
Freunde seien sie gewesen, sagen die beiden Männer. Zusammen hätten sie in einer Wohngemeinschaft mit vier anderen jungen Männern im Landkreis Rhön-Grabfeld gelebt, sich zu zweit ein Zimmer geteilt. Jetzt sitzt einer von ihnen auf der Anklagebank am Landgericht Schweinfurt, der andere im Zeugenstand. Der Vorwurf: Der 19-jährige Angeklagte soll seinen ehemaligen Mitbewohner im November 2023 mit einem Messer bedroht und versucht haben, ihn zu vergewaltigen.
Zwei Versionen der Nacht im November 2023
Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. "Ich habe das nicht getan. Hätte ich eine Neigung dazu, hätte ich woanders etwas gemacht", sagt er. Auch den Vorwurf, er habe seinen Mitbewohner mit dem Tod bedroht, verneint er. Es habe mal Streit gegeben, ja. Aber da sei es um eine neue Wohnung gegangen.
Die Version des Angeklagten klingt so: Am mutmaßlichen Tattag sei er von der Arbeit gekommen, habe gekocht und gegessen, sich dann ins Bett gelegt. Sein Mitbewohner sei noch am Handy gewesen, er selbst habe schon geschlafen. Ein Kumpel sei mit im Zimmer gewesen und habe dort übernachtet. Erst am nächsten Morgen, berichtet der Angeklagte, sei er wachgeworden und wieder zur Arbeit gegangen.
Der Mitbewohner selbst schildert die Nacht anders: Er sei wachgeworden und habe den Angeklagten "in seiner Nähe" bemerkt. Dieser habe ihm ein Messer an den Hals gehalten und ihm die Hose heruntergezogen. "Dann hat er versucht, etwas Schlimmes mit mir zu machen", sagt der Zeuge. Erst nach mehrmaligem Hinweisen der Vorsitzenden Richterin beschreibt der ebenfalls 19-Jährige den mutmaßlichen Übergriff genauer, es fällt ihm sichtlich schwer, darüber zu reden.
Er habe den Angeklagten von sich schubsen können, dieser ging zu Boden. Dann habe es eine Auseinandersetzung – möglicherweise auch etwas lauter – gegeben, zwei Mitbewohner seien dann ins Zimmer gekommen. Noch zwei weitere Male sei der Angeklagte auf den 19-Jährigen zugegangen und habe Sex mit ihm gefordert, berichtet der junge Mann. Einmal habe er ihn vertröstet. Als er dann am Tag darauf erneut ablehnte, habe der Angeklagte ihn körperlich angegriffen. Dann sei er zur Polizei.
Gegensätzliche Aussagen aller Beteiligten: Was geschah wirklich?
Zwei Kumpels der beiden Männer berichten vor Gericht von einem Streit, den sie mitbekommen haben wollen. Worum es genau gegangen sei, wissen sie nicht. Im Laufe der Verhandlung behauptet der Angeklagte, dass es bei der Auseinandersetzung lediglich um ein Handy-Spiel gegangen sei und sein Freund das Spiel so laut gestellt habe, dass er nicht schlafen konnte, woraufhin ein Streit zwischen den zweien ausgebrochen sei. Weder der Mitbewohner, noch die beiden Zeugen bestätigen dies. Sie alle bestreiten auch, dass in der mutmaßlichen Tatnacht eine weitere Person mit im Zimmer geschlafen habe. Auch von einer neuen Wohnung ist keine Rede.
Man habe versucht, zu schlichten, berichten die Kumpels weiter. Dass der Angeklagte sich mal an Männer herangemacht habe, habe keiner der beiden mitbekommen. Ein Polizeibeamter sagt, er habe von einem Vorfall vor der mutmaßlichen Tat gehört, bei dem der Angeklagte dem Mitbewohner bereits Geld für Sex angeboten haben soll.
Der Prozess wird am Donnerstag um 9 Uhr fortgesetzt. Dann sollen weitere Zeugen gehört werden, auch mit einem Urteil ist zu rechnen.