
Der Januar ist ja der klassische Monat der Neujahrsempfänge. Da wird meist ein wenig Bilanz gezogen, in die Zukunft geblickt, man isst lecker Häppchen, schlürft ein wenig Sekt und freut sich im allgemeinen, dass man sich mal wieder sieht und schnacken kann. Nett – gerade in diesen Zeiten, nach zweieinhalb Jahren Corona-Pandemie, während des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, inmitten der Energiekrise und der Sorge, ob wir es uns noch leisten können, die Wohnung muggelig warm zu haben.
Neujahrsempfänge sind aber manchmal die Gelegenheit, ein wenig zu poltern. Und diese Gelegenheit nutzte Margit Rosentritt, die nie um offene Worte verlegene Schweinfurter Kreishandwerksmeisterin, gar trefflich unter der Woche. Sie hätte es sich leicht machen können, den Goldenen Boden des Handwerks thematisieren, den Fachkräftemangel beklagen, aber allgemein Mut und Zuversicht auszusprechen für 2023, jetzt wo Corona vorgeblich vorbei ist und der Staat das monetäre Füllhorn über uns allen ausschüttet mit Gaspreis- und Strompreis- und sonstigen Bremsen.
Tat sie nicht, stattdessen mussten sich die anwesenden Berufspolitiker (erstaunlicherweise waren keine Politikerinnen da) aus Bund, Freistaat, Bezirk und Kommune ganz schön was anhören, was so alles im Argen liegt, aus Sicht des Handwerks. Eines der schönsten Bonmots: Es handelt sich sicher nicht um "handwerkliche" Fehler, wenn Gesetze und Verordnungen über das Ziel hinaus schießen, sondern um "politische".
Als auf einmal auch noch der CSU-Übervater Franz Josef Strauß ins Spiel kam, war's später auch um Oberbürgermeister Sebastian Remelé geschehen, dem man nicht zu nahe tritt, wenn man ihn der straußschen Ideologie in den 1980er-Jahren näher wähnt als Margit Rosentritt. Die zitierte ausgerechnet den Mann, der einst sagte, "Irren ist menschlich, aber immer irren ist sozialdemokratisch", um beim Thema Rückzahlung von Corona-Hilfen zu illustrieren, dass die Politik sich auf einem Irrweg befindet. Im Original geht Strauß' Zitat so: "Wenn man den Kopf in der Sauna hat und die Füße im Kühlschrank, sprechen Statistiker von einer angenehmen mittleren Temperatur." Angenehm fühlt sich wohl eher anders an.

A propos angenehm: Wie müssen sich erst all die Heerscharen von Lateinlehrern fühlen, die in Deutschland nach einem mehr oder weniger langen Studium einer toten Sprache eine Anstellung an einem humanistischen Gymnasium fanden, um den Teenagern des 21. Jahrhunderts etwas über Cäsar und die Römer beizubringen? Denen gab der neue Handwerkskammer-Präsident Michael Bissert ganz neue Perspektiven auf den Weg: "Lieber ein glücklicher Heizungsmonteuer als ein unglücklicher Lateinlehrer."
Nun kann man diese Aussage natürlich nicht pauschal auf alle Schweinfurter Heizungsmonteurinnen und Monteure und alle Schweinfurter Lateinlehrerinnen und Lehrer übertragen. Am besten verbinden wir die Straußschen Erkenntnisse zu kalten Kühlschrank-Füßen mit der Rosentrittschen Bitte um durchdachtes politisches Handeln mit einem Zitat von Horaz, das für ganz 2023 gelten möge: "Aequam meneto rebus in arduis servare mentem." Sei darauf bedacht, auch in harten Tagen deinen Gleichmut zu bewahren.