
Wer daheim im Gärtchen hinterm Haus seit Wochen jeden Tag Gießkanne für Gießkanne schleppt, um Salatpflanzen, Gemüse und Blumen vorm Verdursten zu retten, kann sich vorstellen, welch verzweifelten Kampf derzeit die Gerolzhöfer Stadtgärtnerei führt. Dort sind aktuell zwei Mitarbeiter damit beschäftigt, um an sechs Tagen in der Woche Blumenbeete und junge Bäume zu gießen.
In der Hauptsache ist dies die Aufgabe von Franz Fritz und Oliver Lutz. Ab dem frühen Morgen sind die beiden mit Fahrzeugen mit Wassertanks unterwegs, um das zum Überleben notwendige Nass zu den Pflanzen zu bringen. In langen Listen tragen sie akribisch ein, was und wo sie wie viel gegossen haben. Sonst würde keiner mehr den Überblick behalten, berichtet Stadtgärtner André Ditterich.
Selbst ältere Bäume erhalten noch Wasser
Die in der Stadt verteilten Pflanztröge werden dreimal wöchentlich gegossen. Weniger häufig sind die Bäume an der Reihe. Die frisch gepflanzten, jungen Bäume werden einmal pro Woche mit Wasser versorgt. Die älteren Bäume, die seit drei Jahren stehen, erhalten alle zwei Wochen Besuch vom Tankwagen. Die noch älteren Bäume, das heißt diejenigen, die seit mindestens sieben Jahren stehen, haben in den vergangenen Jahren kein Wasser mehr erhalten. Doch angesichts der gewaltigen Trockenheit in diesem Jahr macht Stadtgärtner Ditterich auch hier Ausnahmen. Bestimmte Bäume, beispielsweise die im Baugebiet "Weiße Marter", erhalten jetzt einmal pro Monat Wasser.

Für Ditterich ist dies kein Luxus. Er ist davon überzeugt, den Bäumen damit überhaupt noch eine Chance zu geben, die Dürre zu überstehen. Es macht in seinen Augen keinen Sinn, die teuer gekauften und über Jahre hinweg mühsam gehegten und gepflegten Bäume entlang öffentlicher Straßen und in den Grünanlagen sehenden Auges vertrocknen zu lassen.
Alarm-Signal: Bäume werfen bereits ihr Laub an
Gleichzeitig ist er sich des Dilemmas bewusst, im Extremfall bei weitem nicht alle alten Bäume retten zu können. In den Alleen beispielsweise sieht er täglich, wie sehr die seit Wochen anhaltende Dürre die Bäume stresst. Viele verlieren bereits jetzt, mitten im Sommer, ihr erstes Laub. Blätter hängen welk an den Ästen. "Die Bäume werden in wenigen Tagen anfangen, das diesjährige Wachstum einzustellen", deutet Ditterich die alarmierenden Zeichen. Die Bäume versuchen derzeit, mit dem kaum noch vorhandenen Wasser im Boden so sparsam als möglich umzugehen. Deshalb stellen sie unter anderem auch die Photosynthese ein und trennen sich von Teilen ihres Laubs.
Ob sie mit dieser Strategie Erfolg haben werden, ist ungewiss. Der Stadtgärtner gibt sich keinen Illusionen hin: "Die ganz alten Bäume im Stadtgebiet werden selten werden." Anders ausgedrückt bedeutet das: Etliche der Bäume, beispielsweise die mächtigen Kastanien entlang der Friedhofsmauer in der Östlichen Allee, werden die tendenziell zunehmenden Dürre-Perioden kaum überstehen und dürften absterben. Dem Stadtgärtner bleibt einzig bei den Neupflanzungen auf Sorten zu setzen, die – laut aktuellem Kenntnisstand – mit den zu erwartenden Dürre-Sommern vergleichsweise gut zurechtkommen, etwa Esskastanien, aber auch alte Sorten, wie Speierling oder Silberlinde. "Wir planen jetzt bereits für die nächsten Generationen", sagt Ditterich.
