
Was war das für eine Freude im Sommer 2020, als unser aller Finanzminister Albert Füracker einen Job-Regen für Schweinfurt verkündete: Bis zu 300 Mitarbeitende des Finanzamtes München werden nach Unterfranken versetzt, arbeiten zukünftig nicht mehr in der Landeshauptstadt, sondern in der Hauptstadt des Wälzlagers.
Man konnte sich lebhaft vorstellen, wie die Damen und Herren Finanzbeamte inmitten der ersten Welle der Corona-Pandemie aufatmeten, auf die Tische in ihren muffigen Münchner Büros stiegen und tanzten und lachten und sangen, als gäbe es kein Morgen. Hurra, wir dürfen den ländlichen Raum stärken, raus zu den Dorfis und denen erklären, wie digitale Steuererklärung geht. Wie man Krachlederne und Dirndl ordentlich anzieht. Hurra, wir wollten schon immer das Alpen-Panorama, den vielen Schnee im Winter und die lästigen Seen im sommerlichen Alpenvorland mit Unterfranken tauschen. Ellertshäuser statt Starnberger See. Würde jeder jubeln.
Aber ja, es gibt durchaus gute Argumente, nicht in der Hauptstadt der A-Dabeis und der Mia-san-Mias zu wohnen. Noch dazu, wenn dort alles so teuer ist, dass man zwar eine Schuhschachtel als Dach über dem Kopf hat, ansonsten es sich aber gar nicht leisten kann, die Alpen oder die Seen mal aus der Nähe zu erleben. Deshalb wird es wahrscheinlich so sein, dass die 300 Damen und Herren Finanzbeamte schon gespannt sind wie die Flitzebögen, wann sie denn jetzt endlich in Schweinfurt anfangen können.
Gleichwohl wird es noch eine Weile dauern, bis die ersten Mitarbeitenden die Umzugsunternehmens-Industrie Münchens und Oberbayerns in Beschlag nehmen und im Konvoi gen Norden fahren. Es wird nämlich nach wie vor ein Staatsgeheimnis daraus gemacht, wo die zukünftigen Büros sind.
Antwort auf die Nachfrage beim Bauträger, dessen Bauantrag neulich im Bauausschuss behandelt wurde: Nein, wir sagen nichts. Antwort auf die Nachfrage bei der Stadtverwaltung: Nein, wir sagen nichts. Antwort auf die Nachfrage beim Finanzministerium: Nein, wir sagen nichts. Nachfrage bei den hauptberuflich Neuigkeiten von den Schweinfurter Dächern pfeifenden Spatzen: Ja, der Neubau kommt in der Wirsingstraße.
Warum das Ganze so ein geheimer Geheimbau ist, dass nicht mal James Bond rausfinden könnte, wer da einzieht, erschließt sich dem Laien nicht. Für die Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten hat die Lage in der Nähe des Hauptbahnhofs immerhin den Vorteil, dass man schnell hin- und auch wieder wegpendeln könnte, wäre man unerklärlicherweise resistent gegen die unbestreitbar lieblichen Reize Schweinfurts.
Verwunderlich nur, dass sich die sonst zu allerlei Aufgeregtheit neigende örtliche Politik des Themas noch nicht angenommen hat. Denn als der Fürackers Albert dem Remelés Sebastian 2020 schrieb, dass dessen Stadt den Zuschlag bekommt und nicht der sozialdemokratisch regierte Landkreis Schweinfurt – das Ganze also eher die Stärkung des städtischen Raumes als des ländlichen ist – freute man sich zwar bei den Schnüdeln, schnell aber wurden die Forderungen laut, die Finanzamt-Dependance müsse unbedingt in die Innenstadt. Da gibt's aber offenbar keine geeignete Immobilie.
Viel besser wäre Abbruch des hässlichen Hbf-Gebäudes & Pavillons: Und langer, neuer Bau vom Posthof bis Gleisunterführung; da passte auch noch das HZA rein - und im EG mit großzügigen Bahn-Empfangsbereich.
Viele Vorteile:
> würde Bahnhofsplatz im Süden städtebaulich schließen
> nach Aufstieg aus Gleisunterführung stünden Reisende nicht im Regen
> die 300 Leute würden den öden Bahnhof beleben, auch Gastronomie & Geschäfte
...damit endlich dieser Provinz-Schandfleck verschwindet!
Wenn Wirsingstraße, wäre das typisch für die kurzsichtige Politik: einfach das nächst beste freie Grundstück nehmen, ohne städtebauliches Konzept - mit Mio.-Investition an schlechter Stelle. Befriedigt das die Politiker? Man hätte dann eine riesen Chance vertan, 2 Fliegen (mit HZA 3 Fliegen) mit einer Klappe zu schlagen. Jeder investierte Euro wäre doppelt soviel wert!
Wenn Chance vertan, dann sollte wenigstens HZA in Hbf kommen!