
Mittagessen in der Kirche? Mit Menschen an einem Tisch sitzen, die man sonst nie trifft? Die Vesperkirche in St. Johannis am Martin-Luther-Platz mitten in der Stadt macht das möglich. 2015 startete das Projekt. Ab Sonntag, 26. Januar, wird St. Johannis für zwei Wochen wieder zu einem ganz besonderen Ort der Begegnung.
Wann findet die Vesperkirche statt?
Von Sonntag, 26. Januar, bis Sonntag, 9. Februar, wird die Johanniskirche zur Vesperkirche. Täglich von 11.30 bis 14 Uhr. Zur Eröffnung am Sonntag, 26. Januar, findet um 10.30 Uhr ein Gottesdienststatt statt.
Was kostet das Essen?
Seit der ersten Vesperkirche 2015 lag der Essenspreis bei 1,50 Euro (Kinder 0,50 Euro) für eine warme Mahlzeit (mit oder ohne Fleisch) und ein alkoholfreies Getränk. Außerdem gibt es Kaffee und von Hobby-Bäckerinnen und -Bäckern gespendete selbstgebackene Kuchen. Heuer wurde auf 2 Euro erhöht, Kinder zahlen 1 Euro. Für Dekan Oliver Bruckmann keine leichte Entscheidung. Aber um das Angebot aufrechterhalten zu können, sei das nötig gewesen. Wie bei jeder Vesperkirche freuen sich die Veranstalter, wenn die Leute, die es sich leisten können, eine kleine Spende hinterlassen oder etwas mehr bezahlen als die 2 Euro.
An wen richtet sich das Angebot?
Die Vesperkirche ist ein Ort, der Menschen zusammenbringen will. "Immer mehr Menschen leiden unter Einsamkeit", beobachtet Bruckmann. Dazu kommen noch finanzielle Schwierigkeiten. Wenigstens ab und zu sich ein Essen leisten zu können, in Gesellschaft zu sein: Das sei wichtig. Konzept war von Anfang an, die Leute zusammenzubringen, egal, welchen Hintergrund sie haben. Niemand wird stigmatisiert, weil er auf das günstige Essen angewiesen ist.

Wer ist alles im Einsatz?
Auch bei der Vesperkirche ist ehrenamtliches Engagement extrem wichtig. Bei der Vorbereitung, beim Aufbau, am Empfang, an der Kaffeebar, beim Begrüßen, beim Servieren, um nur einige Stationen zu nennen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Gastgeber und Gastgeberinnen. Wer die Gäste zum Tisch geleitet, serviert, abräumt, ausschenkt und die Kuchen verteilt, ist nämlich mehr als das. Bei den Vesperkirchen vor Corona wurden im Durchschnitt 400 Essen pro Tag ausgeben, im Schnitt waren pro Tag 60 Gastgeber im Einsatz.

Was wird noch angeboten?
Die Diakonie und verschiedene Organisationen aus Stadt und Landkreis bieten jeden Tag verschiedene Hilfsangebote an – von kostenlosem Haareschneiden bis zu Blutdruckmessungen. Die Organisationen stellen sich und ihre Hilfsangebote vor. Viele Menschen wüssten oft nicht, wo sie Hilfe und Unterstützung bekommen. Haareschneiden in der Kirche? Nicht jeder findet das passend. Für Bruckmann und das Vesperkirche-Team ist das aber ein wichtiges Angebot. "Jemand kümmert sich um mich. Jemand macht mich schön." Viele der Besucherinnen und Besucher erlebten es selten, dass sich jemand um sie kümmert. Das gehöre zum Leben. "Und Leben gehört in eine Kirche." Ein Seelsorger oder eine Seelsorgerin steht täglich für Gespräche zur Verfügung. Um 13 Uhr kommt von der Kanzel jeden Tag das „Wort in der Mitte“. Ein Impuls, ein Angebot zum Nachdenken, auch für Menschen, die mit Glauben sonst nichts zu tun haben.
Wie sieht es mit der Ökologie aus?
Die Vesperkirche findet bewusst wieder in der kalten Jahreszeit statt. Heizkosten sind für viele ein Problem, so Bruckmann. Die Vesperkirche biete zum Essen auch Wärme, nicht nur was die Atmosphäre und das Miteinander angeht. Auch wenn damit die Frage verbunden ist, ob die Heizkosten ökonomisch und ökologisch vertretbar seinen, schließlich spiele Umweltmanagement bei allen kirchlichen Projekten eine Rolle. Um die Vesperkirche durchzuführen, muss das Gebäude 14 Tage lang geheizt werden. Zwar nur auf maximal 18 Grad, aber trotzdem wird mehr Energie verbraucht, als ohne Vesperkirche. Auf der anderen Seite gehe es aber um Miteinander, Gemeinschaft, um eine soziale Aufgabe. Als Ausgleich für die Umwelt sollen Bäume gepflanzt werden.