Bei den Reichstagswahlen im November 1932 erzielte die NSDAP in Schweinfurt 30,5 Prozent der Stimmen. Das war zwar deutlich weniger als in der gesamten Republik (33,1 Prozent), jedoch wegen der stark organisierten Arbeiterschaft überraschend viel. Bei den letzten freien Wahlen vor der Machtergreifung Ende Januar des folgenden Jahres zeigte der Straßenterror der SA Wirkung. Er richtete sich vor allem gegen Gewerkschafter, SPD und KPD.
Nach der Regierungsübernahme wurden die Organisationen der linken Bewegung, darunter die Arbeiterwohlfahrt und Vereine der Sport- und Kulturbewegung, verboten. In Schweinfurt kamen 54 Personen in Haft, heißt es im Buch zur Gewerkschaftsgeschichte "Was uns bewegt".
Am 5. Februar hätten Organisationen der Arbeiterbewegung nochmals mit Aufklärungsversammlungen und Demonstrationen ihren Widerstand gezeigt, so der Text weiter. Schon am 31. Januar wurden gegen 1 Uhr drei Genossen der Eisernen Front an dem von ihnen bewachten Lagerhaus des Konsumvereins durch Revolverschüsse verletzt.
Betriebsräte werden am Arbeitsplatz verhaftet, SA und SS verwüsten Büros von Gewerkschaften
Betriebsräte wurden am Arbeitsplatz verhaftet, in "Schutzhaft" kamen Funktionäre der SPD und der KPD. Das Gewerkschaftshaus in der Luitpoldstraße, das Naturfreundehaus, die Geschäftsstelle der Zeitung "Volksfreund" und die Häuser des Konsumvereins wurden von SA- und SS-Leuten besetzt. Am 2. Mai wurden Büros der Gewerkschaften verwüstet, ihr Geld gestohlen. Der Ortsvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, Phillip Blumöhr, wird in "Schutzhaft" genommen. Am Gewerkschaftshaus hängen Hakenkreuz-Fahnen.
Laut einem Bericht des Schweinfurter Tagblattes vom 9. September 1933 wurde ein Mitglied der Freien Turner zu einer Geldstrafe über 150 Reichsmark verurteilt, weil sich der Arbeitersportler mit Gleichgesinnten getroffen hatte.
In "Was uns bewegt" setzen sich die Autoren auch damit auseinander, dass die Schweinfurter Industriellen die Machtübernahme begrüßten. So zitieren sie Willy Sachs, der sehr früh Mitglied der NSDAP und der SA geworden war, zum 1. Mai 1935: "Es war eine der markantesten aber auch schönsten und für das Gedeihen unseres Volkes größten Taten, als der Führer Adolf Hitler den unseligen Klassenkampf zertrümmerte und an seine Stelle die Volksgemeinschaft setzte."
In der Schweinfurter Industrie schuften Zwangsarbeiter zwölf Stunden am Tag
Die Schweinfurter Industrie profitiert stark vom Einsatz von Fremdarbeitern und Gefangenen. Im November 1944 waren 3841 im Einsatz. Allein FAG Kugelfischer beschäftigte im November 1944 insgesamt 1025 Kriegsgefangene.
Die "Initiative gegen das Vergessen" schätzt, dass mit Zu- und Abgängen insgesamt 14.000 "Sklavenarbeiter" in Schweinfurt beschäftigt wurden, die unter unwürdigen Bedingungen in von Soldaten bewachten Lagern (am Main, am Bleichrasen und im Evangelischen Gemeindehaus) untergebracht waren. Es handelte sich dabei meist um aus der Sowjetunion Verschleppte. Sie ersetzten die zur Wehrmacht eingezogenen Deutschen in der kriegswichtigen Metallindustrie, die die Arbeitszeit erweiterte und Akkordvorgaben verschärfte. Lange, zwölfstündige Arbeitstage, mangelhafte Ernährung und lange Fußmärsche zur Arbeit prägten die Arbeitsbedingungen.
Gefängnis, KZs: Der lange Leidensweg des Gewerkschafters Fritz Soldmann
Unter den 54 nach der Machtergreifung Verhafteten war der Gewerkschafter Fritz Soldmann der bekannteste. Er wurde 1878 in Lübeck geborenen. 1903 kam der gelernte Schuhmacher nach Schweinfurt. Schnell wurde er Vorsitzender des Gewerkschaftskartells, 1914 übernahm er die Leitung des Arbeitersekretariats.
In dieser Zeit begann Soldmann, sich verstärkt auch der Politik zuzuwenden. Er war von 1920 bis 1924 ehrenamtlicher dritter Bürgermeister der Stadt, in diesem Zeitraum und noch einmal von 1932 bis 1933 Reichstagsabgeordneter in Berlin. Die Nazis bekämpfte er von Anfang an, er hielt nach Kräften dagegen, auch als sie immer mehr Zulauf erhielten.
Die so genannte Schutzhaft für Fritz Soldmann im Gefängnis in der Hadergasse vom 9. März bis 1. Mai 1933 war nur der Beginn einer Vielzahl von Gefängnis- und KZ-Aufenthalten. Im Juni 1933 wurde er erneut inhaftiert, er kam nach Dachau, wieder freigelassen wurde er gezwungen, mit der Familie Schweinfurt den Rücken zu kehren. Dorthin kehrte er 1935 zurück und wurde wieder inhaftiert.
Ein Denkmal zum Gedenken an die Opfer der Arbeiterbewegung
In einem Gestapobericht vom September 1938 heißt es: "Bei Soldmann ist bis jetzt keine Gesinnungsänderung feststellbar." Er landete im KZ Nordhausen, dann im KZ Buchenwald, wo ihn die Amerikaner am 11. April 1945 befreiten. Nur kurze Zeit später, am 31. Mai 1945, starb er, an den Folgen der Haft.
Zum Gedenken an die Opfer der Schweinfurter Arbeiterbewegung wurde für Fritz Soldmann in der Luitpoldstraße ein Denkmal errichtet. "Durch die abstrakte Gestaltung werden neben ihm herausragende Antifaschisten und Mitstreiter mit einbezogen", schreibt der frühere Betriebsratsvorsitzende von FAG Kugelfischer beziehungsweise Schaeffler Norbert Lenhard in "Was uns bewegt".
In Berlin wird Soldmann auf einem Denkmal für ermordete Reichstagsabgeordnete geehrt.