Groß wolle er den 40. Jahrestag seiner Priesterweihe nicht feiern, meinte Gerolzhofens Pfarrer Stefan Mai während des Pfarrgottesdienstes am Sonntag in der Stadtpfarrkirche. Dies hätte auch nicht zu ihm gepasst. Denn mit ironischem Unterton zitierte der 67-Jährige, der seit Ende 2008 in Gerolzhofen ist, eingangs noch ein unter Priestern wohlbekanntes Sprichwort: "Alte Esel jubilieren ohne Unterlass." Stattdessen sei es ihm wichtig, an diesem Tag eher nachdenkliche Worte zu sprechen, meinte er. "Es ist ein Tag der Rückschau: was mir wichtig war und ist, wofür ich dankbar bin, aber auch: was mir Sorge macht."
So bezog sich Mai während seiner Predigt auf Hermann Hesses literarische Figur Narziß, dessen Worten aus dem Buch "Narziß und Goldmund" der Gerolzhöfer Pfarrer auf sich ummünzte: "Ich habe meinen Platz gefunden, wo ich am besten zu Diensten sein kann, wo meine Art, meine Eigenschaften und Gaben den besten Boden, das größte Wirkungsfeld finden. Der Platz heißt: Pfarrgemeinde vor Ort. Nie wollte ich woanders sein."
Steinige Felder als ein Stück Himmel
Bereits als Bub und später als junger Mann habe er zuhause, in Üchtelhausen in der elterlichen Landwirtschaft, und bei der Arbeit auf den Feldern – und nicht an der Universität und von akademischen Lehrern – das meiste von dem erlernt, was er für sein Wirkungsfeld Pfarrgemeinde brauche, meinte Mai. Die Felder seien steinig und hart zu bearbeiten gewesen und für ihn dennoch bis heute ein Stück Himmel, stellte der Pfarrer fest. "Ich habe gelernt, dass Können und Wissen allein nicht genügen, sondern es eine gewisse Leidenschaft und Freude an der Arbeit braucht."
Eine Erfolgsgarantie gebe es nie – für einen Landwirt ebenso wenig wie für einen Pfarrer. Es komme immer darauf an, ein Gespür für den Boden zu entwickeln, den man bearbeitet, es brauche ein gutes Auge für die Entwicklung und ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt der Aussaat. Als Pfarrer wisse er, so Mai, dass sich nichts erzwingen lasse. "Nicht ich treibe eine Gemeinde an, sondern ich brauche ein waches Auge bei der Suche, wo in der Gemeinde etwas aufkeimt." Es käme darauf an, zu erkennen, wofür die Menschen Interesse habe, wonach Menschen sich sehnten.
Pfarrgemeinde lebt von der Vielfalt
Ebenso wichtig sei es, als Pfarrer die in der Gemeinde vorhandenen Talente zu entdecken sowie Ideen, welche da sind, aufzugreifen. Während seines Studiums habe er von der wichtigsten Aufgabe eines Pfarrers nichts gehört, nämlich der, als Moderator eine Gemeinde mit ihren unterschiedlichen Strömungen zusammenzuhalten, stellte Mai fest. Traditionelles habe in einer katholischen Gemeinde ebenso seinen Platz wie Experimentelles, alte Riten genauso wie neue Aufbrüche, meinte der Pfarrer und brachte seine Vorstellungen einer Pfarrgemeinde auf einen Nenner: "Vielfalt im gegenseitigen Respekt vor der Andersartigkeit."
"Wie oft machen mich Menschen nachdenklich, wie auch ich Menschen zum Nachdenken bringen möchte", kam Mai zu dem für ihn emotionalsten Teil seiner Predigt. Als Weihekandidat habe er vor 40 Jahren im Würzburger Kiliansdom, als sein Name aufgerufen wurde, versprochen: "adsum" – "ich bin da". Dieses Versprechen, als Priester für Gott und die Menschen da zu sein, habe er stets ernst genommen, sagte Mai mit brechender Stimme.
Insbesondere gelte dies bis heute, wenn er Menschen an deren Kranken- oder Sterbebett aufsuche. Oft habe er auf dem Weg dorthin Gott darum gebeten, dass er ihm die richtigen Worte und den passenden Ton geben möchte. "Da-sein, wenn Menschen mich brauchen, das gibt dem Leben Sinn", sagte Mai.
Evangelium ins heutige Leben übersetzen
Immer wieder habe er es erlebt, dass er in solchen Situationen nicht nur der Gebende war. "Im Gegenteil: Wie oft bin ich von Sterbebetten weggegangen und hatte das Gefühl: Ich habe mehr zurückbekommen als gegeben", sagte Mai.
Zum Handwerk eines Pfarrers gehöre es, das Evangelium ins heutige Leben zu übersetzen. Mit frommen Floskeln habe er schon als Jugendlicher nichts anfangen können, gestand Mai. "Wenn der Glauben Bedeutung haben soll, dann muss er etwas mit dem Leben zu tun haben. Dann müssen von ihm Impulse ausgehen, er muss korrigieren und in Frage stellen, dann muss von ihm Wegweisung, Trost und Hoffnung ausgehen", sagte Mai.
Dafür sei es notwendig, das Leben genau zu beobachten, die Freude und Hoffnung, die Trauer und Angst der Menschen wahrzunehmen. So liefere ihm das Leben auch heute, nach 40 Jahren als Pfarrer, noch immer Stoff für seine Predigten und immer wieder neue Facetten am gleichen Evangelium.
Botschaften der Verstorbenen entschlüsseln
Als für ihn "vornehmste Aufgabe" bezeichnete der Gerolzhöfer Pfarrer es, vor Särgen und Urnen die Lebensgeschichte von Menschen aus dem christlichen Glauben heraus zu interpretieren und zu würdigen. Er lasse sich dabei von der Frage leiten: "Welche Botschaft kann der Verstorbene uns noch Lebenden mit auf den Weg geben?"
Am Ende seiner Predigt fand Mai kritische Worte zur Lage der Kirche, der längst ein "immer kälter werdender Gegenwind" entgegenwehe. Dennoch sei er dankbar, auf dem Ackerfeld der Pfarrgemeinden gearbeitet zu haben, "und noch säen zu dürfen und auch noch manches wachsen sehen zu dürfen", sagte Mai. Dabei mache er sich keine Illusion: Die Kirche befinde sich im freien Fall, "was vor allem in meinem Berufsstand seine Ursache hat". Doch ehrlichen Herzens sei er dankbar für das, was er auf dem Ackerfeld des lieben Gottes erlebt habe, und dankbar für die unzähligen Menschen, die mit ihm auf diesem Ackerfeld in den 40 Jahren gearbeitet haben.
Am Ende des Gottesdienstes überraschten Vertreterinnen und Vertreter des Gemeindeteams sowie aus der Pfarreiengemeinschaft Pfarrer Mai mit Liedern, die ausdrückten, was Kerstin Oppermann und Anja Iff in ihrem gereimten Dank vorbrachten. Es sei es Freude, Stefan Mai als Pfarrer bei sich zu haben. Auch die Ministranten sangen ein umgedichtetes Lied auf "Oberengel Stefan".
Ich kenne und schätze Sie sehr aus Ihrer Schweinfurter Zeit.
Ich vermisse Sie sehr!
Herzlichen Glückwunsch, alles Gute und weiter so!