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Bergrheinfeld
Gestrandet: Wie ein norwegisches Ehepaar statt am sizilianischen Mittelmeer in Bergrheinfeld am Main gelandet ist
Seit Weihnachten logierte ein norwegisches Ehepaar wegen eines Defektes an ihrem Wohnmobil auf dem Firmengelände der Werkstatt Bonfigt in Bergrheinfeld.
Notgedrungen haben es sich Christiane Wüllner, Erik Skog und die zwei Katzen Mio und Siini aus Norwegen in ihrem Wohnmobil auf dem Bonfigt-Firmengelände gemütlich gemacht.
Foto: Daniela Schneider | Notgedrungen haben es sich Christiane Wüllner, Erik Skog und die zwei Katzen Mio und Siini aus Norwegen in ihrem Wohnmobil auf dem Bonfigt-Firmengelände gemütlich gemacht.
Daniela Schneider
 |  aktualisiert: 18.02.2025 02:37 Uhr

Acht Wochen haben Christiane Wüllner und Rolf Skog nach einem Fahrzeugschaden im Wohnmobil zwischen anderen reparaturbedürftigen Fahrzeugen auf dem Firmengelände der Werkstatt Bonfigt in Bergrheinfeld logiert. Sie sind den Firmeninhabern für diesen Stellplatz äußerst dankbar, doch nun geht es nach der erfolgreichen Reparatur endlich zurück in die norwegische Heimat. Auf Etappen, stellen sie klar, denn so ganz trauen sie dem Fahrzeug nicht und wollen erstmal in der Nähe bleiben – im Abschleppradius, wie sie es nennen, deshalb stehen sie nun in Obereisenheim.

Am 17. Dezember sind die Krankenschwester und der Elektrotechniker im Ruhestand mit ihren Katzen Mio und Siini im Wohnmobil in Südnorwegen aufgebrochen; nach zwei Wintern in Spanien stand diesmal das sonnige Sizilien auf ihrer Bucket-Liste. Von ihrem Heimatort Sarpsborg gut 60 Kilometer von Oslo entfernt ging es via Fähre von Göteborg nach Kiel und weiter über Lüneburg und Northeim bis ins mittelhessische Alsfeld.

Eine schöne Stadt, sagen beide, in der sie den Weihnachtsmarkt genießen und bummeln. Zufällig entdeckt Christiane Wüllner – wichtig für den weiteren Verlauf der Geschichte – ein Paar Schuhe, die es in ihrer Größe nicht gibt, wohl aber in der Filiale in Bad Kissingen. Und so landet das Ehepaar auf einem Parkplatz in der unterfränkischen Kurstadt mit einer Fehlermeldung auf dem Wohnmobil-Display, die ihnen leider nicht unbekannt ist.

Paar strandete bereits in Schweden

Erst im Sommer 2024 haben sie nämlich das 7,50 Meter lange Hymer-Mobil gekauft. Zehn Jahre alt, top gepflegt und mit nur 40.000 Kilometern auf dem Tacho – von privat und leider ohne Garantie, wie sie nun bedauernd feststellen. Nach einigen kürzeren Ausflügen strandeten sie bereits im letzten Herbst in Schweden. Dort stand das Wohnmobil dann sieben Wochen in der Werkstatt. Das Display meldete einen Fehler an der Steuerung, der schließlich mit einem gebrauchten Ersatzteil behoben schien. Zum Glück, erzählt der 72-jährige Rolf Skog, waren es von dort nur eineinhalb Stunden bis nach Sarpsborg und so packten sie ihre Katzen ein und fuhren nach Hause, bis das Fahrzeug repariert war.

Danach lief das mittlerweile fünfte Wohnmobil, das die beiden besitzen, und meldete sich erst in Bad Kissingen mit der besagten Fehlermeldung wieder. Auf der Fahrt zur nächstgelegenen Werkstatt schließlich gab das Fahrzeug vollends seinen Geist auf und so schleppte der herbeigerufene ADAC die Norweger nach Bergrheinfeld zur Firma Bonfigt.

Auch auf dem Bonfigt-Firmengelände ließ sich bisweilen ein sonniges Plätzchen finden.
Foto: Christiane Wüllner | Auch auf dem Bonfigt-Firmengelände ließ sich bisweilen ein sonniges Plätzchen finden.

Dort wies bereits ein Schild auf die weihnachtlichen Betriebsferien am übernächsten Tag hin, doch die Reisenden waren zuversichtlich, dass das Wohnmobil davor noch repariert wird und dem geplanten, knapp dreimonatigen Aufenthalt im sonnigen Sizilien nichts mehr im Wege steht – ein Traum, der sich ganz schnell in Luft auflöste. Weder die neu eingebaute Einspritzdüse, noch die Steuerung, die nach vielen Anfragen schließlich zu Bosch geschickt und geprüft wurde, beheben die Fehlermeldung. Mittlerweile sind Weihnachten, Silvester und der Januar vergangen, als letzte Alternative wurde ein neuer Kabelbaum für die Steuerung bestellt und eingebaut, das hat das Problem nun endlich behoben.

