Die Stadtgärtnerei hat im Stadtgebiet und außerhalb auf Gerolzhöfer und Rügshöfer Gemarkung unter anderem zehn junge Speierling-Bäume und fünf Wildbirnen gepflanzt. Das Besondere daran: Die rund einen Meter hohen Bäumchen sind "Kinder" aus dem Gerolzhöfer Stadtwald "Mahlholz". Sie haben die Fähigkeit geerbt, mit Wärme und wenig Niederschlag auszukommen.
Bei intensiven Forschungen haben sich in letzter Zeit mehrere Baumarten herauskristallisiert, die mit der durch den Klimawandel verursachten höheren Durchschnittstemperatur und mit der zunehmenden Trockenheit deutlich besser zurechtkommen als andere Sorten. Zu diesen wärme-resistenten Baumarten zählen grundsätzlich der Speierling und die Wildbirne. Aber die diesen Baumarten grundsätzlich anhaftende Wärme- und Trockenheitstoleranz ist nicht alles, auf was es ankommt. Denn Speierling ist nicht gleich Speierling.
Wichtig ist der Genpool
Es hat sich nämlich herausgestellt, dass es innerhalb einer Baumart noch besondere Exemplare geben kann, die sogar überdurchschnittlich viel Wärme und extreme Trockenheit vertragen können. Ursache dafür ist mutmaßlich eine Mutation im Genpool des Baums. Diese mutierten Bäume kommen auf einem trockenen Standort noch besser zurecht als ihre benachbarten Artgenossen. In der Natur bedeutet dies, dass sie – wenn es hart auf hart kommt – durch die Mutation auch die besseren Überlebenschancen besitzen und ihre Gene sich künftig durchsetzen.
Experten sind nun bemüht, solche "Super-Bäume" zu finden, um von deren Früchten oder Wurzelschösslingen neue Bäumchen zu ziehen. Die so gewonnenen Ableger des Baums haben die nahezu gleichen oder gar identischen "guten Gene" und legen später im Kampf gegen Wärme und Trockenheit die gleichen Qualitäten an den Tag wie der Mutterbaum.
Es ist ein absoluter Glücksfall, dass es im Gerolzhöfer Stadtwald "Mahlholz" eine sehr ungewöhnlich hohe Dichte an Speierlingen gibt – und diese Bäume noch dazu von ihrer genetischen Veranlagung her augenscheinlich sehr gut mit dem Klimawandel zurechtkommen. An die 50 prächtige Exemplare stehen im Wald unterhalb der "Waldesruh". Stadtförster Jochen Schenk, der den Schatz im Mahlholz bestens kennt, hat in einer Spezialbaumschule inzwischen aus den Früchten einiger besonders beeindruckender Speierlinge eine Reihe Jungbäume im Topf nachziehen lassen. Ein Großteil davon wird im Steigerwald gepflanzt, um eine neue Generation von widerstandsfähigen Laubbäumen zu schaffen. Zehn der Setzlinge bekam auch André Ditterich für den Bereich der Stadtgärtnerei.
Wildbirne aus dem Mahlholz
Mit den Wildbirnen verhält es sich genauso. Auch hier gibt es im Stadtwald ein prächtiges Birnen-Exemplar, das mit den klimatischen Schwankungen bestens zurechtkommt. Aus den Früchten dieses Mutterbaums hat Jochen Schenk ebenfalls Jungbäume ziehen lassen, die nun ebenfalls die genetischen Besonderheit in sich tragen. Fünf dieser Exemplare gingen an die Stadtgärtnerei.
Wie wichtig das Pflanzen von Bäumen ist, die gut mit Trockenheit umgehen können, veranschaulicht ein Blick in die Niederschlagsstatistik von Gerolzhofen, die seit vielen Jahren in der Stadtgärtnerei geführt wird. Im Schnitt gibt es pro Jahr im Steigerwaldvorland nur rund 600 Liter Niederschlag auf den Quadratmeter bei abnehmender Tendenz. Im Jahr 2015 waren es gar nur 397 Liter. Ein Vergleich: In Kempten im Allgäu gibt es innerhalb eines Jahres 1526 Liter Niederschlag.
Die Speierlinge und die Birnen wurden als Ergänzung auf bereits bestehende städtische Streuobst-Wiesen gepflanzt: in Richtung Schallfeld auf der linken Seite nach dem Stadion zwischen dem Radweg und der B 286, am Wiesenstreifen in Richtung Wiebelsberg neben dem Radweg, neben der Photovoltaik-Anlage zwischen dem Silberbach und der Gemarkungsgrenze nach Mönchstockheim und in der Nützelbachaue am so genannten "Grünen Klassenzimmer". Die Bäume und ihre Früchte sollen laut Stadtgärtner Ditterich den Lebensraum für Vögel und Insekten weiter verbessern.
Sterbende Bergahorne
Neue Bäume gab es auch für den Bereich in der Dingolshäuser Straße zwischen dem Radweg und dem Volkachbach an der unteren Zufahrt zur Berliner Straße. Dort haben die Mitarbeiter der Stadtgärtnerei Eschen, Baumhasel und Speierlinge gesetzt. Sie ersetzen dort mehrere Bergahorn-Bäume, die krank geworden waren und gefällt werden mussten.
Die zwischen 30 und 40 Jahre alten Bergahorne waren von einer Pilzkrankheit befallen, die dafür sorgte, dass sich die Rinde an den Bäumen großflächig löste. "Es sah zunächst wie die Rußrinden-Krankheit aus, war es dann aber nicht", erzählt Stadtgärtner Ditterich. Er vermutet, dass das Klima für die Bäume inzwischen einfach zu warm und zu trocken geworden ist. "Ein Bergahorn ist, wie der Name schon sagt, kein typischer Baum für unsere Gegend, sondern mag eher kühlere Regionen."
Vielleicht wurden Wurzeln geschädigt
Es könnte aber noch einen anderen Grund geben, dass die Bäume in diesem Bereich jetzt so schwach und anfällig wurden, dass die Pilzkrankheit bei ihnen eine Chance hatte. André Ditterich hat recherchiert und herausgefunden, dass Bergahorne keine Erdbewegungen in ihrer unmittelbarer Nähe mögen. "Es könnte sein, dass der Bau des Radwegs damals am Wurzelwerk der Bäume kleine Schäden verursacht hat, die sich erst jetzt nach rund 15 Jahren bemerkbar machen."
Warum einer seiner Vorgänger im Amt des Stadtgärtners vor vier Jahrzehnten mehrere standort-untypische Bergahorne, quer übers Stadtgebiet verteilt, pflanzen ließ, kann sich André Ditterich heute nicht erklären. "Vielleicht war es damals ein Mode-Baum?" Weitere Bergahorne stehen beispielsweise noch in der Allee gegenüber der Polizeiinspektion bei der Boule-Anlage. Ob sie den Klimawandel überstehen, ist ungewiss. "Diese Bäume werden wir genau im Auge behalten müssen."