preh, ZF oder S.Oliver: In Unterfranken ist zuletzt viel vonStellenabbau die Rede. Neue Investitionen wären willkommen – doch hat die staatliche Wirtschaftsförderung die Region genug im Blick?
Foto: Stefan Pfister | Ob Preh, ZF oder S.Oliver: In Unterfranken ist zuletzt viel vonStellenabbau die Rede. Neue Investitionen wären willkommen – doch hat die staatliche Wirtschaftsförderung die Region genug im Blick?
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 30.07.2024 02:52 Uhr

Hat die staatliche Wirtschaftsförderung in Bayern vor allem Oberbayern im Blick? Dieser Eindruck ist nicht neu – scheint sich aber erneut zu bestätigen, wenn man auf die Zehn-Jahres-Bilanz der staatlichen Ansiedlungsagentur "Invest in Bavaria" schaut.

Staatlich geförderte Firmanansiedlungen 2023: Oberbayern 46 – Unterfranken Null

Die dem Wirtschaftsministerium von Hubert Aiwanger (Freie Wähler) unterstehende Institution begleitet in- und ausländische Unternehmen, die in Bayern investieren wollen, nicht zuletzt bei der Standortsuche. Von 887 begleiteten Ansiedlungen zwischen 2014 und 2023 entfielen nach Ministeriumsangaben 686 auf Oberbayern, aber nur 201 auf das gesamte restliche Bayern – davon exakt 32 auf Unterfranken. Im Jahr 2023 gab es 46 erfolgreiche Projekte in Oberbayern, aber kein einziges in Unterfranken.

"Oberbayern profitiert übermäßig, während der Rest Bayerns weitgehend leer ausgeht", kritisiert der Grünen-Landtagsabgeordnete Ludwig Hartmann, selbst ein Oberbayer, der die neuen Zahlen per Landtagsanfrage auf den Tisch gebracht hat. Diese Schieflage müsse sich schnell ändern, fordert Hartmann: Denn die mit bayerischem Steuergeld finanzierte Agentur müsse künftig "Unternehmensansiedlungen besonders in den Regionen fördern, die vom wirtschaftlichen Wandel stark betroffen sind", findet er – also etwa in der unterfränkischen Region Main-Rhön, wo zuletzt viele Firmen schwer unter Druck geraten sind.

Hartmann: Aiwanger muss bei Stärkung ländlicher Räume Worten Taten folgen lassen

Hier sei auch der politisch verantwortliche Wirtschaftsminister Aiwanger gefragt, der zwar die Stärkung des ländlichen Raums im Bierzelt gerne lautstark einfordere, in seiner politischen Verantwortung als Minister jedoch nichts Greifbares liefere, kritisiert Hartmann.

Aiwangers Wirtschaftsministerium weist in der Antwort auf Hartmanns Landtagsanfrage den Vorwurf einer Oberbayern-Schieflage von "Invest in Bavaria" zurück: Mit eigenen Außenstellen in Nürnberg und in Hof engagiere sich die Ansiedlungsagentur bereits seit vielen Jahren "schwerpunktmäßig für die nordbayerischen Regionen".

Wirtschaftsministerium: Standort-Entscheidung liegt letztlich beim Investor

Interessierten Investoren biete man etwa Standortbereisungen. "Wo immer es das Anforderungsprofil des Investors erlaubt", setze die Agentur zudem "alles daran, den Investor durch das Aufzeigen regionaler Vorzüge von Standorten im ländlichen Raum zu überzeugen", beteuert das Ministerium: "Die Standortentscheidung trifft in einer freien Wirtschaftsordnung jedoch letztlich immer der Investor."

Ist das Engagement von "Invest in Bavaria" in Unterfranken ausbaufähig?

Ist der Standort Unterfranken für Investoren oft also zu unattraktiv? Oder ist das Engagement von "Invest in Bavaria" in der Region noch ausbaufähig? Die in den letzten Jahren niedrige Arbeitslosenquote habe Neuansiedlungen etwa in der Rhön mangels regional verfügbarer Fachkräfte schwierig gemacht, erklären Kenner der regionalen Wirtschaftsszene, die aber lieber anonym bleiben wollen. Auch das Fördergefälle zu den Höchstfördergebieten in Thüringen habe potenzielle Investoren abspringen lassen.

In der Region selbst könnte man sich aber mitunter auch besser vorbereiten – mit sofort zur Verfügung stehenden Gewerbeflächen in geeigneten Kommunen etwa oder einer klareren Kommunikation eigener Standortvorteile: zum Beispiel der guten Verkehrsanbindung mitten in Deutschland.

IHK Würzburg-Schweinfurt: Standortvorteile Unterfrankens stärker in den Fokus rücken 

Bei der Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt spricht man auf Anfrage von einer gut eingespielten Zusammenarbeit mit "Invest in Bavaria" und einer Reihe erfolgreicher Ansiedlungen in der Region. IHK-Hauptgeschäftsführer Sascha Genders hofft allerdings schon auf "eine verstärkte Bewerbung der Standortvorteile" der Region durch die staatliche Agentur: Dies "könnte ein Weg sein, auch hier mehr internationale Unternehmen anzusiedeln."

 
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  • Eigentlich müssten die Vorteile einer Ansiedlung in Unterfranken klar auf der Hand liegen. Wer sich in München oder im Speckgürtel von München ansiedeln will, zahlt, wenn er überhaupt etwas Vernünftiges findet, deutlich mehr für entsprechende Flächen. Er zahlt mehr für seine Mitarbeiter und die haben wiederum ein Problem mit den Lebenshaltungs- und Mietkosten. Solange es Fördermittel gibt, ist das alles noch überschaubar, aber irgendwann fängt das wirkliche Leben wieder an. In Unterfranken ist das alles um einiges günstiger und die Anbindung an universitäre Einrichtungen oder Fachhochschulen ist auch kein Problem. Wer also den Weg abseits des Zentrums wählt, hat viele Vorteile. Aber auch die großen Zentren, die an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, werden entlastet, während der ländliche Raum durch mehr neues und junges Leben seine Stärken wieder voll ausspielen kann. Vielleicht sollte man bei der Vergabe von Fördermitteln für Betriebsansiedlungen auch diesen Aspekt berücksichtigen bzw. he
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  • Georg Brueckner
    Zustimmung Herr Eusemann.
    Liegt es vielleicht auch an uns in der Region selbst? Sehen Sie sich die Immobilie Conn Barracks auf der Homepage von Invest in Bavaria an. Da stehen Daten von 2020 drauf. Dem Zweckverband Conn ( Gemeinden Niederwerrrn, Geldersheim, Landkreis SW und Stadt SW) gehört noch nicht mal ein Quadratmeter Grund. Der Zweckverband besteht seit 2013. Wenn wir vor Ort keine Fakten und kein Baurecht schaffen, wie wollen uns da die Profis aus München helfen.
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