
So klein das Flämmchen zu Beginn auch ist: In ihm steckt die Kraft, einen stockdunklen Raum nach und nach zu erhellen. Es nimmt der Finsternis die Macht, indem es sich vervielfältigt und von den Besucherinnen und Besuchern der Osternacht als Flamme von Kerze zu Kerze weitergegeben wird. Am Ende siegt das Licht und füllt den großen Raum des Kirchenschiffes.
Kein anderer Gottesdienst führt Gläubigen diese Kernbotschaft christlichen Glaubens so deutlich vor Augen. Dieser wurde in Gerolzhofen am späten Abend des Karsamstags in der Stadtpfarrkirche gefeiert. Die Osterkerze wurde am Osterfeuer vor dem Hauptportal des Gotteshauses entzündet. Minuten später tauchte ihr Licht den Steigerwalddom in das flackernde Licht der Kerzen, die die Menschen in Händen hielten.
Pfarrer Stefan Mai bezeichnete die Osterkerze als "ein Hoffnungslicht und ein Mutmachlicht". Begleitet werde sie während der Osternacht von einem Freudenruf aus der jüdischen Tradition des christlichen Hochfestes, dem "eigentlichen Osterwort": Alleluja (auf Deutsch: Halleluja). "Die Osternacht ist voller Alleluja – im Wort und im Symbol", sagte Mai. Die Menschen schmetterten aus voller Kehler: "Halleluja, Jesus lebt."
Wenn Sorgen drücken und Trauer regiert
Doch wie mag es denjenigen gehen, "denen heute Nacht gar nicht nach Alleluja zumute ist", die schwere Sorgen drücken, die mit Problemen kämpfen, in Trauer versinken oder gar den eigenen Tod kommen sehen, fragte sich Mai in seiner Predigt. Müsse da der christliche Lobruf auf das Leben nicht wie ein Hohn in ihren Ohren klingen?

Der Geistliche sah alle, denen das Alleluja in dieser Nacht schwerfällt, in guter Gesellschaft. Denn in den Oster-Evangelien sei bezeichnenderweise nichts von Alleluja zu lesen. Stattdessen dominierten in den in der Bibel überlieferten österlichen Texten Fragen und Ratlosigkeit angesichts des leeren Jesus-Grabs. Erst mit einem gewissen Abstand setzte sich bei den Menschen, die Jesus liebten, eine Erkenntnis: Ostern möchte die Menschen zu der Hoffnung ermutigen, dass am Ende unseres Lebens das ewige Alleluja bestehen bleibt.
Während des vom Kirchenchor begleiteten Hochamts am Ostersonntag lud Pfarrer Mai die Zuhörerinnen und Zuhörer dazu ein, sich in die Situation zu versetzen, am Grab eines kürzlich verstorbenen lieben Menschen zu stehen. Dabei könne einen, wie den Frauen am Grab Jesu, das Gefühl überkommen, dass die- oder derjenige das Grab verlassen hat und neben einem steht – ohne wirklich greifbar zu sein.
Weitertragen, was dem Verstorbenen wichtig war
Auch beim Weggehen vom Grab bleibe das Gefühl: Er ist dabei. So könne man zur tröstenden Überzeugung gelangen: Wenn ich das weitertrage, was dem Verstorbenen wichtig war, ist er immer ganz nah bei mir. Auch dies könne ein Weg sein, das Oster-Evangelium in die Gegenwart, ins eigene Leben zu übertragen, stellte Mai fest.

Pfarrer Reiner Apels Osterpredigt beschäftigte sich ebenfalls mit der übergeordneten Bedeutung des christlichen Festes. Er blickte während des vom Posaunenchor unter Leitung von Martina Heßmer umrahmten Gottesdienstes in der evangelischen Erlöserkirche am Ostersonntag auf Maria Magdalenas Besuch im Garten, am leeren Grab Jesu. Die Trauernde brauchte Zeit, zu verstehen, was sie dort erwartet hat. "Sie sah das leere Grab und die Engel und erkannte auf den ersten Blick das Naheliegende und Erwartbare", beschrieb Apel.
Doch die Erkenntnis, die Ostern den Menschen bietet, reiche weiter. Erst nach und nach weitete sich wie bei Maria Magdalena der Blick auf das Außergewöhnliche, auf die das Leben bejahende Botschaft, die die irdischen Grenzen menschlicher Möglichkeiten überschreite.
Sehnsucht und Hoffnung angesichts des Todes
Wie Menschen sich angesichts schier trostloser Umstände von Gott behütet und geführt fühlen können, verdeutlichte Pfarrer Apel bereits am Karfreitag während des gut besuchten Gedenkens an die Sterbestunde Jesu in Musik und Wort in der Erlöserkirche. Er las vier der "Moabiter Sonette" vor, die Schriftsteller Albrecht Haushofer verfasst hat. Der vor 80 Jahren, wenige Tage vor Kriegsende von Nationalsozialisten ermordete Widerstandskämpfer hatte die Gedichte während seiner Gefangenschaft geschrieben.

In seinen Strophen drückte Haushofer trotz seiner angesichts des nahen Todes verzweifelten Lage seine Sehnsucht nach Freiheit aus, wenn er sich etwa wünscht, mit den Spatzen, die auf dem Gitter seines Zellenfensters landen, wegfliegen zu können. Zugleich drückt der Gefangene seine Hoffnung aus auf eine Rückkehr in Gottes Schoß.
Sylvia Sauer an der Orgel und Bassist Michael Albert umrahmten die kirchliche Gedenkstunde mit Werken unter anderem von Johann Sebastian Bach, Johann Ludwig Krebs, Sigfrid Karg-Elert und Jeanne Demessiuex.