Auch am zweiten Verhandlungstag vor dem Schweinfurter Landgericht verläuft die Beweisaufnahme in dem Verfahren gegen die Angeklagte, die in einem Keller der Obdachlosenunterkunft an der Euerbacherstraße in der Absicht, andere Menschen zu töten, ein Feuer gelegt haben soll, zäh. Zunächst berichtet ein Kriminalbeamter über die Ermittlungsergebnisse, auf die sich die Anklage stützt.
"Es haben sich keine Hinweise auf andere Tatverdächtige oder Motivlagen ergeben", erläutert er. Zwar habe die Angeklagte ihren Freund Alex P. im Rahmen einer Vernehmung beschuldigt, den Brand gelegt zu haben. Diese Beschuldigung sei jedoch durch nichts untermauert gewesen.
Anders sei es im Falle der Angeklagten, die Victor N., In dessen Keller das Feuer ausgebrochen war, für den Tod ihres Bruders verantwortlich mache. Dieser sei seinerzeit nach einem erheblichen Saufgelage, an dem auch N. beteiligt war, eine Treppe heruntergestürzt. Die damaligen polizeilichen Ermittlungen hätten aber keinen strafrechtlich relevanten Vorwurf ergeben.
Was die Brandsachverständige des Landeskriminalamts aussagt
"Eine Gefahr des Übergreifens des Brandes von dem Kellerraum auf das gesamte Gebäude bestand nach den mir vorliegenden Unterlagen nicht", beschreibt eine Brandsachverständige des Landeskriminalamts. Die unmittelbare Gefährdung der Anwohner habe in der Belastung durch die Rauchgase gelegen, die sich entwickelt hatten und durch das Treppenhaus durch die gesamte Wohnanlage gezogen waren.
Dass der Brand im Keller des Viktor N. und in unmittelbarer Umgebung der Couch ausgebrochen sei, bestätigt die Sachverständige anhand der ihr vorliegenden Tatortfotos. Ob die Brandstiftung vorsätzlich erfolgt sei oder ob der Brand fahrlässig herbeigeführt worden sei, könne sie nicht definitiv feststellen. Ein Brandbeschleuniger sei wohl nicht benutzt worden.
Zeuge korrigiert seine erste Aussage – und trotzdem gibt es keine Klarheit
Sollte das Feuer fahrlässig, beispielsweise durch die Glut einer Zigarettenkippe entstanden sein, könne es bis zu einem Vollbrand über eine Stunde dauern. Bei einer unmittelbaren Entzündung durch einen Täter lediglich 15 Minuten.
Das kann deshalb eine Rolle spielen, weil unklar bleibt, was sich nach der Entstehung des Brandes in dem Nachbarhaus abspielte, in dem sich die Angeklagte aufhielt. Ihr Freund Alex P. erschien erneut vor Gericht, um seine diffuse Aussage vom ersten Verhandlungstag zu korrigieren. Die Angeklagte sei weg gewesen, habe dann wieder den Raum betreten, das Fenster geöffnet und gesagt: "Ist da schon Rauch?".
Wann hat die Angeklagte was gesagt: Zeuge beruft sich auf Erinnerungslücken
Sehr lange und eindringlich wird P. durch das Gericht und die Staatsanwaltschaft mithilfe einer Dolmetscherin gefragt, um Klarheit im Hinblick auf diesen wichtigen Satz zu erhalten. Ob die Angeklagte dem P. gegenüber anschließend tatsächlich ihre Täterschaft eingeräumt hat, bleibt ebenso unklar wie die Frage, wann sie gesagt haben soll: "Ich will die alle töten". Geschah das mehrfach, längere Zeit vor der Tat oder auch beim Blick durch das Fenster? Immer wieder beruft sich der Zeuge auf Erinnerungslücken.
Gutachter bescheinigt der 35-Jährigen verminderte Schuldfähigkeit
Der psychologische Gutachter bescheinigt der Angeklagten eine verminderte Schuldfähigkeit. Er begründet dies mit ihrer über ein Jahrzehnt andauernden Alkoholabhängigkeit. Seit der Trennung von ihrem Ehemann im Jahre 2013 habe sie in erheblichem Maße ständig Alkohol in Form von Bier und Vodka konsumiert. Therapien blieben erfolglos. Auch in Zeiten, in denen die Angeklagte gearbeitet habe, habe sie bis zu acht Flaschen Bier am Tag getrunken.
Eine Mitarbeiterin der Vermieterin der Liegenschaft teilte mit, dass das Gebäude nach einer Komplettsanierung jetzt bald wieder bezogen werden könne. Die Gesamtkosten, die durch den Brand entstanden seien, bezifferte sie auf bislang 217.000 Euro. Das Verfahren wird am 3. Juli fortgesetzt.