
Seit dem 1. Januar 2024 gilt in Deutschland das umstrittene Gebäudeenergiegesetz (GEG). Und seit Jahresbeginn auch das Wärmeplanungsgesetz in Kraft. Die Bundesregierung will damit beim Heizen den Umstieg von fossile auf erneuerbare Energien schaffen und den Klimaschutz voranbringen. Den Kommunen fällt dabei eine entscheidende Rolle zu.
Doch was bedeutet die kommunale Wärmeplanung für die Städte und Gemeinden in Unterfranken? Auf der Kreisverbandsversammlung der Landkreise Haßberge, Bad Kissingen und Schweinfurt informierten jetzt Stefan Graf, Direktor beim Bayerischen Gemeindetag, und Rainer Kleedörfer, Prokurist beim Energieversorger N-ERGIE, darüber. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie werden Wohnungen in Deutschland und in Bayern bislang beheizt?
Bundesweit wurde 2022 laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (bdew) in rund der Hälfte der Wohnungen mit Gas geheizt, in einem Viertel der Wohnungen mit Heizöl. In Bayern ist die Situation etwas anders: Dort wurde laut Landesamt für Statistik nur zu 38 Prozent mit Gas, dafür zu 30 Prozent mit Öl geheizt.
Eine große Rolle im Vergleich zu anderen Bundesländern spielt im Freistaat das Heizen mit Holz, sagt Stefan Graf, Direktor des Referats Energie, Telekommunikation, Umweltrecht beim Bayerischen Gemeindetag. Aber: "Viele Potenziale haben wir im Holzbereich nicht mehr." Was das Heizen mit erneuerbaren Energien betrifft, wurden 2022 laut dem Landesamt für Statistik in Bayern nur vier Prozent der Wohnungen mit Erdwärme, Sonne oder Biomasse beheizt.
Welche Rolle spielt Fernwärme beim Heizen?
Unter Fernwärme versteht man das Beliefern von Gebäuden mit Warmwasser und Heizwärme über ein unterirdisches Rohrleitungsnetz. Laut Landesamt für Statistik lag der Anteil an Fernwärme in Bayern 2022 wie im bundesweiten Schnitt bei etwa 14 Prozent. Allerdings werden laut Graf rund 42 Prozent der bayerischen Fernwärme fossil erzeugt. Etwa 18 Prozent der Mieterhaushalte wurden im Freistaat mit Fernwärme beheizt, Eigentumswohnungen dagegen mehrheitlich mit Öl.
Welche Rolle spielen die Kommunen bei der Wärmewende?
Ein wichtiges Instrument zum klimaneutralen Heizen ist die kommunale Wärmeplanung. Durch die Gesetze werden die Kommunen dazu verpflichtet, den Wärmebedarf bis auf Ortsebene "gebäudescharf" zu ermitteln und auf ihrem Gebiet die lokalen Möglichkeiten für erneuerbare Energiequellen und Abwärme zu bestimmen. Aufgabe sei es, so Graf, den vor Ort besten und kosteneffizientesten Weg zu einer klimafreundlichen Wärmeversorgung zu ermitteln.
Ziel ist es, langfristig CO₂-freie Wärme- und Wasserstoffnetze zu bauen, an die einzelne Haushalte angeschlossen werden können. Jede Kommune muss dafür bis spätestens Mitte 2028 entsprechende Wärmepläne erstellen. In den Plänen soll erfasst sein, ob und in welchem Umfang und Zeitrahmen Gebäude an die Wärmenetze angeschlossen werden können. "Es muss letztlich für jedes Gebäude, das Wärme benötigt, eine Aussage getroffen werden, wohin die Reise gehen soll", sagt Graf. Ohne finanzielle Hilfe vom Bund können die Kommunen die nötigen Investitionen in Milliardenhöhe aus Sicht von Rainer Kleedörfer vom Energieversorger N-ERGIE nicht stemmen.
Wie sehen die kommunalen Wärmepläne aus?
Im Prinzip teilen die Kommunen ihre Gebiete auf Basis der Daten, die bei der Bestands- und Potenzialanalyse erhoben werden, in entsprechende Gebiete ein. Dort, wo es sich rechnet, sollen Gebäude dann über Wärmenetze beheizt werden, die aus erneuerbaren Energiequellen wie Abwärme aus der Industrie oder Tiefengeothermie zentral gespeist werden. Besonders in Städten oder dichtbebauten ländlichen Siedlungen sei der Anschluss an das Wärmenetz eine sinnvolle Lösung, sagt Stefan Graf vom Bayerischen Gemeindetag. In dezentralen Gebieten müssten Gebäudeheizungen durch eigene Anlagen einzeln ausgetauscht werden.
Wie steht Bayern bei der Wärmeplanung da?
Mit Blick auf die Digitalisierung sagt Gemeindetags-Direktor Stefan Graf: "Der Freistaat ist weit hinterher." Im Gegensatz zu Bayern hätten viele Bundesländer bereits digitale Wärmekataster erstellt, welche für die Wärmeplanung benötigt werden. Allerdings, so Graf, sei eine Grundlage wohl vorhanden: Wegen des Klimaschutzgesetzes sind Kaminkehrer in Bayern dazu verpflichtet, wichtige Daten an das Statistische Landesamt zu melden. "Es muss Standard sein, dass diese Daten automatisiert und verarbeitbar [...] für jede Gemeinde abrufbar werden", fordert Graf.
Welche Rolle spielt Wasserstoff bei der kommunalen Wärmeversorgung?
Neben den Wärmenetzen haben Kommunen die Möglichkeit, auf der Grundlage ihrer Wärmepläne Wasserstoffnetz auszuweisen. "Die Gemeinde spielt hier Schicksal", sagt Stefan Graf. Manche Kommunen, wie die Stadt München, hätten bereits entschieden, voll auf Wärmenetze mit Tiefengeothermie zu setzen.
Das Problem beim Wasserstoff laut Rainer Kleedörfer: Der Ausbau der Wasserstoffnetze ist teuer. Eine Versorgung komme damit überwiegend nur dort infrage, wo der Energieverbrauch groß genug ist. "Das sind überwiegend die Kraftwerkstandorte und Industriezentren in Bayern", sagt Kleedörfer. Folgt man der Logik des Experten, rentieren sich die Leitungen in kleineren Industriestädten wie Schweinfurt oder in ländliche Industriegebiete künftig nicht. Zudem könne man derzeit nicht sagen, ab wann Wasserstoff verfügbar sein würde.
Was bringt die kommunale Wärmeplanung den Bürgerinnen und Bürger?
Am Ende der Planung der Kommune haben die einzelnen Haushalte mehr Klarheit darüber, welche Art der Wärmeversorgung sich bei ihnen rentiert und welche überhaupt zur Verfügung steht. Außerdem erhalten Grundstückseigentümer laut dem Bundesbauministerium Planungssicherheit für Investitionen.