Dürre-Schäden an Bäumen dürften sich häufen
Als aktuelles Beispiel nennt Ditterich den alten Nussbaum am Nebeneingang zum Friedhof in der Rügshöfer Straße. Dieser musste am 22. Juli komplett gefällt werden, nachdem innerhalb kurzer Zeit zum zweiten Mal ein mächtiger Ast abgebrochen war. Der Baum war im Innern seines Stammes hohl und wies massive Trockenschäden auf. Augenscheinlich hatte der Baum keine Möglichkeit mehr, sich ausreichend mit Wasser zu versorgen. Hinzu kam noch der warme Wind, der in den zurückliegenden Wochen zusätzlich dafür gesorgt hat, die vorhandene Feuchtigkeit zu vernichten.

Solche Fälle werden sich häufen, vermutet der Stadtgärtner. Alles entscheidend wird sein, wie viel Niederschlag in den Frühjahrs- und Sommermonaten noch fällt. Und hier sticht das Jahr 2022 bislang besonders negativ hervor, sagt Ditterich. Er hat sich feinsäuberlich die Niederschlagsmengen der vergangenen Monate notiert, die er am Regenmesser im Bauhof in der Dreimühlenstraße abgelesen hat: Im Januar waren es 57 Liter, im Februar 60 Liter, im März 14 Liter und dann im April nochmals 81 Liter und fünf Zentimeter Schnee. Doch dann war's mit Regen so gut wie vorbei. Im Mai fielen 22 Liter pro Quadratmeter, im Juni 13 und im Juli bis wenige Tage vor Monatsende kärgliche neun Liter. In Summe sind dies 256 Liter.
Niederschlagsmengen schwanken von Jahr zu Jahr
Ob die ohnehin nicht üppigen durchschnittlich 600 Liter, die im Raum Gerolzhofen pro Jahr fallen, in diesem Jahr noch erreicht werden, ist fraglich. Vergangenes Jahr waren es 797 Liter Niederschlag, hat Ditterich vermerkt. Das Jahr davor 572 Liter, im Jahr 2019 fielen 610 Liter Niederschlag vom Himmel und 2018 waren es 505 Liter. 2015 war ebenfalls besonders trocken, da verzeichnete der Regenmesser 397 Liter.
Die Zahlen zeigen es: Ohne Gießen geht es nicht. Glücklicherweise muss die Stadtgärtnerei hierfür bislang nicht auf Trinkwasser aus dem Leitungsnetz zurückgreifen. Nach Angaben des Stadtgärtners nutzen seine Mitarbeiter das sogenannte Grauwasser, das als gereinigtes Schmutzwasser die Gerolzhöfer Kläranlage verlässt. Bis zu dem Zeitpunkt, als vor einiger Zeit der Brunnen auf dem Gelände der Kläranlage zusammengebrochen ist, konnte aus diesem das gesamte benötigte Gießwasser gewonnen werden. Doch solange der Brunnen nicht saniert ist, kann aus diesem mithilfe einer Tauchpumpe nur ein Teil der täglich benötigten 10.000 bis 12.000 Liter Gießwasser entnommen werden.
Mehrere Nutzer für das Grauwasser
Der Rest stammt aus besagtem Auslauf der Kläranlage. Doch auch dieses Grauwasser steht nicht unbegrenzt zur Verfügung. Denn einerseits bedient sich von diesem auch die benachbarte Kompostanlage, die damit die Komposthalden bewässert, um diese vorm Austrocknen zu bewahren. Zum anderen nutzt derzeit auch eine Firma dieses Wasser für eine Baustelle. Und ganz unabhängig davon fehlt jeder Liter, der vergossen wird, dem Silberbach, in den die Kläranlage entwässert; von dort gelangt das Wasser dann in den Volkach-Bach.
Die Stadtgärtnerei darf mit Grauwasser nicht alle Pflanzen gießen, berichtet Stadtgärtner Ditterich. Für die Pflanzkübel in der Stadt, deren Gemüse Anwohner und Besucher der Stadt ernten dürfen, muss Brunnenwasser verwendet werden. Denn das aus der Kläranlage stammende Wasser ist zwar grundsätzlich von allen Fäkalien gereinigt, doch zum menschlichen Verzehr ist es dennoch nicht geeignet, weil sich darin noch gesundheitsschädliche Keime befinden könnten. Auch die Wassersäcke an den frischgepflanzten Bäumen in der Innenstadt füllen die Mitarbeiter der Stadtgärtnerei mit Brunnenwasser.