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Schweinfurt
Gute Nachrichten für Schweinfurt: Stellenabbau bei Bosch Rexroth deutlich niedriger als geplant
Im März plante das Unternehmen noch 238 Stellen in Schweinfurt und Volkach zu streichen. Intensive Verhandlungen des Betriebsrates brachten nun einen Erfolg.
Das Werk von Bosch Rexroth in Schweinfurt. 1300 Beschäftigte arbeiten aktuell am Standort.
Foto: Judith Mühlich/Bosch Rexroth | Das Werk von Bosch Rexroth in Schweinfurt. 1300 Beschäftigte arbeiten aktuell am Standort.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 06.12.2024 02:35 Uhr

Gute Nachrichten für den Industriestandort Schweinfurt waren zuletzt rar gesät. Doch kurz vor Weihnachten gibt es sie nun bei Bosch Rexroth für die Standorte im Schweinfurter Hafen mit 1300 Mitarbeitenden und den Werksteil in Volkach mit 370 Beschäftigten. Betriebsrat, Gewerkschaft und Unternehmen gaben bekannt, dass die wochenlangen Verhandlungen erfolgreich waren und der geplante Stellenabbau deutlich niedriger ausfällt als befürchtet.

Am Montagvormittag hatten Betriebsrat und Gewerkschaft die Belegschaft informiert. Betriebsratsvorsitzender Sebastian Schierling und der zweite Bevollmächtigte der IG Metall, Reiner Gehring, waren sehr zufrieden. Beide sprachen von "Signalwirkung" auch für Verhandlungen über den Abbau von Arbeitsplätzen in anderen Unternehmen. Miteinander zu sprechen und auch auf die Vorschläge der Mitarbeitenden einzugehen, sei bei Bosch Rexroth das Erfolgsrezept gewesen, so Sebastian Schierling. 

Im März hatte das Unternehmen noch geplant, 238 Stellen in der Lineartechnik abzubauen. Nun gibt es "massive Investitionen, deutlich weniger Verlagerungen, und damit einhergehend erfolgt die Sicherung von Beschäftigung am Standort", so Schierling. 85 Stellen, die eigentlich verlagert werden sollten, werden in Produktion und Verwaltung in Schweinfurt beziehungsweise Volkach erhalten. Abgebaut werden sollen jetzt lediglich 153 Stellen, bis Ende 2028 sozialverträglich über Altersteilzeit und Vorruhestandsregelungen.

Sebastian Schierling, Betriebsratsvorsitzender bei Bosch Rexroth in Schweinfurt, ist sehr zufrieden mit dem Verhandlungsergebnis mit dem Arbeitgeber zum Thema Arbeitsplatzabbau.
Foto: Josef Lamber | Sebastian Schierling, Betriebsratsvorsitzender bei Bosch Rexroth in Schweinfurt, ist sehr zufrieden mit dem Verhandlungsergebnis mit dem Arbeitgeber zum Thema Arbeitsplatzabbau.

Für Schierling zeigt "dieser Erfolg, wie wichtig der Zusammenhalt und die aktive Beteiligung der Belegschaft sind. Durch die Einbindung der Beschäftigten in die Prozessverbesserungen und Modernisierungen konnten wir gemeinsam Lösungen finden, die den Erhalt von Arbeitsplätzen in Schweinfurt und Volkach sichern."

"Die Basis für eine zukunftssichere Entwicklung von Bosch Rexroth in Schweinfurt und Volkach ist gelegt."
Sebastian Schierling, Betriebsratsvorsitzender Bosch Rexroth Schweinfurt

Hauptaugenmerk der Arbeitnehmervertretung sei in den Verhandlungen der Erhalt der Wertschöpfung am Standort gewesen. Bei den Investitionszusagen konnte eine Verdreifachung im Vergleich zu den vergangenen Jahren vereinbart werden. Der Arbeitgeber verzichtet laut dem Betriebsrat auf das Outsourcing des traditionellen Kernproduktes im Betriebsteil Volkach sowie auf eine Verlagerung von wesentlichem Produktionsvolumen der zukunftsträchtigen Systemmontage und der Schienenbearbeitung im Betriebsteil Schweinfurt.