"Hätten wir gewusst, dass wir hier so lange stehen, wären wir vermutlich nach Hause gefahren", sagt die 66-Jährige, aber irgendwie wurde erst durch die Ferien und dann die verschiedenen Lösungsansätze ein Prozess in Gang gesetzt, der immer wieder darauf hoffen ließ, dass es vielleicht ja doch noch weitergeht.

Der lange Aufenthalt ist für das Paar ungewöhnlich

Immerhin haben sich Ehepaar und Katzen in den vergangenen acht Wochen gut in Bergrheinfeld eingelebt und auch die Umgebung erkundet. Erst mit den Fahrrädern und dem Zug, die letzten Wochen dann mit einem Leihwagen. Und auch ihr Hobby "Geocaching", eine moderne Schatzsuche via GPS, lässt sie herumkommen.

Via Travel-App informieren sie Familie und Freunde über ihre Erlebnisse in und um Bergrheinfeld. "Wir haben uns fest vorgenommen, jeden Tag etwas zu unternehmen, damit uns die Decke nicht auf den Kopf fällt", erzählen die beiden. Der lange Aufenthalt an einer Stelle ist untypisch für das Paar. Länger als drei, vier Tage sind sie sonst nie am selben Ort. Da liegen natürlich schon manchmal die Nerven blank, zumal sie nicht wirklich für den Winter in Deutschland ausgerüstet sind. Deshalb hat sich Christiane, die ursprünglich aus dem Ruhrpott kommt, aber seit über 40 Jahren in Norwegen lebt, auch einen warmen Wollpulli gestrickt.

Weihnachten besuchen sie die Christmette in Bergrheinfeld, auch der ortsansässige Frisör, der Fahrradladen, Bäcker, Einkaufsmärkte und Restaurants werden erkundet; die Wäsche waschen sie in einem Schweinfurter Waschsalon.

Bergrheinfelder sind "super freundlich"

Die Menschen in Bergrheinfeld, erzählen sie begeistert, sind "super freundlich". Ganz vorne nennen sie da die Bonfigts, die sie nicht nur auf dem Firmengelände beherbergen, sondern auch mit lieben Worten, Frischwasser, Strom, Weihnachtsplätzchen, Fahrradakku und immer mal wieder mit einem Auto versorgen. Sogar im Betriebsurlaub hat Ralph Bonfigt mehrfach nach den norwegischen Gästen geschaut. "Wir behandeln die Leute so, wie wir auch behandelt werden wollen, wenn wir in so einer Lage wären", habe Adele Bonfigt zu den Norwegern gesagt, was die beiden schwer beeindruckt habe. "Wenn man schon strandet, dann bitte hier", stellt Christiane Wüllner augenzwinkernd fest.

Glück im Unglück: Wenn man schon strandet, sagen Christiane Wüllner (links) und Rolf Skog (2.v.r.) aus Norwegen dankbar, dann bitte in der Werkstatt von Adele (2.v.l.) und Ralph Bonfigt in Bergrheinfeld.
Foto: Daniela Schneider | Glück im Unglück: Wenn man schon strandet, sagen Christiane Wüllner (links) und Rolf Skog (2.v.r.) aus Norwegen dankbar, dann bitte in der Werkstatt von Adele (2.v.l.) und Ralph Bonfigt in Bergrheinfeld.

Und auch die Angestellten und Nachbarn kümmern sich; bieten eine Duschgelegenheit und die Möglichkeit an, Müll in ihren Tonnen zu entsorgen. Ein Hundebesitzer klopft am Heiligabend an der Wohnmobiltür und bringt eine Flasche Wein vorbei. Jeder hat ein freundliches Wort parat. Wir sind hier richtig integriert, schmunzelt Christiane Wüllner; selbst die Katzen fühlen sich wohl und sind mit GPS-Tracker in der Bergrheinfelder Nachbarschaft unterwegs.

Irgendwie ist es ganz komisch, stellt sie fest, da jetzt wegzufahren, trotzdem sind die beiden Norweger froh, dass der Fehler nun behoben ist und sie in ihrer restlichen Urlaubszeit ganz gemächlich über Tschechien, Polen und Schweden die Heimreise antreten können. Sizilien haben die beiden für diesen Winter abgehakt, aber den Bonfigts schon versprochen: Wir kommen wieder vorbei und lassen dann unsere Inspektion hier machen.

Die Schuhe übrigens, erzählt Christiane Wüllner abschließend mit einem Lachen, waren dann doch nicht so schön. Aber immerhin haben sie dafür gesorgt, dass die beiden nun quasi halbe Bergrheinfelder sind.

 
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