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Schweinfurt
Haus zweimal angezündet, um Mutter zu töten? 55-Jähriger wegen versuchten Mordes in Schweinfurt vor Gericht
Zwei Tage in Folge brennt es im selben Wohnhaus. Die Bewohnerin rettet sich unverletzt. Unter Verdacht: ihr eigener Sohn. Doch der schweigt zu den Motiven.
Ein 55-Jähriger muss sich vor dem Landgericht Schweinfurt wegen versuchten Mordes, schwerer Brandstiftung und versuchter schwerer Brandstiftung verantworten.
Foto: Anand Anders | Ein 55-Jähriger muss sich vor dem Landgericht Schweinfurt wegen versuchten Mordes, schwerer Brandstiftung und versuchter schwerer Brandstiftung verantworten.
Christoph Sommer
 und  Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:11 Uhr

Sie hätten immer ein gutes Verhältnis gehabt, sie und ihr jüngerer Sohn. Sie hätten regelmäßig telefoniert und sich bis Corona gegenseitig besucht, sagt die 84-Jährige aus dem Landkreis Schweinfurt vor Gericht. Und doch soll ihr Sohn, der in Berlin lebt, laut Anklage versucht haben, seine Mutter durch Brandstiftung zu töten. Völlig überraschend sei er im April 2023 bei ihr aufgetaucht. Es ist der Beginn einer Reihe von Ereignissen um die Rentnerin, die sie sich nicht erklären kann.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, am 17. und 18. April jeweils einen Brand im Wohnhaus der Mutter gelegt zu haben. Und sie wirft dem 55-Jährigen vor, schon vorher das Festnetztelefon abgestöpselt und den Akku ihres Handys entfernt zu haben, damit sie keine Hilfe rufen könne. Der Angeklagte muss sich vor dem Landgericht Schweinfurt unter anderem wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung verantworten.

Sie sei gerade vom Einkaufen gekommen, schildert die 84-Jährige den Vorfall vom 17. April, als Polizeibeamte sie darauf aufmerksam machten, dass es in ihrem Haus brenne. Beamte sagen vor Gericht aus, dass im Haus verteilt an mehreren Stellen Papier, Kleidung und eine Matratze gebrannt hätten. Die Feuerstellen seien jedoch von allein erloschen. Außer Ruß entstand demnach kein Schaden am Haus.

200.000 Euro Schaden entsteht beim zweiten Brand

Keine 24 Stunden später brannte es erneut in dem Anwesen. Der Angeklagte soll, so heißt es in der Anklageschrift, im Dachgeschoss eine Matratze und mehrere Gegenstände in Brand gesetzt haben. Dieses Mal war seine Mutter im Haus. Sie habe frühmorgens leichten Brandgeruch wahrgenommen, sei erst in den Keller, wo es am Vortag brannte, anschließend in den zweiten Stock. "Unten an der Tür waren Flammen entlang", beschreibt die Frau, was sie dort erwartete. "Ich habe dann einen kleinen Eimer genommen und das Wasser in hohem Bogen an die Tür geschüttet." Mehrere Male, vergeblich. 

Es war ein Nachbar, der den Brand im Dachgeschoss von seinem Schlafzimmer aus bemerkt hatte. Zuerst habe er die Feuerwehr verständigt, dann minutenlang versucht, seine Nachbarin mit Klingeln und Klopfen aufmerksam zu machen, schildert er vor Gericht. Noch im Schlafanzug konnte die Frau das Haus unverletzt verlassen. Der Dachstuhl brannte komplett aus. Den Schaden schätzt ein Polizeibeamter auf rund 200.000 Euro.

Das Auto der Mutter wird Fluchtfahrzeug

Der Sohn war zu dieser Zeit nicht im Haus. Weil das Auto der Mutter fehlte, fahndete die Polizei nach ihm – und konnte ihn wenig später auf der Autobahn festnehmen. Das Auto habe stark nach Brand gerochen, sagen Beamte aus. "Wie, wenn sie ein Lagerfeuer machen", erinnert sich ein Polizist, der bei der Festnahme dabei war. Bei der anschließenden Durchsuchung hätten er und seine Kollegen unter anderem ein Messer, eine Pistole, Feuerzeuge, Benzin zum Nachfüllen sowie Streichhölzer gefunden. Und der Mann soll Drogen konsumiert haben.

Der Angeklagte selbst sagt zu den Vorwürfen nichts. Ein Polizeibeamter berichtet vor Gericht, der 55-Jährige habe bei seiner Vernehmung gesagt, er habe seine Mutter nicht töten wollen. Die Motivlage sei komplex, nicht so einfach zu erklären, habe er gesagt. Der Beamte vernahm auch den Bruder des Angeklagten. Der war zwar bei den Bränden nicht anwesend, aber gab dennoch Einblicke in die Familienverhältnisse. Der Ermittler geht davon aus, dass die beiden Brüder nicht das beste Verhältnis gehabt haben.

Ihre Jacke brennt – während die Mutter sie trägt

Möglicherweise, so geht es zumindest aus den Erzählungen der Frau hervor, habe es vor dem 17. April noch einen kleinen Brand an der Hauswand gegeben. Auch der Bruder des Angeklagten machte eine ähnliche Aussage bei der Polizei. Die Mutter erinnert sich noch, dass ihr Sohn sie nach dem Vorfall umarmt habe. Plötzlich sei ihr Rücken heiß geworden. Sie habe ihre Jacke schnell ausgezogen und ein Brandloch entdeckt. 

Zwar habe ihr Sohn ein Feuerzeug in der Hand gehalten, angeblich um Licht zu machen. Aber es hätte sich auch bei dem gerade gelöschten Brand ein Stück Glut an dessen Ärmel festsetzen können, das ihre Jacke bei der Umarmung entzündet haben könnte, findet sie. Überhaupt hält sich die Frau mit Beschuldigungen zurück. Sie möchte ihren Sohn sogar in Haft besuchen. "Irgendwann wird er ja auch mal aus dem Gefängnis entlassen, dann würde er ja ohne Geld und alles da stehen", sagt sie.

Klar zu sein scheint: Nur ihr Sohn und sie waren an den Tagen der Brände in dem Haus. Die 84-Jährige sagt: "Einer muss es ja gewesen sein, und ich war's nicht." Warum ihr Sohn das Haus angezündet haben könnte? Die Frau hat keine Antwort parat, könne sich aber vorstellen, dass es um das Erbe des verstorbenen Vaters gegangen sein könnte.

Die Verhandlung wird am 6. November um 9 Uhr fortgesetzt.

 
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