Außergewöhnlich ist aus Sicht der Arbeitnehmer-Vertretung die Rückführung von Anlagen und Maschinen aus Niedriglohnkostenstandorten wie Rumänien oder China nach Schweinfurt. Auch die feste Übernahme von Auszubildenden sei im Zuge der Verhandlungen erneut vereinbart worden.

Im Gegenzug sei mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung zu Flexibilisierung abgeschlossen worden, welche Regelungen zu einer höheren Planbarkeit, Zusatzschichten und kürzeren Ankündigungszeiten enthält, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. "Mit diesen Maßnahmen ist die Basis für eine zukunftssichere Entwicklung von Bosch Rexroth in Schweinfurt und Volkach gelegt", so Sebastian Schierling in einer Pressemitteilung der Gewerkschaft.

Für Reiner Gehring zeigten die Verhandlungen, "dass der Standort Deutschland sehr wohl wettbewerbsfähig ist, wenn Anlagen und Maschinen aus sogenannten Niedriglohnkostenstandorten nach Schweinfurt zurückverlagert werden." Man erhoffe sich im Übrigen nun auch Verhandlungsbereitschaft des Unternehmens für den Bosch Rexroth-Standort in Augsfeld.

Bosch Rexroth lobt konstruktive Gespräche mit dem Betriebsrat

Judith Mühlich, Pressesprecherin von Bosch Rexroth, betonte, der Produktbereich Lineartechnik stehe vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. Man spüre die Investitionszurückhaltung aufgrund der geopolitischen Situation und der Inflation. Der Wettbewerbsdruck sei vor allem in Europa stark. Deshalb habe man den Geschäftsbereich neu ausgerichtet und wolle Schweinfurt als Leitwerk für die Lineartechnik weiter entwickeln.

Geplant seien Investitionen in den Neubau eines Innovations- und Kundencenters sowie Kosteneinsparungen durch weitere Automatisierung in der Produktion, Auftragsvergabe an Externe, schlankere Prozesse, Digitalisierung und eine bessere Ausbalancierung des internationalen Fertigungsverbundes.

"Nach konstruktiven Gesprächen mit unserem Betriebsrat haben wir nun einen gemeinsamen Weg gefunden, um die Weichen für die Zukunft zu stellen", wird Pablo Catalán, Kaufmännische Leitung Business Unit Lineartechnik von Bosch Rexroth, in der Pressemitteilung des Unternehmens zitiert.

 
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  • Erich Spiegel
    Dass weniger Jobs abgebaut werden als zunächst verkündet ist das Ergebnis von Verhandlungen. Die Geschäftsleitung von Rexroth gibt der Gewerkschaft ein Bonbon, damit diese nicht mit leeren Händen vor den eigenen Mitgliedern steht. Mehr ist es nicht. Daraus abzuleiten, dass der Standort Deutschland noch wettbewerbsfähig sei, ist ein Trugschluss. Ich glaube die Herren von der Gewerkschaft machen sich selbst was vor. Der Standort D hat Nachteile wegen zu hoher Kosten (Löhne, Energie, Bürokratie). Inzwischen sind die Wettbewerber im Ausland technisch auf Augenhöhe nachdem Ihnen deutsche und westliche Firmen das Know-How bereitwillig hingetragen haben. Beispiel SKF. Das Know-How für Windturbinen-Wälzlager ist nach China gewandert und die Chinesen machen der SKF nun mächtig Konkurrenz. Man hat sich die Wettbewerber selbst herangezüchtet.
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  • Peter Koch
    Dass teure Produktionsanlagen in Deutschland profitabler laufen können als in Niedriglohnländern wundert mich nicht. Diese Anlagen laufen nur bei entsprechender Wartung durch Spezialisten und wenn der bei jeder Störung aus Deutschland anreisen muss wird es schnell unrentabel im Niedriglohnland.
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